Internetpranger für Neonazis stellt nicht nur Rechte bloß

Erstveröffentlicht: 
04.01.2012

Unter dem Motto "Operation Blitzkrieg" wollen unbekannte Aktivisten auf einer Internetseite gegen Neonazis mobilisieren. Dabei gehen sie nicht zimperlich vor – und treffen nicht nur Rechtsradikale.

 

Veröffentlicht werden Namen, Adressen und Telefonnummern von NPD-Spendern und Versandhauskunden. Mit auf der Liste sind auch persönliche Daten von Autoren der rechtskonservativen Berliner Wochenzeitung "Junge Freiheit". Das Vorgehen ist nicht nur aus datenschutz- und strafrechtlicher Sicht fragwürdig.

Mal sind es nur Vornamen oder E-Mail-Adressen, manchmal komplette Datensätze mit Anschriften und Telefonnummern, die veröffentlicht worden sind. Derzeit ist unklar, wer genau für die Aktion verantwortlich ist. Zwar ist auf der Seite das Konterfei der Internetgruppierung Anonymous zu sehen, einen eindeutigen Hinweis auf die Urheber gibt es allerdings nicht. Die Gruppe Anonymous ist nur lose verbunden. Einen direkten Ansprechpartner gibt es nicht.

Strafanzeige gegen Unbekannt

Die "Junge Freiheit" erklärte, die auf der Internetseite veröffentlichte Liste mit Kontakten der Redaktion sei bereits im Juli publiziert worden – damals auf der Website Indymedia. Der Verlag habe Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt. Die in der Liste aufgeführten Personen seien nicht allesamt Autoren, sondern teils Interviewpartner, die selbst nicht für die "Junge Freiheit" aktiv seien.

Unter den veröffentlichten Kontakten der Zeitung ist der in Freiburg lebende emeritierte Professor Günther Gillessen zu finden. Gillessen arbeitete als Politikredakteur bei der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und hatte eine Professur für Pressejournalismus an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz inne. Für die "Junge Freiheit" schrieb er unter anderem einen Artikel über den Freiburger Historiker Gerhard Ritter. Dass sein Name auf einer Enthüllungsplattform zum Thema Rechtsradikalismus auftaucht, empört den 83-Jährigen. Gillessen kündigte an, Strafanzeige zu erstatten. Die NPD erklärte, dass sie die Daten noch prüfe und wahrscheinlich zur Anzeige bringen werde.

Datenschutzexperte Thilo Weichert sieht die Aktion der Internetaktivisten äußerst kritisch: "Unter Umständen werden hier Menschen fälschlicherweise an den Pranger gestellt, ohne dass es hierfür eine Grundlage gibt." Besonders schwierig sei es in einem Fall wie diesem, die Verantwortlichen zu identifizieren. Vor allem dann, wenn der Server der Seite im Ausland steht.