Polizei klagt über Gewaltexzesse gegen Beamte

Erstveröffentlicht: 
04.09.2011

Es hagelte Böller, Steine, Flaschen - sogar Fernseher und Feuerlöscher sollen geflogen sein: Ein vertraulicher Bericht der Polizei Dortmund enthüllt, wie massiv die Einsatzkräfte am Rande eines Neonazi-Aufmarsches von linken Schlägern angegriffen wurden.

 

"Lageabschlussmeldung" heißt das zwölf Seiten umfassende Papier aus dem Dortmunder Polizeipräsidium, in dem die fast 5000 Polizisten ihren Großeinsatz zum jüngsten Neonazi-Aufmarsch in Dortmund rekapitulieren. Doch das vertrauliche Dokument ("VS - Nur für den Dienstgebrauch") beschreibt vor allem, mit welchen massiven Anfeindungen und Attacken die Beamten zurechtkommen mussten.

Unter der nüchternen Zwischenzeile "Angriff auf PVB", womit im abkürzungsverliebten Jargon der Ordnungshüter ein Polizeivollzugsbeamter gemeint ist, findet sich der Vorfall, der sich an diesem Samstagmittag in der Haydnstraße ereignet hatte.

Demnach griff eine "Personengruppe des linken Spektrums" den nur mit einem Fahrer besetzten Streifenwagen mit der Kennung 023 an. Die Randalierer schleuderten laut Polizei einen Fernseher auf den Bulli, warfen Flaschen und Steine, schlugen mit Knüppel auf den Bus ein, wodurch "das Fahrzeug erheblich beschädigt wurde". Der Beamte, der sich seine Jacke über den Kopf riss und panisch Gas gab, habe eine Schnittwunde und einen Schock erlitten. "Er ist nicht mehr dienstfähig", heißt es in dem Papier.

In linken Blogs war hingegen zu lesen, der Streifenwagen sei unkontrolliert in die Menge gerast, worauf sich die Aktivisten lediglich "verteidigt" hätten. Unabhängige Augenzeugen stützten jedoch die Darstellung der Polizei.

Privatwagen eines Polizisten angezündet

Aus der "Lageabschlussmeldung" geht außerdem hervor, dass der Privatwagen eines Polizisten angezündet wurde. Die Feuerwehr habe den Brand gelöscht und das Auto sei "zwecks Spurensicherung sichergestellt" worden.

Darüber hinaus hätten linke Autonome, von denen Hunderte in der Stadt gewesen seien, die Einsatzkräfte immer wieder mit Steinen, Böllern, Flaschen und sogar Feuerlöschern beworfen. Insgesamt seien am Samstag fünf Demonstranten und 42 Beamte verletzt worden, drei der Polizisten sogar schwer. Einer habe ein durch einen Feuerwerkskörper verursachtes "Knalltrauma" erlitten.

Die Sicherheitskräfte setzten Wasserwerfer, Tränengas und Schlagstöcke gegen die Randalierer ein. Linke Organisationen machten daher die Polizei für die Eskalation der Gewalt verantwortlich.

"Auf das Brutalste angegriffen"

Der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Erich Rettinghaus, sagte SPIEGEL ONLINE auf Anfrage: "Der Auftrag der Beamten war, unabhängig von ihrer eigenen politischen Entscheidung, eine gerichtlich genehmigte Versammlung zu ermöglichen." Sie hätten somit das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit geschützt - und seien dabei "auf das Brutalste von linken Autonomen angegriffen worden".

Der Dortmunder Polizeipräsident Hans Schulze sprach sogar von "Gewaltexzessen". Und NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) teilte mit, er sei "entsetzt über das hohe Maß an Aggressivität gegen unsere Polizisten".

Die Beamten kesselten laut "Abschlussmeldung" im Laufe des Samstags in der Bachstraße 248 Personen vorübergehend ein, darunter 67 Kinder und Jugendliche. Zudem wurden elf weitere Personen in Gewahrsam genommen.

Unter ihnen war auch der schlaksige Neonazi, der sich am Mittag in der Grünen Straße argumentativ seiner Festnahme zu entziehen versucht hatte. Immer wieder rief er: "Aber ich hatte doch nur Handschellen dabei." Und ein Polizist entgegnete kühl: "Das reicht uns aber."