Von Sonja Vogel
An Bauprojekten im Bötzow-Kiez und auf der Stralauer Halbinsel ist zu sehen, wie teure Wohnungen entstehen
An der Greifswalder Straße im Prenzlauer Berg werden dutzende Immobilien zum Kauf angeboten. Sanierte Häuser mit geleckten Fassaden. Seit 1995 war das Bötzowviertel öffentlich gefördertes Sanierungsgebiet. Das ist jedoch seit April vorbei. »Wir haben vorher noch einen Vertrag mit der Stadt geschlossen«, sagt Bernd Ehret von der F&B Gruppe. Gemeinsam mit der Pantera Immobilien AG betreut er ein Sanierungsprojekt in der Greifswalder Straße 40.
Sind die beiden Gebäuderiegel erst grunderneuert, wird die Miete hier zwar nicht so hoch sein wie in vergleichbaren Neubauten. Aber auch die angestrebten elf Euro liegen deutlich über den Vergleichsmieten. »Für das Bötzowviertel ist das günstig«, erklärt Michael Ries von Pandera, der den Vertrieb der Immobilie organisiert. Mit 2800 und 4200 Euro pro Quadratmeter werden die Wohnungen in den Verkauf gehen. Als ehemaliges Sanierungsgebiet verspricht der Kiez »attraktive Steuervorteile« – Eigennutzer erwartet die höchstmögliche Abschreibung für Immobilien. Ein lukratives Geschäft. »Der Anteil der Eigentümer wird hier geringer sein als der von Kapitaleignern«, schätzt Ries. Er rechnet mit einem Verhältnis von 70 zu 30 Prozent.
Noch ist der erste Hinterhof der Nummer 40 unsaniert: Gründerzeitbau von 1874, schmucklos, der Betonboden zerklüftet – er wird begrünt und jede Wohnung bekommt einem Balkon. Im zweiten Hof steht eine alte Kutschenwerkstatt. Wo früher Pferde im Stall standen, wird es großzügige Lofts mit deckenhohen Fenstern geben. 2012 sollen im ganzen Gebäude 50 Wohnungen mit 35 bis 240 Quadratmetern zum Verkauf stehen. »Es war wahnsinnig schwer, ein Objekt zu finden«, sagt Ehret. »So etwas kannten wir nur aus München.« Tatsächlich ist Prenzlauer Berg nahezu durchsaniert. Nur wenige Gebäude wie die Manufaktur sind auf dem Markt. In Prenzlauer Berg betrug der Leerstand im vergangenen Jahr zudem nur 1,6 Prozent – das treibt die Preise hoch.
Knapp wird der Wohnraum auch auf der Stralauer Halbinsel in Friedrichshain. Seit 1994 sind dort mehr als 2500 neue Wohnungen entstanden. »Es ist gigantisch, was hier passiert«, sagt Michael Ries. Dutzende Townhouses dominieren das Ufer. Geschäfte oder belebte Straßen sucht man allerdings vergebens. Zu DDR-Zeiten gab es auf der Landzunge vor allem mittelständische Industrie: das Stralauer Glaswerk, das VEB Kosmetik-Kombinat oder das Kombinat Getreidewirtschaft. Viel ist davon nicht geblieben. Auch der denkmalgeschützte Flaschenturm der Brauerei Engelhardt ist eingerüstet. 1990 waren nur einige hundert Menschen auf der Insel verblieben. Heute sind es etwa 3000. Tendenz steigend.
Quartier nehmen können Zuziehende bald im 1981 erbauten ehemaligen Sitz des Kosmetik-Kombinats – dem höchsten Gebäude der Insel. Viel Phantasie ist nötig, um sich vorzustellen, dass Natursteine und Panoramafenster die brüchige Fassade des braunen Stahlbetonbaus ersetzen werden. Erst vor wenigen Wochen sind die letzten Gewerbetreibenden ausgezogen. In den Briefkästen steckt noch die Post.
Imposant aber ist das achtstöckige Gebäude auch jetzt im maroden Zustand. »Der Wert der Immobilie ist, dass man so hoch darf«, sagt Julian Streletzki von der Streletzki Gruppe. Gemeinsam mit Pantera AG realisiert er das Bauprojekt. Die Stadt hatte den Bauherren die Erlaubnis erteilt, um drei weitere Stockwerke bis auf eine Höhe von 45 Metern aufzusatteln. Die Erlaubnis wurde aber nur für den Bestand erteilt. Deshalb steht noch für dieses Jahr eine aufwendige Entkernung an. Gut 20 Millionen Euro sind allein für den Bau veranschlagt. 2013 soll dann die Wohnanlage »Spreegold« fertig sein: 114 Wohneinheiten auf 11 700 Quadratmetern. Concierge, Fitness-Studio und einen unverstellten Blick auf den Fernsehturm inklusive. Dafür müssen allerdings bis zu 4300 Euro pro Quadratmeter hingeblättert werden. An Interessenten wird es trotzdem nicht mangeln. Auf der Halbinsel sind Mieten von 20 Euro pro Quadratmeter schließlich nicht ungewöhnlich. »Wenig Angebot und viel Nachfrage hat ihren Preis«, sagt Michael Ries.