Rückstellungsmilliarden der AKW-Betreiber im Fokus der Kritik

BI Umweltschutz pocht auf Erhöhung der Haftpflichtversicherung
Der Bundesrechnungshof bemängelt die bisherige Praxis, wie die Betreiber von Atomkraftwerken die Rückstellungen für den späteren Abriss der Anlagen und die nukleare Entsorgung bewerkstelligen, berichtet die Süddeutsche Zeitung (13.4.11). Die Summe der Rückstellungen liegt derzeit bei rund 27,5 Mrd. Euro, sie werden nicht versteuert und ihre Höhe liegt nahezu im Belieben der vier Branchengroßen Vattenfall, Eon, RWE und EnBW. Zugleich, darauf verweist die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) würden diese Gelder in den Kauf und die Beteiligung von Müllverbrennungsanlagen und Stadtwerke investiert und stünden im Notfall nicht als "cash flow" zur Verfügung. BI- Sprecher Wolfgang Ehmke bezeichnet die Rückstellungsmilliarden deshalb als "Kriegskasse der Konzerne".


Die Gorleben-Gegner sehen sich durch den Mangelbericht des Rechnungshofes voll in ihrer Kritik an der intransparenten und wettbewerbsverzerrende Rücklagenpraxis bestärkt. Schon lange fordern sie eine an den wirklichen Erfordernissen der Atommüllentsorgung ausgerichtete Summe, die von den Branchengrößen in einen Fonds eingezahlt werden solle. Was passiert bei einer Insolvenz oder steil abfallenden Aktionskursen wie bei BP und Tepco, fragt die BI.

"Noch wichtiger aber ist die Erhöhung der Haftpflichtversicherung für Schadensereignisse", mahnen die Gorleben-Gegner an. Die Haftpflicht pro Atomkraftwerk von derzeit rund 250 Mio. Euro und eine gegenseitige Garantiezusage der vier Betreibergesellschaften von rund 2.25 Mrd. Euro müsste - mit Blick auf die tatsächlichen Schäden als Folge einer Reaktorkatastrophe - um den Faktor 100 erhöht werden. "Die tatsächlichen Kosten einer Kilowattstunde Atomstrom würden dann endlich deutlich. Die nackten Zahlen aber können das menschliche Leid und die Vernichtung von Lebensraum gar nicht erfassen", sagte Ehmke.

Demonstrationen zum Tschernobyl-Jahrestag
BI Umweltschutz treckt nach Grohnde

 

25 Jahre ist es her: Am 26. April 1986 kam es in Block 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl nahe der ukrainischen Stadt Prypjat unter anderem aufgrund von Bedienungsfehlern zu einem unkontrollierten Leistungsanstieg und einer Kernschmelze. Die darauf folgenden Explosionen zerstörten den 1.000 Tonnen schweren Reaktordeckel und das Dach des Gebäudes. Das in diesem Reaktortyp in großen Mengen enthaltene Graphit entzündete sich. Der brennende und schmelzende Reaktorkern lag offen unter freiem Himmel. Der Super-GAU von Tschernobyl gilt als bislang schwerste nukleare Katastrophe, erinnert die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI). Doch seit gestern -Dienstag-  läuft das nukleare Desaster in Fukushima ebenfalls offiziell unter der Kategorie "katastrophaler Unfall" - Stufe 7. "Die Wirklichkeit wird von der Wahrscheinlichkeit eingeholt", kommentiert BI-Sprecher Wolfgang Ehmke diese Hochstufung in Anspielung auf die statisch behauptete Unfallwahrscheinlichkeit von 1: 10.000 Jahren.

 

Bei über 400 Reaktoren weltweit sei das eine äußerst beunruhigende Aussicht.

Ursprünglich sei geplant gewesen, zum 25. Jahrestag der Nuklearkatastrophe noch einmal mit Nachdruck gegen die von Schwarz-Gelb beschlossene Laufzeitverlängerung der Atommeiler und gegen Gorleben als nukleares Endlager zu demonstrieren. "Jetzt bekommen die 12 geplanten Kundgebungen an 9 AKW-Standorten, in Gronau, Lubmin und im Braunschweiger Land eine ganz andere Bedeutung", schreibt die BI. Die Atomkraftgegner machen Druck, damit nach dem erneuten Super-GAU von Fukushima das Kapitel Atomkraft endlich beendet wird. 

 

Mit Argwohn beobachten die Gorleben-Gegner, wie hinter den Kulissen zwischen "Sicherheit" und "Wirtschaftlichkeit" gerungen wird. Mit der Stilllegung der acht Atomkraftwerke, die derzeit als Folge des sogenannten "Moratoriums" der Bundesregierung vom Netz gegangen sind, wollen sie sich nicht zufrieden geben. "Wir wollen die sofortige Stilllegung aller Meiler, denn kein Atomkraftwerk ist so sicher, dass mit Sicherheit eine Katastrophe ausgeschlossen wird. Es wird ganz entscheidend auf den Druck von der Straße ankommen, inwieweit die Parteien jetzt weiter konsequent handeln", sagt die BI-Vorsitzende Kerstin Rudek.

 

Bewusst verzichten die Gorleben-Gegner am Ostermontag auf eine Neuauflage ihrer Demonstrationen im Wendland. Sie machen sich auf, um an AKW-Standorten für den Ausstieg zu demonstrieren. Ein bunter Treck startet am Samstag, den 23. April aus von Gorleben über Hannover in Richtung AKW Grohnde. Am Ostermontag fährt ein Sonderbus ebenfalls zur Kundgebung in Grohnde. Kurzentschlossene und die Bäuerliche Notgemeinschaft werden am Ostermontag vor den Toren des AKW Krümmel demonstrieren, für die Traktoren ist Krümmel eher in "Reichweite".

 

Auf den Kundgebungen werden die Gorleben-Gegner den Stopp der Atommüllproduktion und die Forderung nach einem Neustart der Endlagersuche in den Fokus rücken: "Sicherheit ist unteilbar, das gilt für die Reaktoren wie für die kläglichen Versuche, mit einem geologisch ungeeigneten Standort wie Gorleben die nächsten 30.000 Generationen zu belasten."

 

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