"Uni brennt"-Aktivisten: Terrorverdacht bleibt aufrecht

Nicht nur bei den Tierschützern, auch im Zusammenhang der Uni brennt-Bewegung wurden verdeckte Ermittlungen beantragt
Erstveröffentlicht: 
04.04.2011

Akt muss aber erst von Oberstaatsanwaltschaft abgefertigt werden, Justizministerium entscheidet dann

 

Wien - Ein Videofilm über den Transport eines Schubhäftlings aus dem Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände zum Flughafen Schwechat. Fotos der dortigen Polizeiinspektion. Eine "Überlebensanleitung für revolutionäre Künstler und Assoziierte" in Broschürenform, in der auch der Bau von Molotow-Cocktails beschrieben wird: Das sind die Verdachtsmomente gegen zwei Wiener Kunststudierende.

Laut Verfassungsschutz sollen sie als Mitglieder einer terroristischen Vereinigung laut Paragraf 278b StGB vor Gericht gestellt werden. So steht es in dem Abschlussbericht des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) an die Wiener Staatsanwaltschaft zu den Ermittlungen gegen Aktivisten der "Uni brennt-Bewegung". Der Bericht liegt dem Standard vor.

Verdächtiges Video

Besagte Abschiebungsdokumentation vom 22. Juni 2010 war bei einer Hausdurchsuchung auf dem PC eines des beiden Verdächtigen gefunden worden. Aus der Tonspur ist laut Verfassungsschützern zu schließen, dass die Filmenden "offensichtlich die Verhinderung der Abschiebung durchsetzen wollten".

Damit hätten sie vorgehabt, "öffentliche Stellen zu einer Handlung bzw. Unterlassung zu nötigen": eine "terroristische Straftat", mit einem Strafrahmen von bis zu zehn Jahren Haft. "Das ist Missbrauch des Terrorparagrafen durch die Polizei. Aufgrund derart weit herbeigeholter Verdachtsmomente ist eine Verwendung dieser Strafrechtsbestimmung nicht gedeckt", kritisiert Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser.

Den beiden Terrorverdächtigen und zwei weiteren Studienkollegen wird in dem LVT-Abschlussbericht auch versuchte Brandstiftung und verbrecherisches Komplott vorgeworfen. In den frühen Morgenstunden des 28. Juni 2010 sollen sie "durch Anzünden von zwei Plastikmistkübeln die Hausfassade des AMS-Gebäudes in Wien 5 in Brand gesteckt" haben. Sachschaden: 57.000 Euro.

Die polizeilichen Ermittlungen im Uni-Protestmilieu hatten vor zehn Monaten, also schon vor diesem Brandstiftungsverdacht begonnen. "In den letzten Monaten konnte eine massive Zunahme der Gewaltbereitschaft in der linksextremen Szene festgestellt werden", begründete das LVT am 12. Mai 2010 den Antrag auf Observierung und verdeckte Ermittlung. Am 6. Juli wurden drei, zwei Wochen später eine vierte Studierende in U-Haft gesetzt. Erst am 23. August 2010 kamen sie wieder frei.

Am Montag war aus Gerichtskreisen zu erfahren, der Terrorverdacht stehe bei der Behandlung des Falles nicht im Zentrum. Staatsanwaltsprecher Thomas Vecsey bestätigte das nicht. Die zuständige Staatsanwältin habe den Akt jedoch bereits abgefertigt und als Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft geschickt. Von dort geht die Causa in die Weisungsabteilung des Justizministeriums weiter: "Bis zur Erledigung wird es Monate dauern." (Irene Brickner, DER STANDARD; Printausgabe, 5.4.2011)