Mainz: Verhandlung gegen Ausbaugegner ohne Rechtsbeistand begonnen

1

Am Montag, den 21. März, 2011 fand am Landgericht Mainz ein erster Verhandlungstag in zweiter Instanz gegen den Kletteraktivisten Paddy statt, dem Nötigung vorgeworfen wird. Er hatte am 8. Mai 2009 aus Protest gegen die Inszenierung des ersten Spatenstichs für den Bau der vierten Landebahn am Frankfurter Flughafen mit einer Kletteraktion an einer Brücke über die Okrifteler Straße protestiert. Nach einer erstinstanzlichen Verhandlung, die mit einer Verurteilung zu Sozialstunden endete, war der Aktivist in Berufung gegangen.

 

Unterstützer_innen trafen sich vor Verhandlungsbeginn zu einer Demonstration, die vom Mainzer Bahnhof zum Gericht zog. Dort wurden Transparente aufgespannt und Flyer verteilt. Außerdem wurde Straßenmalkreide kreativ eingesetzt um auf die Verhandlung hinzuweisen.

 

 

 

Da sein Anwalt gestern verhindert war, stand der Angeklagte ohne anwaltlichen Beistand vor Gericht. „Dass der Bitte meines Anwaltes um Verlegung der Verhandlung nicht nachgekommen wurde, widerspricht den Grundzügen eines fairen Verfahrens und damit der Europäischen Menschenrechtskonvention“, so Paddy. Dennoch konnte der nach Jugendstrafrecht Angeklagte mittels Beweis- und Befangenheitsanträgen zumindest einige Rechte durchsetzen. Unter anderem konnte durchgesetzt werden, dass der vorsitzende Richter das vorhandene Saalmikrofon verwendet, damit die anwesende Öffentlichkeit und der Beschuldigt seinen Ausführungen folgen können. Ein Antrag auf Zulassung einer Laienverteidigerin aus dem Publikum wurde jedoch abgelehnt. Die abgelehnte Verteidigerin legte eine Beschwerde ein, deren Verlesung (trotz vorhandenem Beschwerderecht nach der ständigen Rechtsliteratur zu § 138 der Strafprozessordnung) behindert wurde.

 

Im Verhandlungsverlauf wurden vier Zeug_innen vernommen. Zunächst waren zwei LKW-Fahrer der Ticona-Werke vorgeladen, die nach Ansicht der Staatsanwaltschaft als Nötigungsopfer in Betracht kommen. Gegen eine Nötigung spricht unter anderem, dass die Fahrer auf Geheiß der Polizei anhielten und nicht direkt aufgrund der Kletteraktion. Zudem ist zu prüfen, welche Wege es noch gegeben hätte, die die LKW-Fahrer alternativ hätten nehmen können und ob den Kletterer_innen "Verwerflichkeit" (für den Vorwurf der Nötigung zwingende Voraussetzung) vorgeworfen werden kann.


Anschließend wurden zwei Polizeibeamt_innen gehört, die die an der Beendigung der Kletteraktion zwingend beteiligt waren. Hierbei ging es neben den konkreten Abläufen vor allem auch um Fragen des Versammlungsrechts. Nach Ansicht der Ausbaugegner_innen ist die Aktion zwingend als Versammlung zu werten, da sie auf öffentliche Teilhabe gerichtet war.
Gegen Ende des Verhandlungstags regte die Staatsanwaltschaft an, die Anklage zu erweitern und von einer gemeinschaftlichen Nötigung auszugehen. Die Verteidigung prüft derzeit die Rechtmäßigkeit eines solchen Vorganges.

 

Beim Fortsetzungstermin am 04. April wird Paddy anwaltlich vertreten sein. Vorher gibt es allerdings noch weitere Prozesstermine gegen Ausbaugegner_innen.

 

Am kommenden Montag, den 28. März um 09:00 Uhr wird vor dem Landgericht Tiergarten in Berlin (Saal 806) die Berufungsverhandlung gegen einen Aktivisten beginnen, dem vorgeworfen wird, sich im Herbst 2009 an einer Baumbesetzung gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens im Kelsterbacher Wald beteiligt zu haben. In erster Instanz hatte ihn das Amtsgericht Tiergarten wegen dem Vorwurf des Hausfriedensbruchs zu einer Erziehungsmaßnahme verurteilt. Dagegen hatte er Berufung eingelegt. Weitere Prozesstage sind bereits für den 30. März und den 11. April angesetzt.

 

Auch der Aktivistin Franziska wird vorgeworfen, während der Rodungsarbeiten für die vierte Landbahn am Frankfurter Flughafen Anfang 2009 Bäume besetzt zu haben und sich zudem während der polizeilichen Räumung des Widerstandsdorfes im Kelsterbacher Wald in einem Baumhaus festgekettet zu haben. Ihr Prozess wird am Dienstag, den 29. März (ebenfalls ab 09:00 Uhr) in Rüsselsheim (Amtsgericht, Saal 01) stattfinden. Auch bei ihr handelt es sich um den zweiten Anlauf: Nach einem ersten Verhandlungstag im Februar 2010 war der Prozess aufgrund massiver Proteste des Publikums vertagt worden.

Sympathisant_innen rufen dazu auf die Aktivist_innen bei ihren Prozessen zu unterstützen!
eMail: waldbesetzung [aedt] riseup [pungd] net