Wie intelligent ist das denn

Erstveröffentlicht: 
28.06.2010

Wer ist Peter Trapp? Seit der Titelseite der Bild-Zeitung vom Montag ist er der Mann, der sagt: "Ich bin für Intelligenztests bei Einwanderern. Wir dürfen diese Frage nicht länger tabuisieren." Man nennt das Sommertheater: Politiker aus der dritten Reihe der Parteien – Trapp ist innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus – füllen das sommerliche Nachrichtenloch mit Vorschlägen, die nie umgesetzt werden. Weil das in diesem Fall so offensichtlich ist, entsteht auf dem politischen Resonanzboden allenfalls ein wenig pflichtgemäße Empörung.

 

Dabei lässt die Bild-Zeitung sogar einen zweiten Hinterbänkler sekundieren: den schwäbischen CSU-Bezirksvorsitzenden Markus Ferber. Der Europaabgeordnete verweist auf das Beispiel Kanadas: "Kanada ist da viel weiter und verlangt von Zuwandererkindern einen höheren Intelligenzquotienten als bei einheimischen Kindern." Ferbers Büro ließ FR-online.de wissen, der Abgeordnete habe es nicht so gemeint, wie es da steht; Ferber war am Montag im Flugzeug unterwegs und konnte zunächst nicht erklären, was Kanada mit einheimischen Kindern tut, die die (wenn auch geringeren) Anforderungen ans Oberstübchen nicht erfüllen.

Die Intelligenzexperten von der Union lassen offen, welche Art Intelligenz und welchen Test sie denn meinen: Kristalline oder fluide Intelligenz? Ravens progressive Matrizen? Den Binet-Simon-Test? Psychologen haben Tests des Intelligenzquotienten als Mittel der Diagnostik entwickelt. Untersucht werden ganz bestimmte Bereiche des Denkens – die allenfalls begrenzte Rückschlüsse dafür zulassen, wie Menschen sich im Alltag oder in der Arbeitswelt zurechtfinden.

Bild moderiert den Vorschlag an mit "Politiker von CDU und CSU fordern..." Nebenan auf dem Boulevard spitzt man weiter zu: Die Berliner B. Z. titelte "CDU fordert IQ-Test für Einwanderer". Das tut sie sicher nicht. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), erteilte dem Vorschlag eine ungewöhnlich deutliche Absage: "Die Forderung nach einem IQ-Test für Einwanderer ist abwegig und nicht von besonderer Intelligenz geprägt." Zuwanderern pauschal Dummheit zu unterstellen, sei diskriminierend; die Forderung schüre Vorurteile. Fast wortgleich äußerte sich Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans.

So einig dürften sich Böhmer, Bundesregierung und hessischer Landesausländerbeirat selten sein: Der Vorschlag sei "brandgefährlich", da er Ausländern mangelnde Intelligenz unterstelle und damit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit fördere, sagte dessen Vorsitzender Corrado Di Benedetto in Wiesbaden. Wer so "unerträgliches und perfides Sommertheater" auf die Bühne bringe, müsse sich auf seine "politische Zurechnungsfähigkeit" untersuchen lassen.

Da ist was dran - auch, weil solche Vorschläge Steilvorlagen für den politischen Gegner sind. Für die SPD nahm ihr Vizechef Klaus Wowereit das Zuspiel an: "Erneut macht die Union deutlich, dass sie beim Thema Zuwanderung nichts verstanden hat. Ein Menschenbild, das den Wert der Menschen für unsere Gesellschaft an fragwürdigen Intelligenztests misst, ist diskriminierend und menschenverachtend." Der Fairness halber schränkte der Regierende Bürgermeister Berlins ein, es handele sich wohl um "Gedanken einzelner Politiker".

"Wir brauchen Einwanderung, um zukünftig erfolgreich sein zu können", so Wowereit weiter. Und Böhmer: "Eine Willkommenskultur, die unserem Land gut tut, sieht anders aus." Sie wäre bitter nötig. Die Zahl der Einwanderer nach Deutschland sinkt; 2009 zogen 734.000 Menschen weg, 721.000 kamen ins Land. Aber vielleicht kommt als nächstes ja der Vorschlag, einen Intelligenztest von Auswanderern zu verlangen – die Dummen dürfen gehen, die Schlauen bleiben da.