Haftstrafe gegen Geständnis – Deal zum Prozessauftakt gegen Neonazis

Erstveröffentlicht: 
23.06.2017

Zwei mutmaßlichen Mitgliedern der rechtsextremen "Freien Kameradschaft Dresden" wollen vor Gericht aussagen. Den Dresdener Neonazis werden unter anderem Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.

 

Dresden. Zwei mutmaßliche Mitglieder der rechtsextremen „Freien Kameradschaft Dresden“ (FKD) wollen vor Gericht aussagen. Für zwei Geständnisse stellten die Richter zu Prozessbeginn für den 19-Jährigen drei Jahre und vier Monate Jugendstrafe - inklusive einer Altstrafe - und für den 27-Jährigen eine Haftstrafe in gleicher Höhe in Aussicht. Bis auf die Nebenklage stimmten alle Beteiligten dem Deal zu.

 

Zur Hauptverhandlung galten scharfe Sicherheitsmaßnahmen: Vor dem Schwurgerichtssaal war eine zweite Schleuse aufgebaut, an der wie am Flughafen penibel kontrolliert wurde, Zuschauer mussten Handys abgeben. 

 

Gruppe griff mehrfach Asylsuchende an


Den Dresdener Neonazis werden Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Landfriedensbruch, gefährliche Körperverletzung und Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion vorgeworfen. Laut Anklage haben der mehrfach vorbestrafte ungelernte Fußbodenleger und der Einzelhandelskaufmann seit Sommer 2015 mehrfach Asylbewerber und andere Menschen angegriffen, drangsaliert und verprügelt.

 

Sie sollen unter anderem bei den Krawallen vor der Asylunterkunft in Heidenau im August 2015 sowie am Anschlag auf ein linksalternatives Wohnprojekt im Oktober 2015 in Dresden beteiligt gewesen sein und als selbsternannte Bürgerwehr auf dem Dresdner Stadtfest 2016 agiert haben. 

 

Kooperation mit unter Terrorverdacht stehenden Gruppe Freital


Zweck der FKD sei gewesen, mit gemeinsamen Aktionen Angst zu verbreiten, Andersdenkende einzuschüchtern sowie Flüchtlinge und Asylbewerber zur Ausreise zu veranlassen, sagte Oberstaatsanwalt Christian Richter. Sie war bei Angriffen auf Asylunterkünfte in Freital, Heidenau und Dresden auffällig geworden, teils in Kooperation mit der unter Terrorverdacht stehenden „Gruppe Freital“.

 

Wie aus der Anklage hervorgeht, gab es auch bei der FKD eigene Handys, Chats und einheitliche Sturmhauben für die Aktionen. 

 

Köditz (Linke) fordert gründliche juristische Aufklärung


Auch die Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz (Die Linke) sieht „fließende Grenzen“. Aus dem seit Anfang März laufenden Prozess gegen die „Gruppe Freital“ am Oberlandesgericht ergebe sich, dass beide Vereinigungen mehrfach gemeinsam zuschlugen, auch überregional, teilte sie mit. Sie forderte eine gründliche juristische Aufklärung mit dem Ziel, „das ganze Netzwerk aufzurollen“.

 

Im Zuge der seit Mitte 2015 laufenden Ermittlungen gegen die Neonazi-Gruppe wegen Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung waren insgesamt neun Beschuldigte verhaftet worden. Seit Mitte Mai läuft am Amtsgericht bereits ein Prozess wegen besonders schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung, Nötigung und Volksverhetzung gegen einen 30-Jährigen. Auch gegen die übrigen Beschuldigten wurde inzwischen Anklage erhoben.

 

Der Prozess am Landgericht wird am nächsten Dienstag fortgesetzt. Insgesamt sind sieben Verhandlungstage bis zum 11. Juli geplant.