Brandattacke auf Bahngleis in Grolland

Erstveröffentlicht: 
20.06.2017

Knapp drei Wochen vor dem G-20-Gipfel in Hamburg haben Unbekannte in fünf Bundesländern Feuer an Bahnanlagen gelegt: Kabelschächte und Signalanlagen brannten. Zudem taucht ein Bekennerschreiben auf.

 

Von Sara Sundermann und Alice Echtermann

 

Ausgebrannte Kabelschächte, verkohlte Signalkabel: Unbekannte haben in der Nacht zu Montag in verschie­denen Bundesländern Bahnanlagen in Brand gesteckt. Dadurch kam es zu Störungen im Bahnverkehr. Züge fielen aus, Reisende mussten mit Verspätungen zurechtkommen.

Das Bundesinnenministerium geht nach Angaben der Nachrichtenagentur DPA von bundesweit 13 Anschlägen aus. Zudem seien zwei Brandsätze vor einer Zündung sichergestellt worden, teilte die Bundespolizei mit. Anschläge gab es unter anderem in Berlin, Hamburg, Köln, Dortmund und Leipzig. Auch in Bremen und im niedersächsischen Bad Bevensen brannten Bahnanlagen.

In Hamburg gab es zwei Brände an Zuggleisen, im Stadtteil Eidelstedt und im Bereich Höltigbaum brannten Kabel. Der Zugverkehr auf der Strecke Hamburg-Lübeck war unterbrochen. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, die Kabelbrände gingen auf unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen zurück.

Täter könnten dem extremistischen Spektrum angehören

Der Staatsschutz ermittelt, die Polizei ging nach ersten Erkenntnissen davon aus, dass die Täter dem extremistischen Spektrum angehören könnten. Es könnte sich um eine politisch motivierte Anschlagsserie im Vorfeld des G 20-Gipfels in Hamburg handeln.

Am Montagmittag wurde auch ein Bekennerschreiben aus der linken Szene veröffentlicht. Am 7. und 8. Juli wollen Staats- und Regierungschefs aus Industrie- und Schwellenländern sowie Vertreter der EU in Hamburg zusammenkommen.

In Bremen wurden laut Bundespolizeiinspektion Anlagen am Bahnübergang Wardamm in Grolland in Brand gesetzt. Der Polizei zufolge kam Brandbeschleuniger zum Einsatz. Auf dem betroffenen Gleis fahren keine Personenzüge, sondern ausschließlich Güterzüge. Das Gleis verbindet den Hauptbahnhof mit dem Güterverkehrszentrum (GVZ) und dem dahinter liegenden Neustädter Bahnhof.

Ermittlungen gehen in verschiedene Richtungen

„Der Brand wurde in der Nacht um kurz nach vier Uhr früh entdeckt, wir wurden vom Fahrdienstleiter informiert“, sagte eine Sprecherin der Bundespolizeiinspektion Bremen. Dass Züge durch einen solchen Kabelbrand entgleisen könnten, sei nicht zu befürchten, er könne aber zu Stromausfällen führen und eine Teilstrecke komplett lahmlegen.

Aufgrund der gleichzeitigen Brände in anderen Städten werde in Richtung eines Anschlags vor dem Hintergrund des G 20-Gipfels ermittelt, so die Sprecherin. Es werde aber auch in andere Richtungen gedacht. Der Bremer Brand könne Teil der Serie sein, werde aber als Einzelfall behandelt, sagte eine Sprecherin der Bremer Polizei.

Der Güterverkehr zum GVZ war am Montag durch den Brand eingeschränkt. „Wir sind nicht komplett abgeschnitten, aber es ist schwieriger, uns zu erreichen“, sagte Christoph Holtkemper, Geschäftsführer von Roland Umschlag. Zwei Kabelschächte seien ausgebrannt. „Aktuell kann zum GVZ nur ein Gleis befahren werden.“

Bekennerschreiben auf "Indymedia"

Auf dem betroffenen Gleis werden zum Beispiel Container zum GVZ oder Bauteile zum Neustädter Hafen transportiert. „Pro Tag fahren hier bestimmt 20 bis 30 Züge“, beschreibt Holtkemper. In der Nähe des Anschlagsorts gibt es zudem eine fünfspurige Gleisanlage, auf der Loks rangieren können. Doch die Weichen für diese Anlage konnten am Montag Holtkemper zufolge wegen des Brandes nicht bedient werden.

Ein Bekennerschreiben wurde am Montag auf dem linken Onlineportal „Indymedia“ veröffentlicht. Darin reklamieren die Verfasser die Brandanschläge für sich: „Heute Morgen haben wir die Kabelstränge entlang mehrerer Hauptstrecken der Bahn in Brand gesetzt.“ Die Kabelkanäle würden für die interne Signalübertragung der Bahn genutzt.

Als Grund für den Angriff geben die mutmaßlichen Brandstifter an, sie wollten in das „zentrale Nervensystem des Kapitalismus“ – also das Bahnnetz – eingreifen. Das Bekennerschreiben bezieht sich zudem explizit auf den G 20-Gipfel. Das Schreiben werde jetzt geprüft, sagte ein Sprecher der Berliner Polizei. Aus Sicherheitskreisen hieß es, das Bekennerschreiben passe ins „Raster“. Allerdings sei es noch zu früh zu sagen, ob es authentisch sei.

In Bremen gab es bereits mehrere Anschläge militanter G 20-Gegner. Zuletzt hatten Unbekannte in Woltmershausen zwei Zivilfahrzeuge der Polizei in Brand gesetzt. Mehr als 15.000 Polizisten sollen den G 20-Gipfel schützen. Beamte aus ganz Deutschland werden dafür in Hamburg zusammengezogen, auch Bremer Polizisten werden im Einsatz sein.

Dieser Artikel wurde am 19.06.2017 um 20:01 Uhr aktualisiert.