Streit um Identitären-Interview an der Universität Halle

Erstveröffentlicht: 
31.05.2017

Eklat auf dem Campus – zwei Mitglieder der rechtsextremen Identitären Bewegung wurden am Dienstag an der Martin-Luther-Universität in Halle von einem Filmteam interviewt. 30 Studierende versuchten, ihnen die öffentliche Bühne zu nehmen. Im Anschluss filmten vier Rechtsextreme Protestierende ab und bedrohten sie. 

 

Von Thomas Schade

 

Die zwei Löwen vor dem Verwaltungsgebäude der Universität sind Abgüsse von Skulpturen Johann Gottfried Schadows. Der Künstler schuf auch die Quadriga auf dem Brandenburger Tor. Diese musste bereits für die rassistische Hetze der Identitären herhalten, am Dienstag wurden nun auch die Löwen von der rechtsextremen Gruppen als Hintergrund ausgewählt. Till-Lucas Wessels und Melanie Schmitz waren zum Interview geladen. Sie sind bundesweit bekannte Mitglieder der vom Verfassungsschutz beobachteten Identitären und treten offensiv auf. Zuletzt waren sie an der missglückten Erstürmung des Bundesjustizministeriums beteiligt. Auch bei der Wahlparty der AfD-MV durften sie auftreten.

 

Eine Viertelstunde lief das Interview, bis Studierende die beiden vor dem Löwengebäude bemerkten. Sie drängten sich vor die Kamera und versuchten, das Interview  zu stören. Fragen wurden laut, warum die Reporter den Rechtsextremen ein Podium bieten würden. Ein Student sagte: „Wer Nazis öffentlich reden lässt, hilft ihnen dabei, ihre Ideologie zu verbreiten. Zu ihrer Normalisierungsstrategie gehört es doch, sich überall zu präsentieren. Jede Berichterstattung ist für die ein Gewinn, da hilft auch keine Ausgewogenheit.“

 

Das Interview wurde unterbrochen. Immer mehr Studierende versammelten sich vor der Kamera. Wessels begann hektisch zu telefonieren, während die Studierenden mit den Journalisten über die mediale Inszenierung der Identitären diskutierten. Die Reporter betonten, der Bericht solle die Identitäre Bewegung demaskieren. Auf Unverständnis traf die Äußerung des Filmteams, dass keine Interviews mit lokalen Akteuren, die sich gegen die IB engagieren, geplant seien. Auch wurde kritisiert, dass die Leitung der Universität eine Dreherlaubnis für ein Interview mit zwei bekannten Rechtsextremen erteilt hatte.

 

Die Identitären gaben letztlich auf und verließen den Campus. Ein Studierender rief ihnen hinterher: „Unser Campus bleibt bunt!“ Die anderen applaudierten. Doch zehn Minuten später tauchten vier Rechtsextreme auf und bedrohten mehrere Studierende. Einer baute sich vor ihnen auf, während sich zwei weitere im Hintergrund hielten. Sie filmten die Studierenden ab, beleidigten diese und drohten ihnen.

 

„Dass Studierende bedroht wurden, ist uns nicht bekannt“, hieß es am Mittwoch auf Nachfrage von ZEIT ONLINE von der Universitätsleitung. Man habe lediglich einer Produktionsfirma, die für einen öffentlich-rechtlichen Sender tätig ist, eine Drehgenehmigung erteilt und zwar ausschließlich für den Universitätsplatz.