Asylheim im Spreehotel vor dem Aus

Erstveröffentlicht: 
06.05.2017

Der Landkreis will den Vertrag ab Juli nicht verlängern. Dennoch könnte das Haus weiter für Geflüchtete genutzt werden. Von Sebastian Kositz

 

Seit fast drei Jahren leben Geflüchtete im Bautzener Spreehotel – doch jetzt will die Kreisverwaltung den noch bis Mitte Juli laufenden Vertrag mit dem Betreiber nicht mehr verlängern. Wie die Sächsische Zeitung erfuhr, sieht das Landratsamt angesichts sinkender Asylbewerberzahlen keinen Bedarf mehr. Welche Konsequenzen dies hat, ist derzeit noch unklar. Zum einen will sich der Kreis noch nicht gänzlich vom Standort am Stausee lösen. Zum anderen gibt es auch in der Stadt Bautzen Interesse, das gut laufende Heim zu erhalten. Das Spreehotel ist und bleibt ein Politikum.

 

 

Auf Nachfrage bestätigt Landrat Michael Harig (CDU), dass die Kreisverwaltung eine Schließung des Spreehotels als Asylheim erwägt: „Der Vertrag läuft aus und die Zahlen im Bereich der Zuwanderung geben eine Verlängerung nicht her.“ Zwar erhält der Kreis die Kosten für die Unterbringung der Geflüchteten vom Land erstattet. Auf den Kosten für vorgehaltene, ungenutzte Plätze bleibt die Verwaltung aber sitzen. Zu Spitzenzeiten lebten mehr als 3 000 Asylsuchende im Landkreis – inzwischen sind es nur noch knapp 1 400. Um Kosten zu sparen, hatte die Verwaltung seitdem deshalb bereits fast zehn Heime dichtgemacht. 

 

Vier-Sterne-Hotel stand vor dem Aus


Ganz anders die Situation Anfang 2014: Seinerzeit stand das Landratsamt unter Druck, brauchte mit Blick auf die vielen Menschen, die plötzlich in die Region kamen, dringend neue Plätze. Zugleich hangelte sich Spreehotel-Betreiber Peter-Kilian Rausch eher schlecht als recht durchs Geschäft. Das Vier-Sterne-Haus stand faktisch vor dem Aus. Zwei verschiedene Probleme, für die es plötzlich eine Lösung gab.

 

 

Im Sommer 2014 schlossen der Betreiber und der Kreis einen Vertrag über die Unterbringung von Asylsuchenden. Vorausgegangenen waren dem jedoch massive Proteste – und ein politisches Tauziehen zwischen Stadt- und Kreisverwaltung. Das Gezänk um den Standort und die rechtlichen Regelungen sind inzwischen fast genauso vergessen, wie sich die meisten Vorurteile als haltlos erwiesen haben. Der Betrieb am Stausee läuft beinah geräuschlos, das Spreehotel gilt als Vorzeigeobjekt.

 

 

Wohl auch wegen dieser Vorgeschichte will Landrat Michael Harig dem früheren Hotelier und jetzigem Heimbetreiber Peter-Kilian Rausch den Stuhl nicht einfach vor die Tür stellen. Denn eines ist klar: Eine Rückkehr zum Hotelbetrieb ist derzeit ausgeschlossen. Der Ex-Hotelier wollte sich zur aktuellen Situation noch nicht äußern. Auch, weil gegenwärtig noch Gespräche laufen. Denn der Ankündigung, den Vertrag nicht verlängern zu wollen, schob Michael Harig die klare Absichtsbekundung hinterher, das Haus „nach Möglichkeit weiter halten zu wollen.“ Das sei durchaus auch im Interesse des Kreises. So verweist der Politiker auf die Probleme bei der Unterbringung minderjähriger Flüchtlinge oder von Geflüchteten, die bleiben dürfen, aber keine freie Wohnung finden. 

 

Sorge ums Stausee-Areal


„Wir hoffen, eine Lösung zu finden“, sagt Michael Harig. Eine Hoffnung, die auch der Bautzener SPD-Stadtrat Roland Fleischer teilt. „Herr Rausch hat damals gegen alle Winderstände dem Kreis aus der Patsche geholfen“, so der Politiker, der auch für die SPD im Kreistag sitzt. Er weiß um die Gespräche, aber auch von verschiedenen Auffassungen innerhalb der Kreisverwaltung.

 

 

„Herr Rausch hat sehr viel Geld investiert und viel Engagement für die Bewohner gezeigt. Das kann ich mir in anderen Einrichtungen nur wünschen“, sagt Roland Fleischer. Zwar sieht er durchaus die Notwendigkeit der Kreisverwaltung, mit Steuermitteln vernünftig umzugehen. „Ich halte es aber politisch für machbar, das Heim weiterzuführen oder als Reserve vorzuhalten“, so der Sozialdemokrat. Alternativ ist aus seiner Sicht aber auch die Umwandlung in ein Integrationszentrum denkbar. Eine Anlaufstelle, wo Geflüchtete auch nach ihrer Anerkennung Hilfe erhalten, etwa bei Behördengängen, der Wohnungssuche oder dem Zugang zu Bildung und dem Arbeitsmarkt. „Da kann Herr Rausch jede Menge Erfahrungen vorweisen“, erklärt Roland Fleischer. Eine Einschätzung, die übrigens auch Landrat Michael Harig teilt. 

 

Ministerin findet Idee interessant


Inzwischen hat es deshalb sogar ein erstes informelles Gespräch mit Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) gegeben. Nicht zuletzt geht es dabei auch um die Finanzierung. „Ich kenne das Spreehotel sehr gut und schätze die dort angebotene Flüchtlingshilfe sehr“, erklärt die Ministerin. Die Idee eines Integrationszentrums findet Petra Köpping „grundsätzlich interessant“. Dazu müssten aber auch die Stadt und der Kreis einen Beitrag leisten. Inwieweit eine Unterstützung durch das Land erfolgen kann, „muss sich zeigen, wenn Herr Rausch eine vollständige Konzeption erarbeitet hat“, so die SPD-Frau.

 

Roland Fleischer hat bei einem gänzlichen Aus des Hotels aber noch eine andere Sorge im Hinterkopf: „Wir brauchen am Stausee ganz sicher keine neue Brache. Das würde unseren Anstrengungen, das Gebiet zu entwickeln, komplett widersprechen.“