Mildstedt : „Eine feige und hinterhältige Tat“

Erstveröffentlicht: 
09.04.2017

Ein Friedenszeichen fällt der Säge zum Opfer: 2014 stifteten Muslime der Gemeinde Mildstedt einen Ginkgo-Baum – der wurde von Unbekannten gefällt.

 

Ein Friedenszeichen sollte er sein, der Ginkgo-Baum, der im November 2014 bei regnerischem Wetter in Mildstedt gepflanzt wurde. Spendiert hatte den sechs Meter hohen Ginkgo die islamische Gemeinde „Ahmadiyya Muslim Lamaat“. Bei der Pflanzaktion waren unter großem Medienaufgebot die angereiste Abordnung der Gemeinde, Bürgermeister Bernd Heiber samt Gemeindevertretung und Nordfrieslands Integrations-Beauftragter Peter Martensen mit von der Partie. „Liebe für alle, Haß für keinen“ stand damals in großer blauer Schrift auf einem roten Banner. Nun, zweieinhalb Jahre später, müsste der Baum deutlich gewachsen sein. Doch auf der Freifläche an der Hauptstraße/Ecke Mauweg steht nur noch ein zirka ein Meter hoher Stumpf. Der symbolträchtige Ginkgo ist in einer Nacht- und Nebelaktion von Unbekannten abgesägt worden. Und das nicht zum ersten Mal.

 

Jetzt sei es an der Zeit, damit an die Öffentlichkeit zu gehen, sagt Bernd Heiber auf der jüngsten Gemeinderatssitzung. „So etwas ist nicht hinzunehmen – das fügt auch unserer Gemeinde einen schweren Image-Schaden zu“, betont er. „Dieser große Baum, der in einem feierlichen Akt gepflanzt wurde, ist anscheinend von fremdenfeindlichen Menschen abgesägt worden.“

 

Die Täter seien vermutlich mit einer einfachen Handsäge zu Werke gegangen, erklärt Heiber auf Anfrage. Um des Friedens willen ließ die Gemeinde Mildstedt sofort nach Entdeckung der ersten Tat den nicht unbedingt kostengünstigen Ginkgo durch einen neuen ersetzen. Doch auch dieser Baum wurde abgesägt und darüber hinaus die Erinnerungs-Plakette mit schwarzem Lack übersprüht. Erneut wurde ein Gartenbauunternehmen mit der Pflanzung eines weiteren Baumes beauftragt. „Doch auch dieser Baum wurde einfach abgesägt“, so Heiber, der jedesmal inständig hoffte, dass die neugepflanzten Bäume stehen bleiben. Dennoch: Die Gemeindeführung ließ einen dritten Baum pflanzen. Doch als auch dieser kürzlich Opfer der unbekannten Baumfrevler wurde, platzte dem Bürgermeister der Kragen. „Wir gehen jetzt damit an die Öffentlichkeit – und lassen unser Ansehen als Gemeinde nicht durch diese feige und hinterhältige Tat in Verruf bringen“, erklärt der Gemeinde-Chef.

 

Unterdessen hat allerdings auch die islamische Gemeinde – die in Husum übrigens dadurch bekannt wurde, dass ihre Mitglieder regelmäßig am Neujahrsmorgen Reste der vorangegangenen Silvesterfeier einsammeln–, mitbekommen, dass es ihren 2014 gepflanzten Ginkgo gar nicht mehr gibt. So sprachen sie Bürgermeister in der Amtsverwaltung darauf an und zeigten ihm ein Foto.

 

Heiber setzt jetzt darauf, dass die Mildstedter Augen und Ohren offen halten. „Vielleicht können auch Hundebesitzer, die in der Gegend mit ihren Tieren spazieren gehen, Hinweise liefern“, hofft er und bittet darum, dass diese sofort an ihn oder die Polizei gemeldet werden. Nein, ein Fall für den Staatsschutz sei das noch nicht, meint Heiber. „Bislang ist es ein Umweltvergehen, und es gibt auch andere Baumfrevler.“ Wie geht es nun weiter? Heiber hat sich von einer Baumschule beraten lassen. Es ist möglich, dass der rund ein Meter hohe Stumpf jetzt im Frühling noch austreibt. Wenn nicht, möchte er wieder einen Baum pflanzen. „Es geht um die Geste“, ist er überzeugt.

 

Und die Geste steht auch nach wie für für die Vertreter von „ Ahmadiyya Muslim Lamaat“ im Mittelpunkt. „Natürlich sind wir traurig darüber, dass das passiert ist“, sagt Imam Laiq Ahmad Munir aus Hamburg, der mit dabei war, als der Baum vor zweieinhalb Jahren gepflanzt wurde. Doch es werde ihn und seine Gemeinde nicht daran hindern, weiter Bäume als Zeichen des Friedens und der Freundschaft zu stiften. „Wir werden weitermachen“, betont auch der Kieler Imam Adeel Ahmad Shad, der für den Bereich Nordfriesland zuständig ist. Sollte die Absäge-Aktion tatsächlich fremden- oder islamfeindlich motiviert sein, würde er gern mit dem Täter in den Dialog treten, „um zu zeigen, dass man nicht alle Muslime in einen Korb werfen kann und dass der Islam eine friedliche Religion ist“. Und wenn die Mildstedter möchten, würde seine Gemeinde dort auch einen zweiten Baum pflanzen – an anderer Stelle.