AfD in Brandenburg Gaulands Nachfolger: Voll völkisch

Erstveröffentlicht: 
01.02.2017

Brandenburgs AfD-Chef Alexander Gauland gibt die Führung in Landespartei und Landtagsfraktion ab. Übernehmen soll sein Kronprinz Andreas Kalbitz.

 

Potsdam - Andreas Kalbitz muss zuweilen eingreifen. Wenn eine seiner Fraktionskollegen am Thema vorbei redet, sich verstrickt im Kleinklein. Dann springt der Vize-Chef der AfD-Fraktion im Landtag ein – und erklärt, was Kollegen seiner zehnköpfigen Fraktion, die den Ruf einer Chaostruppe genießt, denn genau sagen wollen. Klar, verständlich, geradeaus. Der 44-Jährige, einst Zeitsoldat bei den Fallschirmjägern, ist neben Alexander Gauland der ideologische Kopf der AfD – in Fraktion und Landespartei. 

 

Gauland will in den Bundestag


Nun, da es Gauland mit seinen 75 Jahren zur Wahl im September in den Bundestag zieht, er am vergangenen Wochenende zum Spitzenkandidat auf der Landesliste der AfD gekürt wurde, gibt er auch die Führung seiner Partei in Brandenburg auf. „Beim Landesparteitag im April trete ich nicht mehr an“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Auch den Fraktionsvorsitz wird Gauland spätestens mit dem Einzug in den Bundestag abgeben müssen.

 

Kalbitz war ohnehin schon der Stallwächter für Gauland, der im Landtag wegen Terminen für seine Partei oft fehlte. Nun will Kalbitz die Führung in Fraktion und Landespartei übernehmen. Er werde selbstverständlich kandidieren. „Ich glaube, dass dies in der Brandenburger AfD für eine inhaltliche Kontinuität steht“, sagte Kalbitz. 

 

Kalbitz zählt zum rechtsnationalistischen Flügel der AfD


Kontinuitäten sind für den 44-Jährigen sehr wichtig. Wie Gauland zählt er zum rechtsnationalistischen Flügel der AfD, gemeinsam mit dem Landesparteichef Björn Höcke aus Thüringen. Dessen Worte über das Holocaust-Mahnmal in Berlin als Denkmal der Schande und die Forderung nach einer 180-Grad-Wende in der Erinnerungspolitik hätten auch gut zu Kalbitz gepasst. Der redete schon vor Jahren so. Experten bezeichneten ihn bereits als Rechtsextremen.

 

2001 gratulierte Kalbitz in einem Blatt eines Neonazi-Vereins dem der NPD nahestehenden „Freundschafts- und Hilfswerk Ost“ zum zehnjährigen Bestehen und hob dessen Arbeit in dem „oftmals aussichtslos scheinenden Kampf gegen den kulturellen und völkischen Tod auf jahrtausendealtem deutschen Kulturboden“ hervor. In einem anderen Beitrag beklagte Kalbitz den „Ethnozid am deutschen Volk“. Im Blatt einer rechtsextremen Gruppierung, die regelmäßig die Nazi-Trauermärsche in Dresden anmeldete, diagnostizierte er den „Bewußtseinsethnozid in den Köpfen der bundesrepublikanischen Jugend“ und beklagte mit Blick auf den Nationalsozialismus die „Verständnisimplantation von 12 Jahren als 99 Prozent deutscher Geschichte“.

 

Der gebürtige Münchner war zunächst in der Jungen Union und in der CSU Anfang der 1990er-Jahre aktiv. Dann driftete er immer weiter rechts ab, war eng verquickt mit dem Witiko-Bund, einem Vertriebenen-Verband, gegründet von früheren NSDAP- und SS-Funktionären und bei dem die Bundesregierung „eine Verdichtung von tatsächlichen Anhaltspunkten für rechtsextreme Bestrebungen“ festgestellt hat. Erst im Herbst 2015, ein Jahr nach seinem Einzug in den Landtag, wurde bekannt, dass Kalbitz Chef eines Vereins war, der von Alt-Nazis, SS-Männern und NPD-Kadern gegründet wurde. Dessen Zweck: Die Umdeutung der deutschen Geschichte, weil die Gefahr bestehe, dass die Zeit vor 1945 „mit einer teuflischen Epoche“ gleichgesetzt werde. 

 

Kalbitz dürfte in der Landes-AfD erfolgreich sein


Eng könnte es für Kalbitz als Chef in der Landtagsfraktion werden, dort halten einige seinen stramm rechten Kurs für falsch. In der Landespartei aber dürfte er durchaus Erfolg haben. Im November 2015 hatte er sich klar gegen den Landtagsabgeordneten Steffen Königer, der sich selbst als „konservativ mit einer liberalen Ader“ bezeichnet, bei der Wahl des Vize-Parteichefs durchgesetzt. Königer warb für Mitgestaltung und warnte, die AfD dürfte nicht zu einer völkischen Trümmertruppe verkommen. Das zog nicht. Kalbitz dagegen teilt Höckes Idee einer breiten Bewegung „jenseits der abgenutzten politischen Gesäßgeografie“, will sich nicht verbiegen lassen für Machtbeteiligung. Er spricht lieber von evolutionärer Veränderung und sagt: „Draußen brennt das Land, es brennt ab in den Seelen der Menschen, es brennt ab im kollektiven Erinnern an alles, was wir sind, unser Gemeinwesen, unser kollektives Bewusstsein und unsere Kultur und hinterlässt Leere, gefüllt nur noch mit heißer Luft, leidlich verstopft mit Materialismus, Konsum, der Zerstörung unserer ethischen und moralischen Lebensgrundlagen.“

 

Brandenburgs CDU-Generalsekretär Steeven Bretz sagte den PNN über den Wechsel in der AfD: „Gauland und Kalbitz sind genauso wie Höcke stramm rechter Gesinnung. Der Unterschied zwischen beiden ist nur, dass Gauland sich gelegentlich zu verstecken wusste, wohingegen mit dem dumpfen Kalbitz alle Masken fallen werden.“ 

 

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Alexander Gauland will sein Landtagsmandat abgeben, wenn er in den Bundestag gewählt wird. Dann rückt nach: Der umstrittene AfD-Politiker Jan-Ulrich Weiß.