Prozess gegen Nauener Neonazis - NPD-Mann verteidigt sich mit Anti-Rassismus-Strategie

Erstveröffentlicht: 
18.01.2017

Am neunten Verhandlungstag im Prozess gegen eine Neonazi-Gruppe aus Nauen hat der angeklagte NPD-Mann Maik Schneider erneut einen fragwürdigen Auftritt hingelegt. Er versucht sich mit einer absurden Anti-Rassismus-Strategie zu verteidigen. Dabei soll ihm ein Asylbewerber aus Potsdam helfen.

 

Potsdam. Im Prozess gegen die Nauener-Neonazigruppe um NPD-Mann Maik Schneider haben die politischen Motive der Angeklagten bisher nur eine Nebenrolle gespielt. Die Verteidiger versuchen die Taten ihrer Mandanten als alkoholbedingte Ausrutscher darzustellen. Auch die Angeklagten selbst haben politische Motive meist bestritten.

 

Wie absurd das ist, zeigte ein Auftritt von Maik Schneider am Dienstag. Am Ende des 9. Verhandlungstages stellte er eine Reihe von Beweisanträgen. Sie alle haben das Ziel ihn zu entlassen und ihn reinzuwaschen von rassitischen Motiven. So beantragte er beispielsweise einen alten Schulfreund zu hören. Der könne bezeugen, führte Schneider aus, dass er in der Schule einen Pullover mit der Aufschrift „Gegen Rassismus“ trug. Außerdem solle ein Asylbewerber aus Potsdam gehört werden. Schneider habe ihn häufig besucht und sei sogar von dessen Familie nach Afghanistan eingeladen worden. Zu Begründung des Antrags sagte Schneider, dass es eine böswillige Unterstellung sei, ihn als ausländerfeindlich zu bezeichnen.

 

Zur Erinnerung: Schneider wird beschuldigt, in Nauen eine Turnhalle, in der Flüchtlinge unterkommen sollten, in Brand gesetzt zu haben. Außerdem soll Schneider eine Stadtverordnetenversammlung gestört haben. In dieser sollte über ein neues Asylbewerberheim entschieden werden. Zudem nahm Schneider an mehreren rechtsextremen Demonstrationen teil oder organisierte sie sogar. Wie absurd es ist, dass er sich als Anti-Rassist verkauft, wird durch das Nazi-Vokabular deutlich, dass er nutzt. Politiker bezeichnete er als „Volksschädlinge“, einen Gruppenchat benannte er nach einer Zeile aus dem Horst-Wessel-Lied, dem Kampflied der SA. 

 

Neue Beweisanträge – teilweise recht kurios


Ob Schneiders Beweisanträge, insgesamt sind es 13, angenommen werden, ist noch nicht klar. Darüber will das Gericht bis Donnerstag entscheiden. Schneider hat mehrere Zeugen benannt, die ihn entlasten sollen. Er ist durch Zeugenaussagen und Einlassungen anderer Angeklagter schwer belastet worden. Demnach soll er den Brand der Turnhalle im Voraus geplant haben. Im Vorfeld soll es entsprechende Treffen gegeben haben, außerdem soll er gesagt haben, „ das Ding wird brennen“. Schneider will diese Aussagen von seinen benannten Zeugen widerlegen lassen. Seine Version lautet so: Die Brandstiftung war ein spontaner Entschluss, der Brand selbst habe nicht so heftig ausfallen sollen. Schneider nennt es einen „Unfall“.

 

Um seine Version zu stützen sind Schneider und seinem neuen Anwalt Ulli H. Boldt offenbar auch kurios anmutende Anträge gerade Recht genug. So stellten sie den Antrag, dass eine Expertin vom Deutschen Wetterdienst gehört wird. Die Frau solle bezeugen, dass es in der Brandnacht stark regnete. Und genau deswegen ging Schneider davon aus, dass das Feuer an der Halle schnell wieder erlischt - so zumindest die Theorie. 

 

Aussagen zur Randale bei Stadtverordneten


Am neunten Prozesstag sagten unter anderem zwei Stadtverordnete aus Nauen aus. Sie schilderten ihre Eindrücke der von Schneider gestörten Stadtverordneten-Versammlung. Die Stimmung sei extrem aufgeheizt gewesen, erinnert sich eine 52-Jährige. Es wurde an die Fensterscheiben getreten und geschlagen. Die Stimmung war so aggressiv, dass die Polizei einschreiten musste, die Sitzung wurde für einige Zeit unterbrochen.

 

Außerdem stellte am Dienstag ein Rechtsmediziner sein Gutachten vor. Bei einem der Angeklagten plädierte er auf verminderte Schuldfähigkeit. Ihm wird vorgeworfen, Farbbeutel auf ein Parteibüro der Linken geworfen zu haben. Laut Gutachter hatte er dabei zwischen 2,55 und 3,05 Promille intus. Sein Kompagnon war bei der Tat ebenfalls schwer betrunken (zwischen 1,55 und 2,05 Promille). Bei ihm sah der Gutachter allerdings keine verminderte Schuldfähigkeit. 

 

Urteil kommt wohl später als geplant


Der Prozess wird am kommenden Donnerstag ab 9.30 Uhr fortgesetzt. An diesem Tag sollen unter anderem mehrere Polizisten aussagen.

Unterdessen ist klar, dass sich die Urteilsverkündung wohl verschieben wird. Sie war ursprünglich für den 24. Januar vorgesehen. An diesem Tag sollen nun die Plädoyers gehalten werden. Ein Termin für die Urteilsverkündung steht noch nicht fest.

Von Christian Meyer