Umstrittene Auftritte bei Pegida - AfD-Politiker einigt sich mit dem LKA Berlin

In zweifelhafter Gesellschaft. Gerald Hübner, Mitarbeiter des LKA Berlin, engagiert sich bei "Pegida Havelland".Foto: Presseservice Rathenow
Erstveröffentlicht: 
19.12.2016

Ein AfD-Politiker, der für das Landeskriminalamt Berlin arbeitet, trat bei Pegida im brandenburgischen Havelland auf. Am Montag wurde über seine Abmahnung verhandelt. von Alexander Fröhlich und Ingmar Höfgen

 

Mehrmals trat Gerald Hübner bei Demonstrationen von "Pegida Havelland" im Frühjahr dieses Jahres als Redner auf. Das Motto der Versammlungen in Schönewalde-Glien: "Masseneinwanderung stoppen. Rechtsstaat wiederherstellen." Doch der 57-Jährige ist nicht nur AfD-Politiker im Kreistag Havelland und Sprecher der Partei in dem Landkreis. Beruflich ist er Kriminaltechniker beim Landeskriminalamt (LKA) Berlin. Doch seine Vorgesetzten störten sich an den Auftritten ihres Angestellten und mahnten ihn ab. Hübner klagte dagegen, weil er bei weiteren Abmahnungen seine Entlassung fürchtete. Am Montag legten Hübner und die Berliner Polizei bei einem Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Berlin den Streit mit einem Kompromiss bei.

Danach bleibt eine von der Polizei wegen Äußerungen auf zwei Pegida-Kundgebungen ausgesprochene Abmahnung nur bis zum 31. Mai 2017 in der Personalakte. Richter Arne Boyer hatte in der Verhandlung wenig Zweifel daran, dass auch rechtspopulistische Äußerungen des Polizisten auf den Kundgebungen von der Meinungsfreiheit gedeckt seien und deshalb keine Verletzung seiner Pflichten als Bedienstete der Polizei vorliege. Straftatbestände sah der Richter in der Güteverhandlung nicht.

Eine Bemerkung Hübners auf einer Kundgebung, bei der er das Bundeskriminalamt als rassistische, rechtsextreme Vereinigung bezeichnet hatte, wollte der AfD-Politiker selbst als Ironie verstanden wissen. Dies hielt der Richter für nicht widerlegbar. Auch Beifall vom rechtsextremen Spektrum sah er nicht als Grund für eine Abmahnung an. Dass Schnittmengen zwischen Hübners Meinung und der  der extremen Rechten existieren, könne nicht zur Einschränkung von dessen Meinungsfreiheit führen. Letztlich ließ sich der Polizist vor allem deshalb auf den Kompromiss ein, weil der Vertreter der Polizei anderenfalls ein langes  Gerichtsverfahren in Aussicht stellte.

Der Staatsschutz hatte keine strafbaren Äußerungen gefunden

Bemerkenswert dabei ist, dass das Arbeitsgericht selbst den Verhandlungstermin per Pressemitteilung publik machte. Vermutet wird, dass die Richter dem Fall grundsätzliche Bedeutung zumessen. Konkret wirft das LKA dem Kriminaltechniker vor, gegen die ihm "obliegende politische Loyalitätspflicht" und die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers, also der Berliner Polizei, verstoßen zu haben. Das LKA hält dem AfD-Politiker nicht nur die Reden bei den Pegida-Kundgebungen vor, sondern auch, dass er dort "rechtspopulistische Meinungen" vertreten habe. Auch der Staatsschutz der Brandenburger Polizei hatte die Reden geprüft, hatte allerdings keine strafbaren Äußerungen gefunden.

Bei der AfD hält man das Vorgehen des Berliner LKA für unangemessen. Die Polizei habe kein Gespräch mit Hübner gesucht, sondern ihn gleich wegen der Reden abgemahnt. Zwar war Hübner erst seit Ende April als Nachrücker in den Kreistag Havelland eingezogen. Allerdings fragt man sich bei der AfD nun, wie Hübner als Politiker im Privatleben seine politischen Meinungen und die seiner Partei noch offensiv vertreten kann, wenn er dann im Dienst bei der Polizei mit Konsequenzen rechnen muss. Zumal er kein Beamter ist, für die eine schärfe Neutralitäts- und Wohlverhaltenspflicht gilt, und die AfD keine verfassungsfeindliche Partei sei und sich im üblichen Rahmen des grundgesetzlich geschützten politischen Meinungsstreit bewege.

Hübner unterhielt sich mit einem verurteilten Neonazi

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass bei den Demonstrationen von "Pegida Havelland" mit bis zu 200 Teilnehmen einschlägig bekannte Rechtsextremisten auftauchten. Darunter Vertreter der "Identitären Bewegung", die zur sogenannten Neuen Rechten gehört und vom Verfassungsschutz beobachtet wird, der rechtsextremen Parteien NPD und Der Dritte Weg sowie Mitglieder von Neonazi-Kameradschaften. Wie es auch aus der AfD heißt, habe Hübner nicht gewusst, wer an der Demonstration teilnimmt.

Tatsächlich erschienen mehrere NPD-Anhänger sogar gleich gekleidet, fast uniformiert. Sie trugen schwarz-weiß-rote Fahnen des Deutschen Reiches. Unter ihnen war auch der im Jahr 2005 wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung verurteilte Neonazi Christopher Hartley. Er hatte von August 2003 bis Mai 2014 gemeinsam mit anderen Neonazis im Havelland ein Reihe von Brandanschlägen auf Döner- und Asia-Imbiss-Läden verübt. Fotos zeigen, dass sich Gerald Hübner mit Mitgliedern der NPD-Truppe am Rande der Pegida-Kundgebung unterhielt.