Vor 100 Jahren - Amerikanischer Schriftsteller Jack London gestorben

Erstveröffentlicht: 
22.11.2016

Mit Abenteuerromanen wie "Der Seewolf" oder "Wenn die Natur ruft" wurde Jack London schon zu Lebzeiten weltberühmt. Dass er auch der bekannteste amerikanische Sozialist seiner Zeit war, ist dagegen kaum bekannt. Heute vor hundert Jahren starb Jack London.

Von Anette Schneider

 

"Der Kapitalist muss zuerst lernen, dass Sozialismus von der Ungleichheit der Menschen und nicht von deren Gleichheit ausgeht. (...) Dann muss er begreifen, dass der Sozialismus von dem ausgeht, was existiert, und nicht von dem, was sein sollte. Die Grundlage des Sozialismus ist der Staub der alltäglichen Straße."

Schrieb Jack London 1905.

 

Heute kennt man den US-amerikanischen Schriftsteller nur noch als Autor berühmter Abenteuerromane wie "Ruf der Wildnis", "Wolfsblut" oder "Der Seewolf". Bücher, die in extremer Natur - wie ewigem Eis oder dem Ozean - den Überlebenskampf von Mensch und Tier schildern.

 

Damals galt er vor allem als der bekannteste Sozialist der USA. Auf einer einjährigen Reise durch das Land hielt er Abend für Abend vor bis zu 3.000 Zuhörern Vorträge über die Notwendigkeit des Klassenkampfes.

 

Und, so Jonah Raskin, Autor der Biografie "The radical Jack London":

 

"Er schrieb sehr viel über Politik, über Krieg und Revolution. Er schrieb ‚The Iron Heel‘, ein Roman darüber, wie die USA zur Diktatur werden. Er veröffentlichte einen Band Essays, den er 'Klassenkampf' nannte, und in dem er von der Existenz sozialer und ökonomischer Klassen im Land berichtet. ... 20 Jahre lang war er Mitglied der Sozialistischen Partei der USA. Das heißt: Das Meiste von dem, wer Jack London war und was er tat, wurde ignoriert und negiert."

 

Jack London wurde 1876 in San Francisco geboren. Er wuchs in schlimmster Armut auf und musste schon als 13-Jähriger in Fabriken schuften - bis zu 20 Stunden pro Tag.

 

"Es gab keine Freude in seinem Leben. (...) Sein Bewusstsein war zu einem Maschinenbewusstsein geworden. Sein Verstand blieb ungenutzt."

Heißt es in seiner Erzählung "Der Ausreißer".

 

In den 1890er-Jahren, angesichts von Wirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit, schlug sich Jack London als Austernräuber durch, als Matrose, Kohlenschlepper und Tramp. Als Goldsucher in Alaska.

 

1899 kehrte er zurück nach San Francisco. Er wusste: "Ich will Schriftsteller werden. So las er sich durch die Weltliteratur, knüpfte Kontakte zu Sozialisten, und 1900 erschien sein erster Band mit Erzählungen. In den 16 Jahren bis zu seinem Tod folgten zahlreiche politische Essays, Abenteuergeschichten - und 50 Romane. In vielen von ihnen verarbeitete er, was er selbst erlebt hatte.

 

"In 'The Road' beschreibt er die USA aus der Sicht der Armen, Ausgegrenzten, Obdachlosen und Arbeitslosen. Als er als Hobo, als Wanderarbeiter, durch das Land reiste, kam er ins Gefängnis - und er schrieb über seine Gefängniserfahrungen. "

 

Nach einer Londonreise erschien 1903 die Reportage "Menschen des Abgrunds" über das Elend der britischen Arbeiterklasse.

 

"Für diese Geschichte änderte er seinen Namen, sein Äußeres - er verschmolz mit den Armen. Damit wurde er einer der Väter dessen, was wir heute den 'Neuen Journalismus' nennen: Nämlich die Geschichte, die man erzählt, zu erleben, anstatt nur von außen, als Beobachter, Fragen zu stellen."

 

Und: Jack London wurde politisch aktiv. 1905, auf seiner Vortragsreise durch die Vereinigten Staaten, sprach er über die russische Revolution und die Notwendigkeit der Arbeiterklasse, für ihre Rechte zu kämpfen.

 

"Jack London war der bestbezahlte und berühmteste Schriftsteller seiner Zeit, und so luden ihn auch Millionäre ein. Er sagte ihnen: 'Wir wollen den Achtstundentag. Das Ende von Kinderarbeit', usw. - Und die Millionäre sagten: 'Das werden wir nicht machen! Wir werden euch stoppen! Wir werden die Truppen rufen!'"

 

1907 zog London auf eine Farm - und schrieb bis 1916 weiter, wie ein Besessener.  Als er - depressiv und alkoholkrank - am 22. November 1916 starb, war er 40 Jahre alt und hatte ein Leben für zehn gelebt. Und er war sich sicher: Das kapitalistische "Gesellschaftsgebäude", wie er es einmal nannte, würde nicht ewig bestehen.

 

"Eines Tages, wenn wir mehr Hände und Brecheisen besitzen, werden wir es umstürzen, mit all seinen verfaulten Lebensformen, seinen monströsen Egoismen und seinem aufgedunsenen Materialismus. Dann werden wir den Keller reinigen und ein neues Wohnhaus für die Menschheit einrichten."