Stockholm. John Ausonius wurde in Schweden zu lebenslanger Haft verurteilt. Nun könnte er ausgeliefert werden. Von André Anwar
Er soll dem rechtsradikalen Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) als Vorbild gedient haben. Der deutschstämmige Schwede John Ausonius schoss zwischen August 1991 und Januar 1992 aus Fremdenhass willkürlich auf zehn Migranten in Stockholm und Uppsala. Einen Iraner ermordete er mit einem Kopfschuss. Weil er teilweise ein Gewehr mit einem Laserzielfernrohr benutzte, erhielt er den Spitznamen "Lasermann".
Nun soll Deutschland seine Auslieferung für eine mögliche Anklageerhebung in einem zurückliegenden Mordfall an einer Jüdin in Frankfurt 1992 beantragt haben. Dies hat die schwedische Zeitung "Aftonbladet" am Wochenende unter Berufung auf den inhaftierten Ausonius gemeldet.
Schon rund ein Jahr nach seiner Festnahme in Stockholm im Juni 1992 zog der Lasermann das Interesse deutscher Ermittler auf sich. Die Garderobenfrau Blanka Zmigrod wurde in der Nacht zum 23. Februar 1992 in Frankfurt durch einen Kopfschuss ermordet. Sie war auf dem Weg nach Hause von ihrer Schicht im Restaurant Mövenpick. Ihre Handtasche war ihr dabei entwendet worden.
Die Polizei fand später heraus, dass die 68-jährige Jüdin wenige Tage zuvor im Restaurant einen heftigen Streit mit dem Rechtsradikalen Ausonius hatte. Am Tatort wurde auch eine Patronenhülse aus einer 6,35-Millimeterwaffe gefunden. Ausonius gibt laut "Aftonbladet" zu, dass er in Deutschland eine Waffe mit diesem Kaliber hatte. Er beteuert aber, dass er sie vor der Mordnacht in Frankfurt verkauft habe.
Die Ermittlungen wurden damals vorläufig eingestellt, was für Kritik sorgte. Immer wieder wurde gefordert, den Fall erneut aufzurollen, auch aufgrund der heute viel aufschlussreicheren DNA-Spurenanalyse. 2015 verhörten deutsche Beamte Ausonius erneut in Schweden. Möglicherweise reichen die Beweise nun aus, um ihn anzuklagen.
Der deutsche Auslieferungsantrag dürfte wieder Bewegung in den Fall bringen. Mit Folgen für Ausonius: Der heute 63-Jährige wurde 1992 zwar zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt und sitzt seit gut 24 Jahren hinter Gittern. Allerdings bekommt Ausonius regelmäßig Ausgang. Daher könnte er bald entlassen werden, schätzen schwedische Rechtsexperten. Eine Auslieferung nach Deutschland und eine mögliche Verurteilung könnte stattdessen einen Gefängnisaufenthalt bis zu seinem Ableben bedeuten.
Laut einer BKA-Analyse von 2012 könnten Ausonius' Taten als Vorbild für die NSU-Mordanschläge gedient haben. In rechtsextremen Foren wurde sein Vorgehen detailliert geschildert. So wie die NSU-Terroristen lebte auch Ausonius im Untergrund. Auch er raubte Banken aus, um sich zu finanzieren, und floh teils mit einem Fahrrad von den Tatorten. Auch er hatte es auf südländisch aussehende Menschen abgesehen. Teilweise benutzte er eine Waffe mit Schalldämpfer.