«Mehr als nur Blechcontainer stapeln»

Erstveröffentlicht: 
21.04.2010

Asyl-Organisation Zürich (AOZ) erstellt je ein Containerdorf für Asylbewerber im Norden und Westen der Stadt

 

Im einstigen Hotel «Atlantis» können ab August keine Asylbewerber mehr untergebracht werden, und genügend Wohnungen sind in Zürich auch nicht zu finden. In dieser Situation setzt die AOZ auf Containersiedlungen – allerdings recht spezielle.

 

Adi Kälin

Das NRS-Team, ein in Cham angesiedeltes Architekturbüro, hat Erfahrung mit temporären Bauten. Das hat es unter anderem mit dem «Basislager» in der Binz bewiesen, einem eigentlichen Künstlerdorf, das aus 135 Containern besteht. Das Dorf steht so lange, bis das Grundstück für eine definitive Überbauung gebraucht wird, dann werden die Container andernorts zum Zweck der künstlerischen Zwischennutzung aufgestellt.Dasselbe Prinzip wendet das Architekturbüro nun bei zwei Siedlungen für Asylbewerber in der Stadt Zürich an, allerdings so modifiziert, dass es für Peter Pfister vom NRS-Team «eine klare Weiterentwicklung» ist. Die Container würden so verändert und zusammengestellt, dass ein angenehmes Wohnen möglich sei. «Man kann sehr viel mehr machen als Blechcontainer stapeln», sagt Pfister.

Container für 250 Personen


Die Stadt Zürich muss ungefähr 1800 Asylbewerber unterbringen, was sie im Moment allerdings nicht ganz schafft, wie Thomas Kunz, Direktor der Asyl-Organisation Zürich (AOZ), sagt. Wohnungen sind schwer zu finden, und die Zwischennutzung des einstigen Nobelhotels «Atlantis» läuft imAugust definitiv aus. Die neue Hotel Atlantis AG plant seit längerer Zeit einen Umbau.

Im Moment wohnen im «Atlantis» noch 250 Asylbewerberinnen und -bewerber, für die man nun in den neuen Containerdörfern Ersatz schaffen will. Eines soll auf dem Heineken-Areal in Leutschenbach entstehen, das zweite auf einem Reserve-Areal der Stadt an der Aargauerstrasse, auf dem dereinst ein neues Tramdepot gebaut wird.

Obwohl es sich um temporäre Bauten handelt, müssen die Containersiedlungen ein normales Baubewilligungsverfahren durchlaufen. Das Baugesuch für das Projekt Leutschenbach ist vor einiger Zeit schon ausgeschrieben worden, dasjenige für die Aargauerstrasse soll am Mittwoch im «Tagblatt» publiziert werden. Weil der Zeitplan «sehr sportlich» ist, wie Peter Pfister sagt, hat man versucht, das Verfahren zu beschleunigen – was dank departementsübergreifender Zusammenarbeit auch gelingen sollte. Sicher hat dabei mitgeholfen, dass im siebenköpfigen AOZ Verwaltungsrat gleich zwei Stadträte sitzen: Sozialvorsteher Martin Waser und Finanzvorstand Martin Vollenwyder.

«Mobile Immobilien»

Die beiden Siedlungen bestehen aus Containern, die 10 Meter lang und 3 Meter breit sind. Mehr wäre gar nicht möglich, sagt Pfister, weil es sich ja um «mobile Immobilien» handle, die man irgendwann auch weitertransportieren müsse. Die Container bestehen aus Stahl; gegen innen sind sie mit einer Isolationsschicht und einer Schicht aus Gipskartonplatten verkleidet. Vier oder fünf dieser Container werden jeweils zu einer Art Wohngemeinschaft für 8 bis 10 Personen zusammengestellt. Dazwischen wird ein etwas kleinerer Container geschaltet, in dem gemeinschaftliche Räume mit Bad, WC und Küche untergebracht sind.

Einladende Farben

Bei den Künstlerateliers sind die Container in den oberen Etagen mit vorgehängten Metallstegen erschlossen. Weil diese aber einigen Lärm verursachen, hat man bei den Wohncontainern eine andere Lösung suchenmüssen – und hat eine überraschend einfache gefunden: Die Container sind leicht gegeneinander verschoben, so dass gedeckte Zugänge für die oberen Etagen entstehen. Bei der Farbgebung orientiert sich das NRS-Team übrigens an den künftigen Nutzerinnen und Nutzern. Die warmen, sandfarbenen Töne sollen für die hauptsächlich aus Afrika stammenden Asylbewerber einladend wirken, wie Peter Pfister erklärt.

Die Containersiedlungen werden – ohne die Kosten für die Bereitstellung des Baugrunds und die Bereinigung allfälliger Altlasten – rund 7,4 Millionen Franken kosten. Die Unterbringung wird damit nicht günstiger als in zugemieteten Wohnungen, wie Thomas Kunz sagt. Weil die Container aber solid gebaut sind, sollen sie mindestens einmal wiederverwendet werden. Drei Viertel der Kosten kann man sich beim erneuten Aufstellen sparen.

Im Fall des Heineken-Areals dürfte das schon relativ bald der Fall sein. Kaum ist die Siedlung erstellt, wird man sich auch schon nach einem neuen Standort umsehen müssen. Kunz rechnet damit, dass die Containersiedlung nur 3 bis 5 Jahre stehenbleibt. Dann wird die Stadt das Land für eine Überbauung im Baurecht abgeben.