Linke Aktivisten stürmen griechisches Konsulat in Berlin

Erstveröffentlicht: 
12.08.2016

Unterstützer protestieren gegen Räumungen von selbstverwalteten Hausprojekten in Griechenland unter SYRIZA

Aktivisten haben am Freitagmorgen das griechische Konsulat in Berlin gestürmt. Rund 30 Personen beteiligten sich an der Aktion. In dem Gebäude in der Mohrenstraße verlasen die Unterstützer des linksradikalen »Beyond Europe«-Netzwerkes eine Erklärung, die sich gegen die Räumung von Hausprojekten in Griechenland unter der SYRIZA-geführten Regierung richtete. Kurze Zeit später haben die Aktivisten das Konsulat wieder verlassen. Die Polizei nahm die Personalien von einigen Beteiligten auf. Festnahmen gab es offenbar keine.

 

Die Aktivisten erklärten sich solidarisch mit drei ehemaligen selbstverwalteten Häusern in Thessaloniki, die von der griechischen Polizei Ende Juli geräumt worden waren. In den Projekten »Orfanotrofeio«, »Hurriya« und »Leoforos Nikis 39« lebten auch zahlreiche Geflüchtete. »Es geht hier nicht nur um geräumte Häuser in Griechenland, die von der antiautoritären Bewegung deutlich sinnvoller genutzt werden, als wenn diese weiter leer stünden«, erklärte Florian Sommer von »Beyond Europe«. »In den betroffenen Projekten waren zahlreiche Geflüchtetenfamilien untergebracht, die gemeinsam mit den Bewohnern solidarisch zusammenlebten und sich politisch engagierten.« Die Räumung der Projekte sei nicht zufällig auf Ende Juli gefallen. Das linksradikale und transnationale »No Border Camp«, an dem sich auch »Beyond Europe« beteiligte, war in der griechischen Stadt gerade zu Ende gegangen.

 

Die Besetzer in Berlin forderten die griechische Regierung auf, die geräumten Häuser wieder den politischen Strukturen in Thessaloniki zur Verfügung zu stellen und Räumungsdrohungen gegen weitere Initiativen zurückzunehmen. Am Konsulat wurden Transparente mit der Aufschrift »Solidarität, Widerstand, Selbstorganisierung statt Lagerhaltung« in mehreren Sprachen aufgehängt. Die Besetzer kritisierten auch die Bundesregierung: »Deutschland trägt maßgeblich die Verantwortung für die katastrophale Flüchtlingspolitik in Europa. Während hierzulande das Grundrecht auf Asyl faktisch abgeschafft wird, werden Europas Außengrenzen auf Drängen der Bundesregierung immer weiter militarisiert.«

 

Unterstützer der Geflüchteten hatten Ende Juli bereits das Büro der LINKEN in Dresden besetzt. Mit der Aktion wollte man erstmals auch in Deutschland gegen die Räumungen demonstrieren und politischen Druck auf SYRIZA ausüben, erklärte das Internationalistische Zentrum (IZ). Die für die Räumung verantwortliche Polizei unterstehe dem von der griechischen Linkspartei geführten Innenministerium, die deutsche Linkspartei solle ihren Einfluss auf ihre Schwesterorganisation geltend machen, so die Aktivisten. Es wurde im Anschluss zu weiteren Aktionen aufgerufen, neben Parteizentralen sollten auch Botschaften und Konsulate besetzt werden.

Das Verhältnis zwischen der parlamentarischen und außerparlamentarischen Linken in Griechenland ist weiterhin angespannt. Nachdem die einstige Bewegung SYRIZA bei Regierungsantritt im Januar 2015 eine Art Schonfrist erhielt, gab es erste größere Konflikte nach der Missachtung des Referendums und der Einigung mit den Gläubigern Griechenlands im Sommer vergangenen Jahres. Durch die jüngsten Räumungen in Thessaloniki vergrößerte sich der Bruch zwischen den Aktivisten und der Regierungspartei.

 

SYRIZA distanzierte sich später von den Räumungen der Hausprojekte. Die Beteuerungen der Linkspolitiker wurden von den Aktivisten aber nicht akzeptiert. »Es ist ein Offenbarungseid, dass die ›linke‹ SYRIZA-Regierung nun dazu übergegangen ist, solche selbstorganisierten Projekte mit Hilfe der Polizei in großem Stil zu zerstören«, sagte Florian Sommer. »Offenbar hat man sich endgültig vom Anspruch jeder emanzipatorischen Veränderung der Gesellschaft verabschiedet und begreift sich zynisch als Verwalter von Mangeln, Abschottung und Krise.«