Zivilcourage à la Bochum

Gegen Pro NRW

Lang hat es gedauert, bis auch nur eine einzige Zeile in der Bochumer Mainstream-Presse über die geplante Mahnwache von Pro NRW in der Dibergstraße in Bochum-Ehrenfeld gedruckt wurde. Ebenso ignorant sehen die Pressestimmen hierzu aus. Da muss sich schon die „Arbeitsgemeinschaft Bochumer Moscheen“ (AG.BoMo) in einer Pressemitteilung darum bemühen, überhaupt beachtet zu werden und erntet dafür nichts als blanke Missachtung und Hohn.

 

Da heißt es z.B. in der WAZ, „die Bochumer Moscheen [hätten] in den letzten Tagen bereits eine ganze Reihe von Solidaritätsbekundungen erfahren“. Als Beweis dafür wird angeführt, es gäbe eine vom SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel geplante „Moscheetour“, die auch im Gebetshaus an der Schmidtstraße halt machen würde. Laut WAZ sei das ein „Zeichen der Solidarität“. Völlig zurecht fragt sich da einE LeserIn in der Kommentarspalte, warum die Polit-Prominenz nicht zur Dibergstraße kommen würde. Hier zeigt sich doch nur, dass für die WahlkampfstrategInnen der SPD eine Moschee so gut wie die andere ist, um mal die „Muselmanen“ freundlich anzugrinsen. Das dürfte sich nicht zuletzt auch Pro NRW gedacht haben, als sie mit dem Dartpfeil auf die Stadtkarte zielten und die Islamische Gemeinde an der Dibergstraße für ihre rassistische Phrasendrescherei auserwählten. Der SPD-Vorsitzende ist ebenso wenig an „Solidarität mit den Moslems“ interessiert, wie ProNRW daran interessiert wäre, sich von den Sorgen der NRW-BürgerInnen „bewegen“ zu lassen. Beides hat einen Namen: Populismus! ... und die WAZ spielt schön mit. Tatsächlich aber beklagt sich die „AG.BoMo“ in ihrer Pressemitteilung über das „zurzeit angesagte Schweigen“ und mangelnde Unterstützung gegen die Mahnwache.

 

„Wir sind Bochum ...“

 

Gleichermaßen „betroffen“ gibt sich auch die Bochumer Lokalpolitik, angeführt von SPD-Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz, die erst ein paar Wochen ins Land ziehen ließ, bevor sie sich dazu bequemte, dem Vorstand des Islamischen Gemeinde Bochum e.V. eine Audienz zu gewähren – dummerweise war aber nur noch ein Termin am 30. März (sic!) frei, der kurze Zeit später auch wieder gecancelt wurde. Laut dem Internetportal „bo-alternativ“ ist dies wohl auf Anraten des Verfassungsschutzes geschehen; laut VS-Bericht steht die Islamische Gemeinde Bochum nicht mal unter Beobachtung. Jetzt hat also der Verfassungsschutz schon so viel Definititionshoheit in der Lokalpolitik darüber gewonnen, welchen Menschen der solidarische Schutz ihrer Freiheitsrechte angediehen werden lassen darf und welchen nicht: ja, Ottilie, die NPD darfste noch als Nazis beschimpfen, wie im Oktober 2008, aber lass die islamophoben PopulistInnen den MuslimInnen ruhig mal an die Gurgel gehen. Dann hat der Verfassungsschutz auch leichteres Spiel im „Kampf gegen den Terror“.

 

Irrungen und Wirrungen im Ehrenfeld

 

Flankiert wird diese Politik von der Bochumer Polizei, die sich nicht nehmen lassen wollte, selbst ins Ehrenfeld zu spazieren und die BürgerInnen vor den Antifa-Chaoten zu warnen, die da eine Gegenversammlung angemeldet hätten. Protestieren dürften die AnwohnerInnen natürlich aber sie sollten sich davor hüten, die „RechtsdemokratInnen“ von ProNRW als „Scheiß Nazis“ zu beschimpfen. Bei soviel Verwirrung verwundert es nicht, wenn MitarbeiterInnen des örtlichen Familienzentrums „Hand in Hand“ Antifaplakate mit Infozetteln überkleben, die ihrerseits paradoxerweise auch noch zur Teilnahme an der Antifa-Kundgebung aufrufen.

 

Ehrenfeld „gutbürgerlich“

 

In dem örtlichen Anzeigenblättchen "Der Ehrenfelder" wurden in dieser Woche die AnwohnerInnen von Bochum-Ehrenfeld über die anstehende "Mahnwache" von Pro NRW informiert. Im Artikel "Bürger wehren sich gegen Rechte" wird die Falschbehauptung aufgestellt, es hätte sich ein "breites Bündnis" zusammengetan um den "Anfängen im Ehrenfeld [zu] wehren".

 

Hierzu stellen wir fest, dass allein unabhängige AntifaschistInnen seit Wochen zu den Protesten mobilisieren. Von den im Artikel großzügig als DemokratInnen Bezeichneten - vermutlich sind hiermit die örtlichen Parteiverbände gemeint - gab es keinerlei Interesse, sich in irgendeiner Form an der Mobilisierung zu beteiligen. Außerdem gibt es keinen gesonderten Treffpunkt des "Bündnis gegen Rechts" (BGR). Der Treffpunkt, der im Artikel angegeben wurde, ist der Versammlungsort der AJB!

 

Mal abgesehen von der mangelnden Sensibilität, sich nicht mal mit den Menschen in der betroffenen Gemeinde zu unterhalten, lehnen wir die Vorab-Kriminalisierung von AntifaschistInnen im letzten Abschnitt entschieden ab. Die Autorin sollte sich vor Augen führen, dass es - sowohl in Köln als auch zuletzt in Dresden - dem entschlossenen zivilen Ungehorsam zu verdanken ist, welcher den Nazis den öffentliche Raum versagte. Von "Lichterketten" und BratwurstwenderInnen lassen sich rechtsradikale DemagogInnen selten beeindrucken.

 

Antifaschismus lässt sich nicht vereinnahmen!

 

Aus gegebenem Anlass und aufgrund von Erfahrungen in der Vergangenheit in Bochum möchten wir somit noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass National- und Religionsfahnen, und insbesondere Parteifahnen, bei unseren Versammlungen nichts zu suchen haben. Die Parteien können sich getrost andere Deppen suchen, die für sie ihre Wahlkampfplattformen errichten. Das BGR hat ihnen in den letzten Jahren jedenfalls gute Dienste erwiesen.

 

"Es gibt nichts gutes, außer man tut es!"

(Erich Kästner)

 

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