Islamfeindlichkeit im AfD-Programm: Ohne Abstimmung geändert

Erstveröffentlicht: 
06.06.2016

Das AfD-Programm will Lehrstühle für islamische Theologie abschaffen. Über diesen Passus wurde auf dem Parteitag aber gar nicht abgestimmt.

 

Von Sabine am Orde, Innenpolitik

 

BERLIN taz | | Die AfD will eine staatliche Zulassung für Imame einführen. Die Voraussetzung: ein vorbehaltloses Bekenntnis zum Grundgesetz und Predigten auf Deutsch. Die Lehrstühle für islamische Theologie an den deutschen Universitäten will die rechtspopulistische Partei abschaffen. So steht es in ihrem neuen Grundsatzprogramm. Gibt es Kritik, betont Parteichefin Frauke Petry gerne, es sei „ein demokratisch beschlossenes Programm“ – auch wenn das nichts über die Verfassungswidrigkeit mancher AfD-Ziele aussagt. Doch für diese Passage gilt selbst das nicht. Über sie wurde nach Recherchen der taz auf dem Parteitag schlicht nicht abgestimmt.

 

Im Programmentwurf der zuständigen Parteikommission, der die Diskussionsgrundlage auf dem Parteitag in Stuttgart Ende April war, heißt es unter der Rubrik „7.6.3 Auslandsfinanzierung von Moscheen beenden“: „Imame sollen in deutscher Sprache an deutschen Universitäten ausgebildet werden, unabhängig von Weisungen des islamischen Auslands und muslimischen Verbänden.“ Diese Formulierung ist im Programm, das die Partei vor zehn Tagen endlich veröffentlicht hat, nicht mehr zu finden. Stattdessen steht dort nun jene Passage, die unter anderem die Lehrstühle, an denen die Imame in Zukunft ausgebildet werden könnten, abschaffen will.

 

Dies geht auf den Änderungsantrag mit der Nummer 1197 zurück. Gestellt hat ihn Hans-Thomas Tillschneider. Dieser, selbst Islamwissenschaftler, sitzt neuerdings im Landtag in Magdeburg. Er gehört zum rechten Rand der AfD, ist Sprecher der Patriotischen Plattform und trat jüngst als erster AfD-Funktionär auf einer Pegida-Demonstration auf. Dort schlug er Gründer Lutz Bachmann, frisch wegen Volksverhetzung verurteilt, für das Bundesverdienstkreuz vor.

 

Tillschneider hat viele Verschärfungen des Programmentwurfs beantragt, eine von ihnen wurde angenommen. Mit seinem Antrag 1197 aber befasste sich der Parteitag gar nicht. Das bestätigte Albrecht Glaser, Vizechef der AfD und Vorsitzender der Programmkommission, auf Anfrage der taz. Er will zunächst nicht glauben, dass es dennoch die entsprechenden inhaltlichen Veränderungen gegeben hat. Er habe von einer Unregelmäßigkeit gehört, sagt Glaser, sei aber davon ausgegangen, dass es um eine „rein sprachliche Verbesserung“ gegangen sei, die redaktionell sinnvoll sei. Glaser weiter: „Falls da wirklich ein Fehler aufgetaucht ist, wird das verändert.“

 

„Wenn das so ist, wie beschrieben, wurde dieser Passus nicht wirksam in das Programm aufgenommen“, sagt Alexandra Bäcker, Parteienrechtlerin an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Konsequenzen aber habe das nur, wenn jemand aus der AfD selbst aktiv wird.