Pläne der rechten Szene fliegen auf

Erstveröffentlicht: 
16.03.2010

Skinhead-Konzert von Stallhaus Germania in Mühlacker ist nach Veröffentlichungen erst einmal geplatzt

Eigentlich wollte die rechtsgerichtete Gruppierung Stallhaus Germania mit Bands wie „Faustrecht“, „Angry Boot Boys“ und „Devil’s Project“ über Pfingsten in Mühlacker ihr zehnjähriges Bestehen feiern. Doch das Konzert ist nach Informationen unserer Zeitung geplatzt. Mühlacker bleibt ein Aufmarsch der Neonazis erspart.


Von Frank Goertz

Mühlacker. Ein antifaschistisches Netzwerk aus Freiburg hat nicht nur die Konzertpläne ans Tageslicht gezerrt, sondern auch die Strukturen der Szene in der Region – bis hin zu persönlichen Details –  im Internet veröffentlicht und damit selbst den Staatsschutz überrascht und offensichtlich unter Zugzwang gesetzt.

 Wie einer der Mitveranstalter des Konzerts von Stallhaus Germania berichtet, habe er am Montagmorgen kurzfristig Besuch von der Polizei bekommen. „Das einfachste Mittel ist es, mit dem Veranstalter zu reden“, sagt Polizeisprecher Michael Sengle. „Doch letzten Endes können wir so ein Konzert auf Privatgelände nicht untersagen. Wir können nur durch intensive Polizeipräsenz die An- und Abfahrt kontrollieren und beispielsweise nach verbotenen Gegenständen suchen.“

 Durch den überregionalen Bekanntheitsgrad der Band „Faustrecht“ hätte die Polizei in Mühlacker viel zu tun gehabt. Wie die Autonomen Antifaschisten Freiburg vermuten, wären mehrere hundert Neonazis zu dem Konzert nach Mühlacker gekommen. Der Hauptorganisator des Konzerts soll bei den Verhandlungen mit den Bands damit geworben haben, dass die Polizei nicht allzu scharf kontrolliere und somit ein reibungsloser Ablauf sichergestellt sei. „Das ist völliger Quatsch“, wehrt Michael Sengle von der Polizeidirektion Pforzheim ab. „Die wissen genau, dass wir unseren gesetzlichen Pflichten nachkommen.“

Verfassungsschutz rechnet Stallhaus zur Skinhead-Szene

 Nach den detaillierten Veröffentlichungen des Freiburger Netzwerks, das unter anderem persönliche Daten von Stallhaus-Mitgliedern bis hin zu Kontonummern, Adressen und Arbeitsplatz publik machte, hat die rechtsgerichtete Gruppe ihre Pläne offenbar geändert. „Das Konzert findet nicht in Mühlacker statt“, sagt einer der Mitveranstalter. „Wir weichen nach Österreich oder in die Schweiz aus – zu einem anderen Termin als Pfingsten.“

 Die ganze Aufregung um die Konzerte von Stallhaus Germania, die regelmäßig in der Region die Polizei auf den Plan rufen, versteht das Mitglied der Gruppierung überhaupt nicht: „Wir sind doch alles normale Leute, Handwerker, Familienväter.“ Seine Gesinnung beschreibt er als „national“, aber mit Gewalt habe Stallhaus Germania nichts am Hut. Die Auftritte der Band „Faustrecht“, die zum zehnjährigen Bestehen von Stallhaus Germania spielen soll, sprechen jedoch eine andere Sprache. „Blut knüppelhageldick“ betitelte die Süddeutsche Zeitung den Bericht zu einem Skinhead-Festival in Belgien, bei dem Faustrecht-Frontmann „Nogge“ gegen „zionistische Bastarde“ hetzt, gegen Aussteiger, die die rechte Szene verlassen wollen, und gegen „die Menschen, die uns – die weiße Rasse –  zerstören wollen“.

 Zu einer völlig anderen Einschätzung als dem nach außen getragenen Selbstbild von Stallhaus Germania als „normale Leute“ ist auch das Innenministerium vor einigen Monaten auf eine Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Thomas Knapp gekommen, der sich nach rechtsextremistischen Aktivitäten in der Region erkundigt hat. „Sowohl der zunehmend neonazistisch ausgerichtete ,Heidnische Sturm Pforzheim‘ als auch ,Stallhaus Germania' sind der rechtsextremistischen Skinheadszene zuzuordnen, die aufgrund ihres ausgeprägten Rassismus und Antisemitismus sowie einer unverhohlen zur Schau getragenen Fremden- und Ausländerfeindlichkeit Beobachtungsobjekt des Bundesamts für Verfassungsschutz und der Landesbehörden für Verfassungsschutz ist“, schreibt Innenminister Rech wörtlich.   Mitglieder des Heidnischen Sturms und von Stallhaus Germania seien durch Straftaten und Körperverletzungen in Erscheinung getreten.

Stallhaus klagt gegen „Schikane“ in Knittlingen

 „Wir werden in eine Schublade gesteckt“, klagt hingegen ein Stallhaus-Mitglied. „Von uns ist noch nie einer verurteilt worden.“ Auf Nachfragen muss er zwar zugeben, dass es im Sommer 2007 bei einem privaten Grillfest in Illingen Randale gegeben hat, bei der Personen schwer verletzt und die beiden Täter später zu Haftstrafen verurteilt wurden, aber: „Die waren nicht von uns.“ Wobei das Stallhaus-Mitglied in diesem Fall Recht hat. Die Täter stammten aus der Gruppierung „Weiße Rebellion“ aus dem Raum Karlsruhe, Heidelberg und Heilbronn, die gemeinsam mit Stallhaus gefeiert hatte.

 Stallhaus Germania bemüht aber auch selbst die Justiz – als Kläger. So steht im April am Verwaltungsgericht ein Prozess an, den die Gruppierung angestrengt hat. Dabei geht es um die Vorgänge in Knittlingen im Sommer 2008, als Stallhaus auf einem Privatgrundstück feiern wollte, nach eigenen Angaben mit dem Pächter des Grundstücks einen Mietvertrag hatte, bis der Eigentümer der Grundstücks in Gestalt des Geschäftsführers des Evangelischen Jugendwerks gemeinsam mit Staatsschutz und Polizei anrückte, um sein Hausrecht durchzusetzen und die Feier zu beenden. Dies empfinden Stallhaus-Vertreter als „Schikane“ und haben Klage eingereicht.

 Auch die Antifaschistische Initiative Freiburg muss unter Umständen mit einer Klage aus dem Umfeld von Stallhaus rechnen. „Unser Rechtsanwalt prüft die Sache.“ In einem ähnlich gelagerten Fall hat die Staatsanwaltschaft hier zumindest einen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz gesehen und gegen die Linken ermittelt.