Gauck bei Katholikentag in Leipzig: Angst vor Fremden unbegründet

Erstveröffentlicht: 
26.05.2016

Am Donnerstag wurde viel diskutiert auf dem Katholikentag. Im Mittelpunkt: die Flüchtlingsdebatte. Bundespräsident Joachim Gauck warnte vor Angst gegenüber Fremden und Thüringens Ministerpräsident Ramelow sieht die Flüchtlingskrise als gemeinsame Bewährungsprobe.

 

Leipzig. Bundespräsident Joachim Gauck hat „eine neue Ängstlichkeit“ in Deutschland beklagt. Angst vor dem Fremden sei zwar allen Gesellschaften irgendwo eigen, aber die Erfahrung zeige, dass sie oft unbegründet sei, sagte das Staatsoberhaupt am Donnerstag beim Katholikentag in Leipzig. Leider werde die Angst zurzeit in Deutschland von Leuten ausgenutzt, die „ihr eigenes Süppchen kochen“ und „Hysterie“ verbreiten wollten.

 

„Ein wirklich sprechendes Beispiel dafür sind die Zusammenkünfte in Teilen von Sachsen“, sagte Gauck mit Blick auf die Demonstrationen der islamfeindlichen Pegida-Bewegung. Dabei lebten in dem Bundesland bekanntermaßen nur sehr wenige Ausländer und Muslime. Dort wo bereits viele Moscheen stünden, etwa in Nordrhein-Westfalen und im Großraum Stuttgart, gebe es keine oder viel weniger Vorbehalte. Die Menschen dort lebten eben schon seit vielen Jahrzehnten mit ehemals Fremden zusammen und hätten diese als Bereicherung erfahren.

 

Tausende Besucher kamen am Nachmittag in die Arena Leipzig. Die Veranstaltung mit Bundespräsidenten Joachim Gauck lief unter dem Titel „Wie wollen wir leben?“ 

 

Ramelow: Flüchtlingskrise als gemeinsame Bewährungsprobe


Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) kam am Donnerstag auf dem Katholikentag. Bei einer Diskussionsrunde äußerte er sich zur Flüchtlingsdebatte, die er als gemeinsame Bewährungsprobe für Christen und konfessionslose Menschen sieht. „Im Moment erleben wir in der größten Herausforderung unseres Landes Menschen, die wachsen, die nach einem Wertekanon agieren, der ihnen so bisher nicht bewusst war“, sagte der bekennende evangelische Christ am Donnerstag auf dem Katholikentag. Er verwies auf das Engagement vieler Menschen für die Zuwanderer. „Das ist eine Herausforderung, in der wir alle wachsen können, egal ob wir Christen sind oder nicht.“

 

Ramelow berichtete bei einer Diskussionsrunde vom - letztlich erfolgreichen - Widerstand von rund 70 Menschen gegen die Abschiebung einer seit längerer Zeit in Thüringen lebenden albanischen Familie. Dabei habe sich in der Menschlichkeit eine ganz neue Verbindung zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen gezeigt.

 

Er erinnerte an den Zuzug von einer Million Flüchtlingen nach Deutschland im vergangenen Jahr und plädierte für pragmatische Entscheidungen bei ihrer Integration. „Wenn jemand trotz Aussichtslosigkeit einen Asylantrag gestellt hat und Arbeit findet, dann sollte er den Antrag zurückziehen können und stattdessen eine Arbeitserlaubnis bekommen.“ 

 

Arbeitsministerin Nahles: Reiche sollen Steuern zahlen statt spenden


Auch Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) kam am Nachmittag in die Arena. Sie diskutierte über den verantwortlichen Umgang der Kirche mit ihrem Vermögen. Nahles sprach sich gegen Millionenspenden von reichen Menschen und für reguläre Steuerzahlungen aus. „Ich will diese Form der Reichstumsverteilung nicht“, sagte mit Blick auf öffentlichkeitswirksam getätigte Spenden von Internet-Unternehmern. Stattdessen sollte Reichtum besteuert werden, so dass der Staat über die Verteilung entschieden könne.

 

Am Freitag werden etliche hochrangige Politiker in Leipzig erwartet, darunter Bundestagspräsident Norbert Lammert, Bundesinnenminister Thomas de Maizière, Kanzleramtsminister Peter Altmaier (alle CDU) und die Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz (SPD).