Gall-Tortenwerfer muss Schmerzensgeld bezahlen

Erstveröffentlicht: 
11.05.2016

Nach dem Wurf einer Sahnetorte auf den scheidenden baden-württembergischen Innenminister Reinhold Gall (SPD) hat das Ludwigsburger Amtsgericht den Totenwerfer am Mittwoch zur Zahlung von Schmerzensgeld und Anwaltskosten verurteilt.

 

Die Summe beläuft sich auf 1300 Euro Schmerzensgeld und 201,71 Euro Anwaltskosten plus Zinsen. Der Mann hatte Gall bei einer Tagung der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg am 7. Februar 2014 attackiert.


Damit hat der 39-jährige Polizeibeamte mit Dienstanschrift in Göppingen seine am 20. August 2014 eingereichte Zivilklage gegen den Tortenwerfer gewonnen. Er bekam aber nicht alles, was er gefordert hatte. Verlangt hatte der Polizist 2000 Euro Schmerzensgeld. Er war beim Aufspringen mit einem Mikrofonständer kollidiert und hatte sich dabei eine Risswunde am Schienbein zugezogen.


Als er den damals 20-jährigen Tortenwerfer packen wollte, erlitt er außerdem einen Kapselriss am Finger. An Schadensersatz hatte der Polizeibeamte ursprünglich 225 Euro für seine zerrissene Anzugshose, seinen Zeitaufwand, sein Porto und seine Anwaltskosten geltend gemacht.


Noch-Innenminister Gall hatte nach dem Tortenwurf gar keine Strafanzeige erstattet, sondern die Himbbeersahnetorte auf seinem Anzug lediglich mit den Worten kommentiert, „ich wüsste gerne, wer die Torte gebacken hat“. Die Staatsanwaltschaft Heilbronn warf dem Tortenwerfer aber Nötigung, versuchte Körperverletzung und versuchte Sachbeschädigung vor. Der damals 20-Jährige aus dem Hohenlohekreis bekam einen Strafbefehl mit Verwarnung und einer Geldbuße in Höhe von 2000 Euro.


Dagegen legte der Krankenpfleger und Antifaschist Einspruch ein, worauf es zur öffentlichen Strafgerichtsverhandlung vor dem Amtsgericht Öhringen kam. Er erreichte einen Freispruch von der Sache mit Innenminister Reinhold Gall. Verurteilt wurde der Tortenwerfer nur wegen des verletzten Polizeibeamten, und zwar zu 1000 Euro Geldstrafe. Der Öhringer Amtsrichter sprach von einer „Verletzung im Bagatellbereich, aber mit hoher Öffentlichkeitswirksamkeit“. Der Personenschützer des Ministers sei durch den Tortenwurf auch ein Stück weit herausgefordert worden. 


Im Nachklang kritisierten Abgeordnete das Urteil des Öhringer Amtsrichters, Lutz Göpfert, dafür, dass es als Freibrief für Tortenwürfe auf Politiker verstanden werden könnte. Staatsanwalt Harald Lustig wollte „die Sache klären lassen“. Die Staatsanwaltschaft hielt weiterhin an der versuchten Körperverletzung, Sachbeschädigung und Nötigung zum Nachteil des Ministers fest und legte Berufung ein. Das tat auch der Tortenwerfer wegen der 1000 Euro für den Personenschützer.


Zur Verhandlung vor dem Heilbronner Landgericht kam es aber nicht, weil beide Seiten die Berufung überraschend wieder zurücknahmen. Die fehlende Anzeige Galls gegen den Tortenwerfer hatte die Strafverfolgung sowieso von Anfang an erschwert, und der Tortenwerfer hatte sich wohl keine Aussicht auf Erfolg mehr versprochen.


Der Prozess wurde abgesagt, damit war Verfahren strafrechtlich beendet. Bis zum zivilrechtlichen Ende des Tortenspektakels um den 22-Jährigen, der heute in Heibronn lebt, sollte es noch 14 Monate dauern. So lange ging der Schriftverkehr zwischen den Parteien hin und her, an denen das Zivilgericht mit Bemühungen um einen Vergleich scheiterte.