Auslieferungen mit dem EU-Haftbefehl waschen rechtswidrig erlangte Beweise rein

Erstveröffentlicht: 
10.02.2016

„Die Bundesregierung bagatellisiert das Problem, dass die aufgrund eines Europäischen Haftbefehls von Deutschland ausgelieferten Personen anschließend von Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung betroffen sein könnten. Dies ist besonders gravierend wenn die Bundesregierung an Staaten ausliefert, die schon bei den Ermittlungen für den Haftbefehl Folter oder Zwang einsetzen“, erklärt der europapolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag Andrej Hunko.Die Zahl der nach dem Europäischen Haftbefehl Ausgelieferten steigt weiter. In 2014 wurden 1.197 Personen an den Ausstellungsstaat überstellt. Unter ihnen waren 39 deutsche Staatsangehörige, auch diese Zahl nimmt weiter zu. Die Zahl der von der Bundesregierung ins Schengener Informationssystem eingestellten EU-Haftbefehle pendelte sich 2014 mit 2.219 Personen wieder auf hohem Niveau ein.


Andrej Hunko weiter:

„Laut der Antwort sind die praktischen Probleme der Haftbefehle und Überstellungsverfahren nicht restlos behoben. Dies betrifft die mitunter fehlende Verhältnismäßigkeit, die lange Bearbeitungsdauer oder die zu kurze vorgegebene Frist.

Nach der Umsetzung des Rahmenbeschlusses in 2009 werden Auslieferungsersuchen für ausländische Staatsangehörige nur oberflächlich geprüft. Wie problematisch das ist, zeigt der Fall des nach Frankreich abgeschobenen Tomás Elgorriaga Kunze. Nach seinen Aussagen wurde er in Spanien in Isolationshaft gefoltert und misshandelt, weshalb er das Land verließ und in Deutschland untertauchte.

Ausgeliefert wurde der spanische Staatsangehörige zunächst an Frankreich. Ich fürchte, dass Herr Elgorriaga Kunze nun nach Spanien ‚durchgereicht‘ wird, womit er in die Hände seiner früheren Folterer fallen könnte.

Die Regierung Spaniens wurde vor einem Jahr ein weiteres Mal durch den UN-Ausschuss gegen Folter gerügt. Auch Amnesty International kritisiert, dass die Definitionen für Folter und Verschwindenlassen in der spanischen Gesetzgebung nicht internationalen Menschenrechtsstandards genügen.

Es handelt sich bei der Auslieferung von Herrn Elgorriaga Kunze also um einen Fall von besonderer politischer und rechtlicher Bedeutung. Die zuständigen Landesjustizbehörden hätten das Bundesamt für Justiz darüber informieren müssen. Stattdessen wurde Herr Elgorriaga Kunze in einer Nacht-und-Nebel-Aktion ohne Information seiner Anwälte ausgeliefert. Seine Versuche, politisches Asyl zu beantragen, wurden ignoriert.

Das mit dem Europäischen Haftbefehl deutlich verkürzte und vereinfachte EU-Auslieferungsverfahren gehört deshalb auf den Prüfstand“.