Lucke sammelt Unterschriften für neue Partei

Lucke sammelt Unterschriften für neue Partei
Erstveröffentlicht: 
08.01.2016

Ex-AfD-Chef wirbt für Alfa − 150 Unterstützer pro Wahlkreis braucht er mindestens.

 

Die meisten Menschen an diesem sonnigen Wintermorgen laufen an ihm vorbei und wissen nicht, wer er ist. Professor Bernd Lucke (53) ist in Öhringen kein Gesicht mit Wiedererkennungswert. Nicht als Gründer der AfD und deren Ex-Chef. Nicht als Kopf der neuen Partei Alfa (Allianz für Fortschritt und Aufbruch). Das soll sich ändern. Damit die neue Partei Alfa am 13. März auf den Stimmzetteln stehen darf, ist er am Donnerstag mit Dr. Jan Rittaler (56), dem Kandidaten für den Wahlkreis Neckarsulm, und Andreas Hoffer (36) aus Heilbronn in Öhringen unterwegs. Für Schwäbisch Hall kandidiert Julian Brosch (30) aus Untergruppenbach und für den Hohenlohekreis Mathias Heinzmann (41) aus Leingarten − so es bis 14. Januar gelingt, 150 Unterschriften pro Wahlkreis zu sammeln.

Unaufdringlich wirken sie, Bernd Lucke wie Jan Rittaler. In grünem Mantel und grüner Cordhose der Parteigründer aus dem hohen Norden, in blauer Barbour-Jacke und mit schwarzer Hornbrille der Unternehmensberater aus Neckarwestheim. Konservativ-liberal sind ihre Themen. Im Spannungsfeld von CSU und FDP sieht Rittaler Alfa aufgestellt. "Und auch der CDU", ergänzt Lucke. "Schließlich war ich dort 32 Jahre lang Mitglied".

Auswahl

Vergangenheit ist auch seine Zeit bei der AfD. "Wer einen Wandel will, aber nicht sagt, wie der aussieht, ist mir suspekt", kritisiert Rittaler die Verschwörungstheoretiker und Putin-nahen Kritiker Europas. Ganz deutlich beginnt hier die Abgrenzung. "Nicht so schwarz-weiß" will Lucke die Politik in Sachen Asyl gestaltet wissen.

Eine "atmende Obergrenze" schwebt ihm vor. Sämtliche Kosten sollen vom Bund übernommen werden. Die Städte und Landkreise, so seine Idee, erklären, wie viele Migranten von ihnen untergebracht und integriert werden können. Für alle anderen gelte: Das Dublin-Verfahren müsse wieder umgesetzt werden. Befriedete Bezirke in heimatnahen Regionen sollen den Zustrom zügeln.

Eine geregelte Zuwanderung nach kanadischem Vorbild schwebt ihnen vor. "Wir müssen auswählen", sagt Lucke. Bei den Wirtschaftsflüchtlingen nach den Anforderungen der Wirtschaft. Bei den Kriegsflüchtlingen nach den hilfsbedürftigsten und den verwundbarsten: Frauen, Kinder, Familien und Kriegsversehrte zuerst. Was Lucke in den Gesprächen mit den Bürgern überraschte: "Es geht vor allem um Themen wie Rente und Gesundheitsvorsorge." Sicher spiele da das Flüchtlingsthema rein. "Aber das muss man von der Neiddebatte lösen", argumentiert Lucke.

Vorsicht

Warum er in Öhringen Unterstützer sucht? Womöglich wegen der Demonstrationen des Bündnisses "Hohenlohe wacht auf"? "Davon habe ich noch nichts gehört", erklärt Lucke. Er sei in Öhringen, weil die Großmutter seiner Frau hier lebte. Rittaler dagegen weiß von den Demos. Bei neuen Mitgliedern sind die Alfa-Leute vorsichtig: "Wir nehmen nur Personen auf, die nicht extremistisch sind, die nicht gegen Asyl sind und die nicht fremdenfeindlich sind", erklärt Lucke.

Neue Mitglieder, die sie nicht kennen, kommen auf die Gästeliste. "Anders ginge es schneller", sagt Rittaler. "Doch das ist nun unsere letzte Chance", erinnert Lucke an das Scheitern mit der AfD. Auch damals zielte er auf liberale Wähler, musste sich aber Strömungen vom rechten Rand geschlagen geben. "Wir sind gebrannte Kinder."