Der Zündler mit den zwei Gesichtern

Erstveröffentlicht: 
09.12.2015

Einer der Brandstifter vom Rauhental gibt Rätsel auf. Er hörte linke Punk-Musik, ist aber auch mit Pegida verflochten.

 

Meißen. Die Täter kamen aus der unmittelbaren Nachbarschaft. Nur ein paar Schritte trennen das Wohnhaus der Brandstifter Rauhentalstraße 23 von der im Juni dieses Jahres durch sie angezündeten Flüchtlingsunterkunft Rauhentalstraße 14. So eng die Häuser beieinanderliegen, so tief muss der Hass bei den zwei Meißner Zündlern gegen ihre künftigen Mieter und Nachbarn gesessen haben.

 

Die beiden geständigen Täter Eric P. und Daniel Z. aus Meißen hätten in Kauf genommen, dass das Feuer auf die angrenzenden Wohngebäude übergreifen konnte, heißt es von der Staatsanwaltschaft Dresden. „Sie wussten dabei, dass sich zu dieser Uhrzeit eine unbestimmte Anzahl von Menschen in den angrenzenden Wohnungen aufhielten“, so Oberstaatsanwalt und Sprecher Lorenz Haase. Ihnen sei klar gewesen, dass völlig Unbeteiligte durch das Feuer in Gefahr für Leib und Leben gerieten. Trotzdem legten Daniel Z. und Eric P. den Brand. Was mag sie zu dieser Gewalttat getrieben haben?

 

Ein Foto lässt uns in das Gesicht des derzeit in Untersuchungshaft sitzenden 37-jährigen Eric P. blicken. Ein mehrfach gepiercter junger Mann schaut mit warmen braunen Augen und freundlich lächelnd in die Kamera. Auf einer anderen Aufnahme posiert er mit glänzendem Stahlhelm und martialischem Gestus.

 

Weitere Widersprüche tun sich auf. Auf P.’s Youtube-Kanal findet sich unter anderem der Titel „Kleiner Terrorist“ der Punk-Band „Fahnenflucht“. Das Anhören des Songs lohnt sich. Der Text liefert aufschlussreiches Material: „Ich wär’ so gern ein Terrorist, der in der Zeitung steht“, heißt es darin, und weiter: „Ich will Springer anzünden, Kaufhäuser sprengen ...“ Assoziationen zu den Taten der Roten Armee Fraktion werden geweckt. „Fahnenflucht“ ist eher in der linken und antirassistischen Szene zu verorten.

 

Ins rechte Spektrum abgedriftet

 

Die positive Bewertung des Brandstifters für den Punk-Song liegt allerdings bereits drei Jahre zurück. SZ-Informationen zufolge soll Eric P. spätestens ab 2014 ins rechte Spektrum abgedriftet sein. Tatsächlich mehren sich bereits ab 2013 auf seinem Facebook-Profil Einträge wie: „Dieses Land ist eine Mülltonne geworden, und es wird Zeit das endlich mal wieder Ordnung in das Chaos kommt“. Im Juli 2013 stellt Eric P. lapidar fest: „Deutsch sein, ist kein Verbrechen.“ Im Frühjahr 2013 nehmen zudem die Kommentare des späteren Pegida-Mitorganisators Enrico Schneider zu. Der Ton verrät, dass sich die beiden Facebook-Freunde näher kennen. Schneiders Foto-Firma sitzt laut Impressum auf der Rauhentalstraße 30, also erneut nur wenige Meter vom Wohnhaus Eric P.’s sowie dem Brandhaus in der 14 entfernt. Auf eine schriftliche und telefonische Anfrage der SZ hin lehnte Schneider jeden Kommentar ab. Die SZ hatte angefragt, wie er zu seinem Facebook-Freund stehe und was er zu dessen Festnahme als Brandstifter sage.

 

Distanziert äußert sich dagegen der frühere Meißner Pegida-Mitorganisator Thomas Tallacker. Eric P. habe ihm irgendwann einmal eine Freundschaftsanfrage geschickt, so der Ex-CDU-Stadtrat. Er kenne ihn jedoch nicht näher. Den Brandanschlag auf die Flüchtlings-Unterkunft bezeichnet Tallacker als „idiotisch“.

 

Eine wichtige Rolle in Eric P.’s Radikalisierung könnten Mitmieter im Haus Rauhentalstraße 23 sowie sein Bruder Stefan gespielt haben. Ihre Facebook-Profile weisen einen kruden Mix rassistischer, antisemitischer und islamfeindlicher Beiträge auf. Zur Freundesliste von Stefan P. zählen die zwei Mitgründerinnen der Initiative „Heimatschutz“ Anne Zimmermann sowie Nancy Kanzok.

 

Auf ihrer offiziellen Seite bei Facebook hatten sich die rechtsradikalen „Heimatschützer“ zwar von dem Brandanschlag und seinen Urhebern distanziert. An anderen Stellen, wo die Hetzer unter sich zu sein glauben, wird dagegen unverhohlen Sympathie für die Zündler geäußert.

 

In einem der SZ vorliegenden Beitrag schreibt etwa der Meißner „Heimatschutz“-Sympathisant und AfD-Aktivist Sandro Simniok, irgendwann würde jeder Mensch durchdrehen, wenn er „vom Gutmensch beleidigt und den Linksfaschisten und geistigen Brandstiftern provoziert“ werde. Er sei in Gedanken bei den Familien der Täter des Brandanschlages auf das Mietshaus Rauhentalstraße 14.