Erneut harte Strafen für Dresdner Hooligans

Erstveröffentlicht: 
23.11.2015

Die Verteidiger werden das Urteil anfechten – und die Staatsanwaltschaft will bis zu 40 weitere Verdächtige anklagen.

Von Alexander Schneider

 

Bei Hooligan-Schlägereien verstehen Dresdner Richter keinen Spaß. Auch in einem zweiten Prozess gegen die Anführer der sogenannten Hooligans Elbflorenz vor dem Landgericht Dresden erhielten die Angeklagten jetzt unerwartet harte Strafen. Yves L., ein 39-jähriger Versicherungsmakler, muss für drei Jahre und zehn Monate ins Gefängnis – wegen Rädelsführerschaft einer kriminellen Vereinigung und gefährlicher Körperverletzung. Die beiden Mitangeklagten erhielten eine Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten und eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren.

 

In ihrem ersten Prozess waren die Männer nur geringfügig härter verurteilt worden – Ende April 2013. Der Schuldspruch der Staatsschutzkammer hat Rechtsgeschichte geschrieben. Erstmals wurden fünf Fußball-Schläger – die Führungsriege der Hooligans Elbflorenz – wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung verurteilt. Die Männer verbinde die Faszination für körperliche Gewalt und eine rechtsextreme Gesinnung, sie wollten die Vorherrschaft im Raum Dresden. Sie organisierten nicht nur einvernehmliche Hooligan-Kämpfe, sondern auch Prügeleien jenseits von Fußballspielen und gezielte Überfälle auf andere Gruppen. Selbst die Einwilligung in einvernehmliche Massenschlägereien sei sittenwidrig und daher strafbar.

 

Natürlich ließen die Verteidiger das Urteil vom Bundesgerichtshof prüfen. Der bestätigte die Dresdner Entscheidung im Januar 2015 weitgehend, verwies die Sache aber im Fall der drei Angeklagten zurück ans Landgericht. Dort sollte jedoch nur das Strafmaß neu bestimmt werden.

 

Oberstaatsanwalt Jürgen Schär, Chef der Staatsschutzabteilung, nennt das neue Urteil eine „harte, aber gerechte Strafe“. Seit zehn Jahren beobachte er, dass sich Rechtsextremisten, etwa Anhänger der verbotenen Skinheads Sächsische Schweiz (SSS), „zunehmend in Hooligan-Zusammenhängen tummelten“. Sie beteiligten sich an Fußball-Ausschreitungen und gingen mit Gewalt gegen die Polizei vor. Der geplante Überfall von 60 bis 80 Vermummten auf türkische Dönerläden in der Dresdner Neustadt im Juni 2008 sei der Ausgangspunkt für die Ermittlungen gegen die Hooligans. „Gegen solche organisierten Strukturen kann man nur vorgehen, indem man das Konzept der Strukturverfahren auf Hooligans ausdehnt“, so Schär. Er meint den Tatbestand Bildung einer kriminellen Vereinigung, mit dem zuvor etwa die SSS und die rechtsextreme Schlägergruppe „Sturm 34“ verfolgt worden waren.

 

Mit der neuen Rechtslage seien Hooligans einfacher zu verfolgen, selbst für einvernehmliche Kämpfe auf der grünen Wiese. Schär spricht von erheblichen Verletzungsfolgen solcher Kämpfe, hinzu käme die abstrakte Gefährdung der Allgemeinheit durch solche Schlägereien. Die Staatsanwaltschaft will nun weitere Hooligans anklagen. Etwa zehn der rund 40 Verdächtigen sollen sich auch vor der Staatsschutzkammer wegen Mitgliedschaft in der kriminellen Vereinigung verantworten.

 

Yves L. sagte im jüngsten Prozess, er hätte mit seinem „Hobby“ sofort aufgehört, wenn er gewusst hätte, dass solche Kämpfe eine Straftat seien. „Ich dachte, es sei nicht erwünscht.“ Sein Verteidiger Martin Wissmann nennt das Strafmaß „fernab von Gut und Böse“. Er spricht von einem „politischen Urteil“, mit dem die Richter möglicherweise angesichts von Pegida und Ausschreitungen vor Asylunterkünften ein Signal setzen wollten. Das habe aber nichts mit diesem Verfahren zu tun. Wissmann habe eine deutlich geringere Strafe erwartet. Das Gericht habe auch die Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Sein Mandant sei nicht vorbestraft und müsse sich seit mehr als vier Jahren in dieser Sache verantworten: „Wenn schon die Gerichte so lange brauchen, um ein Urteil zu finden, wie sollten dann die Angeklagten erkennen, dass sie sich strafbar gemacht haben?“

 

Die Verteidiger aller drei Angeklagten kündigten an, die Urteile erneut anzufechten. Sie hoffen auf Milde beim Bundesgerichtshof (BGH). Unabhängig davon ist noch eine Verfassungsbeschwerde gegen die BGH-Entscheidung vom Januar offen. In dem ersten Dresdner Hooligan-Verfahren ist also längst noch kein Ende in Sicht.