"Identitäre" sagen Demonstration in Spielfeld wieder ab

Erstveröffentlicht: 
25.10.2015

 Laufende Weitertransporte von ankommenden Flüchtlingen an der Grenze Wien/Spielfeld/Ljubljana/Rigonce –In der Spielfelder Sammelstelle ist Sonntag früh wieder der Transport von Hunderten Flüchtlingen in Notquartiere in ganz Österreich angelaufen. Etwa 2.500 Menschen hatten die Nacht vorwiegend in den beheizten Zelten verbracht. Um 5.45 Uhr war ein erster Sonderzug mit etwa 200 Menschen Richtung Salzburg losgefahren. Eine geplante Demonstration der "Identitären" am Montag wurde wieder abgesagt.

 

Rund 3.700 Flüchtlinge wurden am Sonntagvormittag wieder aus Slowenien erwartet. Laut Polizei standen ausreichend Busse für den Transport der Migranten in Unterkünfte zur Verfügung. Außerdem waren drei Sonderzüge der ÖBB vom Grazer Hauptbahnhof geplant. Gegen 10.00 Uhr befanden sich etwa 3.500 Menschen in der Sammelstelle. Hunderte waren in der Früh aus Sentilj über die Grenze gekommen und warteten zusammen mit den anderen auf Weiterfahrten.

Taxis dürfen fahren

Taxilenkern wurde es auch am Sonntag erlaubt, Flüchtlinge zu fahren, sofern diese ihren Fuhrlohn selbst begleichen können. Fahrten nach Salzburg werden um rund 600 Euro, jene nach Wien um etwa 400 Euro angeboten. Aus Sicherheitsgründen durften die Taxler jedoch nicht mehr bis direkt vor die Zelte fahren. Sie parkten daher wenige Hundert Meter entfernt beim Kreisverkehr Spielfeld.

In Bad Radkersburg warteten Sonntag früh rund 550 Migranten auf Weitertransporte. Etwa 1.000 weitere wurden für Sonntag erwartet.

Das Rote Kreuz Steiermark versorgte die Menschen weiterhin mit Grundnahrungsmitteln, Decken und Tee. Zudem müssten Erkältungskrankheiten und kleinere Verletzungen behandelt werden, hieß es. Die Rettungsorganisation hatte am Sonntag mehr als 100 Mitarbeiter im Flüchtlingseinsatz.

Indessen werden die Soldaten des Bundesheeres auf einen länger dauernden Einsatz vorbereitet. Neben den Versorgungsmaßnahmen sollen Psychologen und Militärseelsorger den Einsatzkräften zur Seite stehen.

Demo abgesagt

Für den Montag, Nationalfeiertag, hatte die "Identitäre Bewegung Österreich" für 15.00 Uhr eine Demonstration in Spielfeld geplant. Der Antrag war bereits bei der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz eingelangt. Der Veranstalter zog ihn aber wieder ohne Nennung von Gründen zurück. Die Bewegung war bereits am Samstag mit etwa 20 Leuten und Transparenten bei der Sammelstelle gewesen und hatte "sichere Grenzen, Flüchtlingshilfe vor Ort und Remigration" gefordert.

Sondergipfel in Brüssel

Angesichts der Flüchtlingskrise entlang der Balkanroute kommen am Sonntag die Staats- und Regierungschefs der betroffenen Länder um 16:00 Uhr zu einem Sondergipfel in Brüssel zusammen. An dem Treffen nehmen neben zehn EU-Staaten auch Serbien, Albanien und Mazedonien teil. Österreich wird durch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) vertreten sein.

Ziel ist es, das Vorgehen abzustimmen und mögliche Sofortmaßnahmen zu beschließen. Zuletzt war Slowenien massiv unter Druck geraten, nachdem Ungarn seine Grenze zu Kroatien geschlossen hatte. Die slowenische Regierung erhofft sich vom Gipfel Finanzhilfen von 140 Millionen Euro sowie logistische und humanitäre Unterstützung. Bulgarien, Rumänien und Serbien drohten mit der Schließung ihrer Grenzen, sollten Deutschland und andere EU-Staaten ihrerseits keine Flüchtlinge mehr aufnehmen.

Deutschland will mehr Afghanen abschieben

Die deutsche Regierung will Flüchtlinge aus Afghanistan einem Zeitungsbericht zufolge künftig verstärkt in ihre Heimat abschieben lassen. Laut "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" dringt sie darauf, dass die Staats- und Regierungschefs aus Ländern entlang der Westbalkan-Route ein solches Zeichen setzen, wenn sie am heutigen Sonntag in Brüssel zusammenkommen.

Nach dem Willen des Kanzleramts soll die EU-Kommission in der Schlusserklärung des Sondertreffens aufgefordert werden, mit Afghanistan ein Rücknahmeabkommen für abgelehnte Asylwerber auszuhandeln, schreibt die Zeitung. Sie beruft sich auf Regierungskreise und interne Verhandlungsunterlagen.

Die deutsche Regierung ist demnach in Sorge, weil Afghanen inzwischen nach Syrern die größte und am stärksten wachsende Gruppe von Asylwerbern in Deutschland sind. Faktisch bestehe für sie seit Jahren ein Abschiebestopp, obwohl nur knapp die Hälfte von ihnen als schutzbedürftig anerkannt werde. Nach dem Willen der Länderinnenminister dürften Afghanen nur nach "umfassender Einzelfallprüfung" abgeschoben werden. Seit 2012 sei dies in keinem Jahr in mehr als zehn Fällen erfolgt.

Juncker fordert bessere Versorgung

Vor dem Spitzentreffen in Brüssel ermahnt EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die Balkanstaaten, die Zehntausenden durchreisenden Menschen besser zu versorgen. "Die Staaten entlang der West-Balkan-Route müssen geordnete Verfahren und Verhältnisse gewährleisten", sagte er der "Bild am Sonntag".

"Jeder Tag zählt. Sonst sehen wir bald Familien in kalten Flüssen auf dem Balkan elendlich zugrunde gehen." Die EU-Kommission erwarte auch, dass sich alle an die geltenden "Spielregeln" hielten, wenn die Schengen-Regelungen nicht infrage stehen sollten. Juncker kündigte überdies an, die EU-Außengrenzen besser sichern zu wollen: "Es geht jetzt darum, den Migrationsstrom zu verlangsamen und unsere Außengrenzen unter Kontrolle zu bringen. Wir müssen auch klarmachen, dass Menschen, die an unseren Grenzen ankommen, aber nicht internationalen Schutz suchen, kein Recht auf Zugang in die EU haben."

Juncker forderte die Mitgliedstaaten zudem auf, ihre finanziellen Versprechen einzuhalten. "Es fehlen immer noch an die 2,3 Milliarden Euro aus den nationalen Haushalten." (APA, 25.10.2015)