Rechtsextremes Bündnis plant Aufzug durch Innenstadt / Polizeigewerkschaft: Lage dramatisch verschärft
VON FRANK DöRING
Leipzig. Immerhin 2500 Teilnehmer hat er
angemeldet: An diesem Sonnabend will Ex-Legida-Chef Silvio Rösler mit
einer rechtsextremen "Offensive für Deutschland" durch Leipzigs
Innenstadt ziehen. Für die Polizei wird es der dritte Demo-Großeinsatz
allein in dieser Woche.
Nach Angaben der Stadtverwaltung liegt für
die Zeit von 15 bis 19 Uhr eine Versammlungsanmeldung des
Gida-Dachverbandes vor, dem Rösler sich nach seinem Aus bei Legida
angeschlossen hat. Motto des Aufzugs: "Schaffen wir eine souveräne
Nation! Gegen die Unzulänglichkeiten in dieser Regierung!""In zwei
Kooperationsgesprächen wurde die angemeldete Route verändert, da
zeitgleich der Hauptbahnhof gesperrt ist", so die Stadt. Eine
abschließende Entscheidung wurde bis gestern Nachmittag nicht
mitgeteilt. Als Treffpunkt wird der Augustusplatz angegeben.
Über
die zu erwartende Resonanz lässt sich nur spekulieren. Das Spektrum der
avisierten Redner ist jedenfalls breit: Auftreten soll unter anderem
Manfred Kleine-Hartlage, ein deutscher Sozialwissenschaftler und freier
Publizist, der als Vertreter der Neuen Rechten gilt. Zudem wurde der
türkischstämmige Pianist und Komponist Kemal Cem Yilmaz angekündigt.
Ferner soll Ex-Bundespolizist Stephane Simon auf der Bühne stehen. Der
gebürtige Franzose war zuletzt am Rande einer Legida-Demo von der
Polizei kurzzeitig in Gewahrsam genommen worden.
Im Legida-Umfeld
sieht man die Demo offenbar mit einigem Argwohn. "Herr Rösler ist bei
Legida inzwischen eine Persona non grata", so ein Insider gegenüber der
LVZ. Angeblich, weil er zu radikal sei. So werde der Aufzug der
"Offensive für Deutschland" bundesweit in der NPD-Anhängerschaft
beworben. Zudem erwartet der Szenekenner "gewalttätige Kameradschaften
vor allem aus Thüringen und Brandenburg" sowie Vertreter des radikalen
Widerstands Ost/West, darunter auch Hooligans. Das relativ neue Bündnis
sei ein Sammelbecken für Rassisten und Extremisten - und das sagen
Leute aus dem Legida-Umfeld. An den ganz großen Zulauf mag dort niemand
glauben. "Wenn am Samstag 500 Teinehmer zusammenkommen, wäre das schon
viel", schätzen sie.
Da dürften es auf der Gegenseite einige mehr
sein. Jeweils ab 12 Uhr sollen Protestdemos in Richtung Innenstadt
führen. Treffpunkte sind der Wiedebachplatz in Connewitz und die
Eisenbahnstraße beim Rabet. Um 14 Uhr treffen sich am Nordplatz
verschiedene Initiativen, ab 15 Uhr versammelt sich "Leipzig nimmt
Platz" am Burgplatz. Das Aktionsnetzwerk ruft für diesen Tag zu zivilem
Ungehorsam auf.
Zudem sorgten Plakate für Aufsehen, auf denen
unter dem Titel "Handreichung für einen schönen 26. September"
Unbekannte für dezentrale Aktionen werben - Motto: "Sich finden -
Organisieren - Krawall". Ob tatsächlich ernsthafte Absichten
dahinterstecken, ist jedoch unklar.
Für die Polizei ist der
Demo-Sonnabend Schlusspunkt einer englischen Woche. Nach Legida-Demos
am Montag und Mittwoch ist es bereits der dritte Großeinsatz innerhalb
von sechs Tagen. "Das geht auf die Knochen der Kollegen", sagt Hagen
Husgen, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in Sachsen. "Es
gibt Beamte, die haben ihre Kinder seit zehn Tagen nicht gesehen",
schildert er. "Manche waren wegen der Einsätze seit 18 Tagen nicht mehr
zu Hause." Bereits im Januar hatte er nach wiederholt schweren Krawallen
von Linksautonomen gewarnt: "Wir stehen auch in Leipzig vor einem
polizeilichen Notstand." Mittlerweile habe sich die Lage dramatisch
verschärft. "An der Basis ist der Frust enorm", so der
Polizeigewerkschafter. "Der Stellenabbau bei der Polizei muss sofort
gestoppt werden."