Sabotierter Waffendeal

Woher die angebotenen Schusswaffen stammen und ob ein Zusammenhang mit in letzter Zeit gehäuften Diebstählen bei der Bundeswehr besteht, ist unbekannt
Erstveröffentlicht: 
28.07.2015

Scheinbar unbegrenzter Zugang zu Pistolen: Staatsanwaltschaft ermittelt nach Recherchen einer Antifagruppe gegen Kasseler Neonazis

 

Von Claudia Wangerin

 

Die Autonome Antifa Freiburg hat am Dienstag morgen ein Communiqué mit detaillierten Hinweisen zu einem geplanten Waffendeal zwischen dem Kasseler Neonazi Michel F. und seinem Gesinnungskameraden Alexander G. an die Presse verschickt und im Internet veröffentlicht. Nach Angaben des Polizeisprechers Wolfgang Jungnitsch ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Kassel in der Sache intensiv, sie gibt aber zum Stand des Verfahrens grundsätzlich keine Auskunft.

 

Nach Angaben der Autonomen Antifa Freiburg versprach F. am Abend des 20. Juni, zum Stückpreis von 1.600 Euro eine beliebige Anzahl Pistolen vom NATO-Standardkaliber neun Millimeter Parabellum plus Munition beschaffen zu können. »Para 9mm. 1600 soviele du willst....mit muni«, zitierte die Recherchegruppe aus der Kommunikation zwischen den beiden Neonazis aus dem Spektrum des 2000 verbotenen »Blood & Honour«-Netzwerks. Sie sollen sich auf die Lieferung von zwei halbautomatischen Pistolen gegen Vorkasse an G. geeinigt haben. Der Geldtransfer sollte per Briefpost stattfinden.

 

Zwar gibt die Recherchegruppe nicht an, wie sie Zugang zu der brisanten Kommunikation erhalten hat – allerdings haben sich die Angaben der Autonomen Antifa Freiburg in einem vergleichbaren Fall als wahr erwiesen: Bereits im August 2009 hatte die Gruppe Staatsanwaltschaft und Presse über Chemikalienkäufe des südbadischen Neonazis Thomas B. informiert. Eine Hausdurchsuchung bestätigte damals den Verdacht, dass der Lörracher Stützpunktleiter der NPD-Jugend zum Bombenbau geeignetes Material gehortet hatte. Im Oktober 2010 erhob die Staatsanwaltschaft Lörrach Anklage, unter anderem wegen Vorbereitung eines Sprengstoffverbrechens. Sie ging davon aus, dass die Bombe gegen politische Gegner eingesetzt werden sollte. Im April 2011 aber wies das Landgericht Freiburg die Anklage im zentralen Punkt zurück. Die Vorbereitung eines Anschlags sei noch nicht weit genug fortgeschritten, es fehlte ein konkretes Ziel. Das Beispiel B. führten die unbekannten Rechercheure am Montag dennoch an, um zu verdeutlichen, »dass autonome antifaschistische Recherche notwendig ist, um terroristische Bestrebungen und Bewaffnung von Nazis zu sabotieren«. Auf Nachfrage von junge Welt erklärten sie, die Polizei sei am Abend vor der Versendung an die Presse informiert worden.

 

Im aktuellen Fall bringt die Autonome Antifa Freiburg Michel F. und Alexander B. mit »Combat 18«, dem bewaffneten Arm von »Blood & Honour«, in Verbindung. Nach Bekanntwerden des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) hatte Michel F. in einer Vernehmung durch das Bundeskriminalamt eingeräumt, die mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gekannt zu haben. Wenige Wochen vor dem Mord an Halit Yozgat in Kassel im Jahr 2006 soll er an der Organisation eines Rechtsrock-Konzerts mit der Dortmunder Band »Oidoxie« im Kasseler Klubhaus des MC Bandidos beteiligt gewesen sein. Sowohl F. als auch der V-Mann Benjamin Gärtner räumten ein, dass einer der »beiden Uwes« dabei gewesen sein könnte.