Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte haben erheblich zugenommen. Im ersten Halbjahr 2015 wurden 202 Delikte gezählt. Das sind fast so viele wie im gesamten vergangenen Jahr. 173 Übergriffe wurden von rechten Tätern verübt, so das Innenministerium.
Die Zahl der Übergriffe gegen Asyl- und Flüchtlingsunterkünfte ist in den vergangenen Monaten stark angestiegen. Im ersten Halbjahr seien 202 Delikte registriert worden, darunter 22 Gewaltdelikte wie Körperverletzungen und Brandstiftungen, teilte das Bundesinnenministerium mit. 173 Übergriffe seien von rechten Tätern verübt worden. Ein weiterer Teil der Taten konnte keinem bestimmten Täterkreis zugeordnet werden.
Die Zahl der Übergriffe lag damit schon in den ersten sechs Monaten auf dem Niveau des gesamten Vorjahres: Im Jahr 2014 waren insgesamt 203 Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte registriert worden, davon 175 rechtsextrem motivierte Angriffe. Schon diese Zahlen lagen sehr hoch: Es waren fast drei Mal so viel wie im Jahr 2013.
Die Zahlen basieren laut Innenministerium auf den Meldungen der Länder bis zum 6. Juli. Der Stichtag für die Erfassung des Gesamtjahres ist allerdings jeweils der 31. Januar des Folgejahres. Da sich bis dahin durch Nachmeldungen die bislang vorliegenden Zahlen noch verändern können, haben die für das laufenden Jahr angegebenen Zahlen dem Ministerium zufolge nur begrenzten Aussagewert.
Allerdings zeichnet sich bereits jetzt ab, dass sich der Trend der Zunahme der Übergriffe in der zweiten Jahreshälfte fortsetzt. Im Juli ereigneten sich bereits mehrere Übergriffe, etwa in Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt.
Brandenburg führt bei rechtsextremer Gewalt
Eine andere Erhebung des Bundesinnenministeriums ergab, dass in Brandenburg statistisch gesehen das Risiko eine Neonazi-Überfalls am höchsten ist. Demnach kamen dort im vergangenen Jahr auf 100.000 Einwohner rechnerisch 2,98 rechtsextreme Gewalttaten. Das geht aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linkspartei hervor.
Demnach rangiert Brandenburg vor Berlin (2,81), Thüringen (2,27) und Mecklenburg-Vorpommern (2,19). Den prozentual deutlichsten Zuwachs verzeichnete allerdings Nordrhein-Westfalen, wo die Zahl der rechtsextremen Übergriffe je 100.000 Einwohner im Vergleich zu 2013 von 1,09 auf 2,11 stieg. NRW liegt damit vor Sachsen und Sachsen-Anhalt, das die Statistik im Jahr zuvor noch angeführt hatte.
Aus den Zahlen geht allerdings nicht hervor, ob die Verschiebungen tatsächlich auf Veränderungen in der rechtsextremen Szene zurückzuführen sind oder auf eine veränderte Einstufung der Taten. So hatte etwa Brandenburg erst kürzlich seine Statistiken aus den 90er Jahren korrigiert. Durch die Untersuchung mehrerer umstrittener Altfälle waren neun Tötungsdelikte nachträglich als rechtsextrem motiviert eingestuft worden. In den vergangenen Jahren wurde aber die Zählweise bei politisch motivierten Taten zunehmend vereinheitlicht, damit die Statistiken der einzelnen Länder besser vergleichbar sind.