Tumulte und Pöbeleien bei Asyl-Versammlung in Freital

Erstveröffentlicht: 
07.07.2015

Freital - Tumultartige Szenen und heftige Anfeindungen haben eine Bürgerversammlung zum Thema Asyl im sächsischen Freital überschattet.

 

Bei der Versammlung am Montagabend wurden erneut pauschale Vorurteile und Hetze gegen Asylbewerber laut. Versammlungsteilnehmer, die sich für Flüchtlinge einsetzten, wurden von anderen niedergebrüllt.

 

Sachsens Innenminister Markus Ulbig (51, CDU) war nach Freital gekommen und stellte sich zusammen mit anderen Vertretern der Landesregierung, des Landkreises, der Stadt und der Polizei den Fragen der Bürger. 

 

Er kündigte bereits vor der Versammlung an, dass das Freitaler Heim mindestens bis Ende 2015, wahrscheinlich auch noch 2016 als Erstaufnahmeeinrichtung gebraucht wird. 

 

Vor der Tür gab es heftige Proteste, als keine weiteren Menschen mehr in die Versammlung gelassen wurden, weil der Saal bereits voll war.

 

Laut Stadtverwaltung waren 380 Versammlungsteilnehmer zugelassen. Erst als noch einige weitere Bürger eingelassen wurden und zugesagt wurde, eine weitere Versammlungen abzuhalten, beruhigte sich die Situation leicht.

 

Während der Versammlung kam es zu keiner echten Diskussion. Immer wieder wurden Redebeiträge durch lautstarke Zwischenrufe unterbrochen, es herrschte eher einer Atmosphäre wie im Fußballstadion als bei einer Versammlung. 

 

Ulbig zeigte sich anschließend von den Störern enttäuscht, mit denen ein Gespräch unmöglich sei. "Erfolg sieht anders aus, aber wichtig war sie, die Veranstaltung." Es sei darum gegangen, Sorgen und Themen der Bürger aufzunehmen.

 

Ulbig wurde ausgebuht, als er die Situation bei der Flüchtlingsunterbringung darstellen wollte. Bürger warfen der Politik vor, sie zu belügen.

Die Asylbewerber würden den Frieden in dem Wohngebiet stören. "Die verursachen nur Dreck und Müll und schmeißen alles aus dem Fenster", sagte eine Anwohnerin.

 

Eine andere gab an, wegen des Lärms nachts ohne Schlaftabletten kein Auge mehr zuzumachen. Geld würde «für Asylbewerber verschwendet» und fehle beim Kitabau oder für marode Schulen.

 

Bürger, die sich kritisch mit den Anti-Asyl-Protesten vor dem Heim auseinandersetzen, wurden mit "Halt die Fresse"-Rufen niedergeschrien. Einer Vertreterin der Initiative für Weltoffenheit und Toleranz wurde das Mikrofon weggenommen.

 

"Wichtig ist, dass die Menschen, die zu uns kommen, ordentlich behandelt werden, ordentlich unterkommen und ein faires Verfahren bekommen", sagte Ulbig. Zugleich sprach er sich erneut für eine Beschleunigung der Asylverfahren und eine konsequente Abschiebung abgelehnter und ausreisepflichtiger Asylbewerber aus.

 

Seit Monaten kommt es in Freital zu Protesten gegen die vom Landkreis genutzte Asylunterkunft in dem früheren Hotel. Als dort vor zwei Wochen eine Erstaufnahmeeinrichtung mit weiteren 280 Plätzen eingerichtet wurde, eskalierte die Lage.

 

Anerkannte Flüchtlinge müssen in Freital ein Zuhause finden, heißt es in der Erklärung der Stadtrats-Fraktionsvorsitzenden. Außerdem dürfe die Stadt kein Wirkungsort für Extremisten werden.

 

Die Demonstranten wurden aufgefordert, "friedlich zu bleiben, aggressive und rassistische Äußerungen zu unterlassen sowie das Recht aller Anwohner auf Ruhe und Frieden zu respektieren".

 

Rassismus sei nicht zu akzeptieren, sagte auch Freitals Erster Bürgermeister Mirko Kretschmer-Schöppan (parteilos) auf die Frage, wie die Spaltung der Bevölkerung in der Stadt überwunden werden könne.