Kommen die "Besorgten Eltern" am 30. Mai nach Münster?

Still loving feminism

Anfang des Jahres hatte die Gruppe „Besorgte Eltern“ im Internet für den 30. Mai eine Demonstration in Münster angekündigt. Diese Gruppierung hat sich bundesweit den Kampf gegen eine angebliche „Frühsexualisierung von Kinder“ auf die Fahnen geschrieben, und wendet sich gegen Sexualkundeunterricht, der unterschiedliche sexuelle Orientierungen oder geschlechtliche Identitäten thematisiert. Die „Besorgten Eltern“ sind nicht nur eine homophob, mit dem Slogan „gegen Genderismus“ stellen sie jegliche Identitäten und Lebensentwürfe in Frage, die von ihrer Norm der heterosexuellen Kleinfamilie abweichen.

Ihr Ziel ist die Zementierung von traditionellen Geschlechterrollen, um die männliche Vorherrschaft zu sichern und Frauen sowie alle von dieser Norm abweichenden Menschen in ihrer Selbstbestimmung und ihren zu Rechten beschränken. Denn genau diese traditionellen Vorstellungen von Familie und Geschlecht sind in den vergangenen Jahrzehnten immer stärker in Frage gestellt und teilweise aufgebrochen worden. Vielfältige Lebensentwürfe sind in der Gesellschaft nun sichtbarer und erfahren eine größere Akzeptanz – gleichwohl es natürlich auch weiterhin in Teilen der Bevölkerung große Vorbehalte gibt und institutionelle Diskriminierungen fortbestehen.

 

 Die „Besorgten Eltern“ sind deshalb als Gegenbewegung zu Gleichstellung und Emanzipation zu verstehen. Auf ihren Demonstrationen kommt stets eine rechte Allianz zusammen, die religiöse Fundamentalist*innen, radikale Gegner*innen von Schwangerschaftsabbrüchen, Rechtskonservative, Funktionär*innen der „Alternative für Deutschland“ (AfD) und andere Rechtspopulist*innen, aber auch organisierte Neonazis, vereint. Gemeinsam ist ihnen ihre Homophobie, die Angst vor „uneindeutigen“ Geschlechteridentitäten und das Beharren darauf zu wissen, wie ein „richtiger Mann“ und eine „richtige Frau“ zu sein hat, sowie ein beengtes Verständnis von Familie. Bei vielen tritt dazu noch die Vorstellung der Familie als „Keimzelle der Nation“ hinzu, welche sich mit der rassistischen Vorstellung verbindet, dass das „deutsche Volk aussterbe“. Mit ihren Lügenmärchen von „Porno-Unterricht“ und „Zwangserziehung zur Homosexualität“, denen Kinder angeblich ausgesetzt seien, haben sie ein zugfähiges, populistisches Thema gefunden.

 

Wer sind die „Besorgten Eltern“?


Die erste Demonstration der „Besorgten Eltern“ fand im Januar 2014 mit 1000 Teilnehmenden in Köln statt, weitere Aktionen folgten in Stuttgart, Frankfurt und Hamburg. Anmelder der Veranstaltung war Mathias Ebert aus Sendenhorst (Kreis Warendorf), der auch als Sprecher der Gruppe auftritt. Er gründete die „Besorgten Eltern“ 2013 anlässlich einer Verurteilung zweier Eltern einer evangelikalen Sekte, die sich weigerten ihre Tochter, eine Viertklässlerin, in die Schule zu schicken, da diese nicht am Sexualkundeunterricht teilnehmen sollte. Der Gründer dieser Sekte schuf auch die „Anti-Zensur-Koalition“, bei deren Kongressen neben Verschwörungstheoretiker*innen auch die bekennenden Holocaustleugner*innen Sylvia Stolz, Horst Mahler und Bernhard Schaub teilnahmen. 2014 stellte Ebert dort die „Besorgten Eltern“ vor. Bernhard Schaub gründete vor einigen Jahren die „Europäische Aktion“, ein europaweites Netzwerk von Neonazis und Holocaustleugner*innen, die auch mit einem Transparent an der Kölner Demonstration beteiligt war. Bei der zweiten Kölner Demonstration sprach zudem ein der „Europäischen Aktion“ nahestehender ehemaliger NPD-Funktionär aus dem Kreis Düren.

 

Starke Unterstützung erhalten die „Besorgten Eltern“ aber auch aus den Kreisen der AfD, hier vor allem von deren äußerst rechten und christlich-fundamentalistischen Flügeln, für die unter anderem Beatrix von Storch steht. Aus diesen Netzwerken wurde Ende 2013 in Baden-Württemberg die 200.000 Unterschriften umfassende Petition „Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens“ initiiert. Der Versuch des ehemaligen AfD-Vorsitzenden aus Essen, diesen Erfolg mit einer Petition zur „Streichung des §33 (Sexualerziehung) aus dem Schulgesetz für das Land NRW“ zu wiederholen, misslang glücklicherweise. (vgl. Artikel der Zeitschrift LOTTA)

Für Selbstbestimmung und vielfältige sexuelle Identitäten!


Bislang liegt noch keine Anmeldung für den Marsch der „Besorgten Eltern“ in Münster vor. Wir befürchten aber, dass eine solche Anmeldung durch die Organisator*innen noch kurzfristig eingereicht werden könnte. Nachdem sich die „Besorgten Eltern“ bei ihren letzten Demonstrationen verstärktem Widerspruch von Gegendemonstrant*innen ausgesetzt sahen, gingen sie dazu über, für die Termine ihrer angekündigten Demonstrationstour nicht länger öffentlich zu mobilisieren.

 

Unabhängig davon, ob die „Besorgten Eltern“ am 30. Mai 2015 in Münster auflaufen werden oder nicht, wird es um 12 Uhr eine zirka einstündige Kundgebung „für Vielfalt und ein buntes Miteinander“ auf der Stubengasse geben, die von einem Bündnis – bestehend aus LiVas Münster, KCM Schwulenzentrum Münster, Aids Hilfe Münster, Christopher-Street-Day Münster, Jugendzentrum Track, Jugendrat Münster und Antifaschistische Linke Münster – veranstaltet wird. Sollten die „Besorgten Eltern“ in der Stadt sein, werden von dort aus die Gegenaktionen starten.

 

Kommt am 30. Mai zur Kundgebung auf der Stubengasse!

 


Mehr Informationen auch bei de-de.facebook.com/events/382073541984815/.


Am Freitag, den 29. Mai findet im SZ, Nieberdingstraße 8, eineVeranstaltung zum Thema mit dem Titel „Schützt unsere Kinder!“ Die neue alte Homosexuellenfeindlichkeit“ statt. Beginn um 19:30 Uhr. Mehr Informationen bei der EAM.