Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Aufrufen zu Legida-Blockaden gegen Lazar und Nagel

Erstveröffentlicht: 
19.02.2015

Leipzig. Nach Blockade-Aufrufen gegen einen Legida-Aufmarsch ermittelt die Staatsanwaltschaft Leipzig gegen die Politikerinnen Monika Lazar (Grüne) und Juliane Nagel (Linke). Das berichtete der MDR am Donnerstag, die Abgeordneten bestätigten die Informationen. Beiden Politikerinnen wird vorgeworfen, während einer Pressekonferenz zur Verhinderung der Legida-Demo am 21. Januar in Leipzig aufgefordert zu haben. Dies erfülle den Straftatbestand der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten gemäß Paragraf 111 StGB.

 

Gegen die Landtagsabgeordnete Nagel sei bereits ein Strafverfahren eingeleitet worden, im Falle der Bundestagsabgeordneten Lazar laufe ein sogenannter Prüfvorgang. Die Staatsanwaltschaft habe dem MDR zu beiden Vorgängen keine Auskunft geben wollen, da sie sich grundsätzlich nicht zu Ermittlungsverfahren gegen Abgeordnete äußere.

„Engagement gegen Rechts ist keine Straftat“

„Während Legida-Anhänger unbehelligt auf Journalisten losgehen können, werden Sprecher breiter Protestbündnisse mit Strafverfahren überzogen“, zeigte sich Nagel empört. Das sei die bittere sächsische Realität. „Uns ging es darum, einen breiten Protest auf die Straße zu tragen, keinesfalls darum, zu Straftaten aufzurufen“, erklärte die Linken-Stadträtin gegenüber Radio Mephisto.

Lazar sprach von einem erneuten Versuch einer sächsischen Staatsanwaltschaft, Widerstand gegen Rechts zu kriminalisieren. „Engagement gegen Rechts ist keine Straftat, sondern Demokratieschutz", schrieb Lazar am Donnerstagabend beim Nachrichtendienst Twitter.

Nagel hatte als Sprecherin des Aktionsnetzwerkes „Leipzig nimmt Platz“ bei der Pressekonferenz gesagt: „Wir rufen zu Aktionen des zivilen Ungehorsams – manche sagen auch Sitzblockaden – auf und wollen erreichen, dass Legida seinen Spaziergang nicht durchführen kann.“ Lazar hatte erklärt, der Leipziger Ring sei „ein Symbol, das wir Legida nicht geben wollen“.

„Beide Politikerinnen haben im Rahmen der Pressekonferenz den Konsens von „Leipzig Nimmt Platz“ wiedergegeben, wie er auch im Aufruf steht und von mehr als 2000 Menschen im Netz unterzeichnet wurde. Konsequenterweise müsste die Staatsanwaltschaft jetzt die Ermittlungsverfahren gegen „Leipzig Nimmt Platz“ und alle Unterzeichner eröffnen“, spitzt Friis Neubert vom Aktionsnetzwerk zu. Unter anderem unterschrieben Künstler Michael Fischer-Art und Sänger Sebastian Krumbiegel die Erklärung.    

Grünen-Politiker wollen sich selbst anzeigen

Die Grünen im sächsischen Landtag kritisierten die Ermittlungen. „Dieser erneute Versuch, zivilgesellschaftliches Engagement und friedlichen Protest gegen rassistisch motivierte Demonstrationen zu kriminalisieren, macht mich fassungslos“, erklärte die rechtspolitische Sprecherin Eva Jähnigen. „Friedliche Blockaden sind vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit auch umfasst.“

 

„Mit ihrem Vorgehen macht sich die sächsische Justiz lächerlich. Friedliche Widersetzaktionen wurden in den letzten Jahren mehrfach durch Urteile als zulässig bestätigt. Sachsen ist das einzige Bundesland, das diese Protestform kriminalisiert", sagt Lazar.

Um auf diesen Missstand hinzuweisen, wollen Leipzigs Grünen-Sprecher Christin Melcher und Lorenz Bücklein sowie Landesvorstandsprecher Jürgen Kasek sich selbst anzeigen. Alle drei hatten die „Leipziger Erklärung 2015" unterzeichnet, in der es um friedliche Widersetzaktionen gegen Legida-Veranstaltungen geht.

Anwalt: Sächsisches Versammlungsgesetz unzeitgemäß

Nagels Rechtsanwalt Klaus Bartl, zugleich rechtspolitischer Sprecher der Linken im Landtag, erklärte: „Hier tritt zum x-ten Mal innerhalb mehrerer Jahre die offizielle sächsisch-verbiesterte Auffassung zutage, jegliche Äußerung unangepasster Zivilcourage sofort als strafbare Verhinderungstat abzustempeln.“ Das sächsische Versammlungsgesetz, das eine „grobe Störung“ von Versammlungen zur Straftat mache, sei unzeitgemäß.

Neubert vom Aktionsnetzwerk erklärt: „Wir gehen davon aus, dass die Ermittlungen eingestellt werden. Sie dienen ausschließlich dazu, den notwendigen Protest gegen Rassismus abzuwürgen. Wir erklären uns an dieser Stelle solidarisch mit beiden Betroffenen und rufen für kommenden Montag auf, ein Zeichen gegen das Vorgehen der sächsischen Justiz zu setzen, auf die Straße zu gehen und sich friedlich aber entschlossen dem rassistischen Aufmarsch von Legida entgegenzusetzen.“

In den vergangenen Jahren hatte es wegen Blockaden der Naziaufmärsche anlässlich der Jahrestage der Bombardierung Dresdens zahlreiche Ermittlungsverfahren gegen Bürger und Politiker gegeben. (mit dpa)