Sitzblockade gegen Neonazis hat Folgen

Erstveröffentlicht: 
11.02.2015

Linken-Politiker zieht vor Bundesverfassungsgericht

Von Jörg Schurig


Dresden. Der Linke-Politiker Falk Neubert hat nach seiner Verurteilung wegen eines Protestes gegen Neonazis in Dresden Verfassungsbeschwerde eingelegt. "Wir kämpfen stellvertretend für die vielen Menschen, die am 19. Februar 2011 friedlich an der Anti-Nazi-Demonstration teilgenommen haben, gegen die Kriminalisierung zivilgesellschaftlichen Protestes", erklärte Neubert gestern.


Die Beschwerde sei sowohl an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe als auch an den Verfassungsgerichtshof in Leipzig gegangen, ergänzte sein Anwalt André Schollbach. Eine Bestätigung über den Eingang liege vor.


Geldstrafe erst über vier Jahre später


Neubert hatte sich im Februar an einer Sitzblockade beteiligt und war erst mehr als vier Jahre später - Ende Mai 2014 - vom Dresdner Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 1500 Euro verurteilt worden. Zwischenzeitlich hatte der Anwalt Schollbach, der genau wie Neubert für die Linke im sächsischen Landtag sitzt, nach eigenen Angaben vier Verzögerungsrügen bei Gericht eingereicht. Gegen seine Verurteilung legte Neubert Revision ein. Doch das Oberlandesgericht bestätige die Entscheidung der Amtsrichter. Deshalb erfolgt nun der Gang zu den Verfassungsgerichten.


Neubert betonte, er sei überzeugt, dass sein Handeln vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit gedeckt und nicht strafbar gewesen sei. Wie Hunderte andere Bürger, darunter Politiker mehrerer Parteien, hatte der 41-Jährige eine Kreuzung auf einer Straße blockiert, auf der Neonazis zum Gedenken an die Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg marschieren wollten.


"Diese Art Verfolgung" nur in Sachsen


Schollbach argumentiert, dass die "friedliche Präsenz einer Gegenversammlung nicht als zu unterlassende grobe Störung einer Versammlung aufgefasst werden kann" und verweist auf BVG-Entscheidungen. "Unser Ziel besteht darin, die in Sachsen praktizierte strafrechtliche Verfolgung friedlicher Anti-Nazi-Proteste zu stoppen." Schollbach geht davon aus, dass das BVG auf Grundlage seiner bisherigen Rechtsprechung zur Versammlungsfreiheit zugunsten von Neubert entscheiden werde. Zu Paragraf 21 des Versammlungsgesetzes gebe es noch keine Rechtsprechung des BVG. Laut Schollbach ist Sachsen mit seiner Rechtspraxis eine Ausnahme: "Soweit mir bekannt ist, wird in anderen Ländern diese Art von Verfolgung nicht praktiziert."


Bei den Demonstrationen gegen den Neonazi-Aufmarsch am 19. Februar 2011 war es in Dresden zu Gewaltausbrüchen gekommen. Mehr als 100 Polizisten und auch viele Demonstranten wurden verletzt. Bei den Sitzblockaden ging es jedoch friedlich zu. Die Staatsanwaltschaft leitete 489 Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz ein. Gegen 101 Menschen wurden Sanktionen verhängt.