Was war das denn? Vierte Legida-Runde floppt, Spontandemonstration scheitert

Legida am 9. Februar 2015: Endstation Hauptbahnhof. Foto: Thomas Datt/Twitter.

Trotz Verbots versuchten heute Abend etwa 150 Legida-AnhängerInnen ihr Glück in der Leipziger Innenstadt. Sie hatten Pech. 

Es sollte die vierte Legida-Versammlung werden und blieb bei einem Versuch. Sehr ambitioniert war er nicht: Zunächst haben sich ab 17.30 Uhr einige Legida-Fans der sportlicheren Art im Hauptbahnhof gesammelt und wollten eine Demonstration zum Augustusplatz mit hundert Teilnehmenden anmelden. Das Ansinnen wurde erwartungsgemäß zurückgewiesen. Eine Stunde später, zur ursprünglich angesetzten Zeit, tauchten zunächst etwa 50 Fans der rassistischen Bewegung vor der Oper auf, einige handelten sich prompt Platzverweise ein.

Vor Ort stieg die Zahl später auf 100 bis 120 Personen, die „Jung muss weg“-Sprechchören anhoben. Nach Androhung einer Geldbuße „oder einer Übernahme der Kosten für den Polizeieinsatz“ folgten sie der Aufforderung, zum Hauptbahnhof zurück zu laufen. Das war für Einige nur in einem Polizeikessel durch die Goethestraße möglich. GegendemonstrantInnen gelang es, den kleinen Tross zum Stehen zu bringen. Daraufhin wurde die Polizei handgreiflich, nach übereinstimmenden Berichtet erneut auch gegen JournalistInnen.

 

Nur 150 statt 10.000


Noch vor 20 Uhr waren alle Legida-AnhängerInnen, insgesamt nicht mehr als 150, zurück in der Osthalle des Hauptbahnhofs. Anschließend wurden sie einzeln kontrolliert, mussten ihre Personalien abgeben und sich abfotografieren lassen. Dann war Schicht, mehr ist nicht gewesen. Bis zu zehntausend Leute hatte Legida ursprünglich mobilisieren wollen. Eine phantastische Zahl angesichts der nur noch 1.665 Menschen, die sich der vorigen Veranstaltung angeschlossen hatten.

 

Dann kam das breit kritisierte Verbot des für heute angesetzten „Spazierganges“. Unmittelbar nach Bekanntwerden hatte Legida „weitere Schritte“ angekündigt. Aber alle späteren Mitteilungen blieben kryptisch, eine klare Einlassung zur Situation folgte nicht. „LEGIDA kämpft aktiv weiter dafür, unsere Meinungsfreiheit in Leipzig auf die Straße zu bringen“, hieß es gestern. Zu dem Zeitpunkt hatten die Organisatoren bereits entschieden, gegen das Verbot nicht vorzugehen – darüber aber Stillschweigen zu bewahren und die eigene Gefolgschaft im Unklaren zu halten.

 

Endstation Hauptbahnhof, Ostseite


In der Zwischenzeit waren Aufrufe zu „spontanen“ Ausweichaktionen in Umlauf gekommen. Die Organisatoren traten ihnen nicht entgegen, auch nicht offenkundig irrigen Annahmen über die Rechtslage, nach der Ersatzveranstaltungen definitiv untersagt sind, und wiederholten Aufrufen, genau dagegen zu verstoßen. In einem weiteren Statement von heute Mittag hieß es durch die Blume: „Bei allem was IHR heute in freier Willensentscheidung, als freie Bürger tut, sind wir mit unserem Herzen bei EUCH!“ Bei allem – also auch dabei, geradewegs der Polizei in die Arme zu laufen. Der Sinn erschließt sich bislang nicht.

 

Eine „juristische Erklärung“ will Legida demnächst abgeben, man muss gespannt darauf sein. Offen ist nämlich, warum das Verbot akzeptiert wurde: Rechtskundige hätten dem Klageweg die Aussicht eingeräumt, in voller Anerkennung der im Verbotsbescheid dargelegten Lage doch noch eine stationäre Kundgebung rauszuschlagen. Sie hätte sich, unter Ausschaltung der laut polizeilicher Gefahrenprognose besonders neuralgischen Anreisewege, beispielsweise an der Ostseite des Hauptbahnhofes abspielen können. Dort, wo auch der heutige Legida-Versuch endete. In der Vergangenheit war das ein häufiger Schauplatz klassischer Neonaziversammlungen in Leipzig, was Szene- und Legida-Anwalt Arndt Hohnstädter aus eigener Erfahrung bestätigen kann.

 

Neuer Versuch am kommenden Montag


Womöglich wollte Legida dieses Szenario, das man im Rathaus ebenfalls kennt, vermeiden. Womöglich sollte, immerhin kostenschonend, eine weitere juristische Niederlage ausgeschlossen werden, die sich vorentscheidend für künftige Legida-Planungen auswirken könnte. Schon bei den früheren Veranstaltungen waren die Organisatoren bei den Verwaltungsgerichten abgeblitzt, teils nur aus Formgründen. Denkbar ist schließlich auch, dass wirklich die Annahme bestand, ein „spontaner“ Protest würde sich formieren, der sich im Verbund mit Hooligans gegen das Verbot durchzusetzen vermag.

 

All das sind Hypothesen. Keine davon spricht dafür, dass Legida zu einer realistischen Berechnung der Lage imstande wäre. Die nächste Veranstaltung ist geplant für kommenden Montag, 16. Februar. Was den begehrten Innenstadtring betrifft, so wird den Organisatoren das Privileg der Erstanmeldung erneut durch die Lappen gehen.

 

Mitleid aus Dresden


Während heute in Leipzig fast nichts geschah, versammelte sich in Chemnitz zum zweiten Mal „Cegida“. Die Veranstaltung war mangels Polizeikräften auf eine Kundgebung beschränkt worden. Es erschienen etwa 400 Personen (Vorwoche: 600). Zeitgleich trafen sich in Dresden zum bereits vierzehnten Mal die AnhängerInnen des großen Vorbilds Pegida, das aber nach Polizeiangaben mit lediglich 2.000 Menschen (zuletzt: 17.300) stark abgebaut hat und auf einen Marsch verzichtete.

 

In Dresden ging es vor allem um Leipzig. Auf der Bühne vor der Dresdner Frauenkirche schimpfte Ex-AfD-Mitglied Tatjana Festerling aus Hamburg auf Leipziger AntifaschistInnen, bei denen es sich um böswillige, antiautoritär erzogene „Enkel der Achtundsechziger“ handle, was nicht so plausibel ist. Auch Götz Kubitschek leckte Legidas Wunden und berichtete über die „speziellen Rahmenbedingungen“ in Leipzig: „Nie wieder Deutschland, heißt es dort aus allen Gassen.“ Besuche beim Leipziger Pegida-Ableger seien ein „Spießrutenlaufen“. Er kündigte an, „in diesem Irrenhaus aufzuräumen“.

 

Unter anderem wegen des Umgangs mit Legida hatte sich der ursprüngliche Pegida-Kreis kürzlich geteilt. Die Abspaltung namens „Direkte Demokratie für Europa“ (DDfE) um Kathrin Oertel hat bereits gestern zu einer eigenen Kundgebung in Dresden geladen, hier kamen lediglich 500 Menschen zusammen.