Einspruch im Freiburger Schutzwaffen-Verfahren zurückgezogen

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Kurz vor dem für Dienstag, den 20. Oktober, vorgesehenen Prozess gegen einen Freiburger, der sich auf der Demonstration gegen G8 und Kapitalismus am 11. Juli (Indymedia-Berichte: 11.07. - 12.07. - 12.07. - 13.07. - 14.07. - 14.07.) „passiv bewaffnet“ haben soll, zog der Angeklagte seinen Einspruch gegen den Strafbefehl über 20 Tagessätze a 10 Euro zurück. Somit findet der Prozess, welcher morgen um 10 Uhr im Amtsgericht Freiburg am Holzmarkt gestiegen wäre, nicht statt.

 

Einspruch im Freiburger Schutzwaffen-Verfahren zurückgezogen

Presseerklärung vom 19. Oktober 2009


Konkret soll sich der Beschuldigte am 11. Juli 2009 auf der Kaiser-Joseph-Straße einen (Fahrrad-) Helm aufgesetzt und diesen danach nicht mehr abgelegt haben. Große Teile der Demo waren, in erster Linie aus Schutz vor Nazis, vermummt gelaufen. Einige trugen Helme, was in Deutschland als sogenannte Schutzwaffe verboten ist.

 

Eigentlich hätte das Verfahren aufgrund eines Formfehlers in der Betreffzeile der Gerichtsbehörden eingestellt werden können: Dort stand „(angeklagt) wegen Mitführen von Schusswaffen u.a.“!

„Dieser Freudsche Vertippser lässt auf eine bodenlose Verharmlosung von ziviler Aufrüstung seitens der Justizbehörden schließen. Wurde nicht erst kürzlich bekannt, dass mehrere 10 Millionen Schusswaffen, größtenteils illegal, im Umlauf sind?“ fragt ein Unterstützer des Angeklagten.

„Mein Freund hat zunächst einen Schreck bekommen, aber glücklicher Weise ging es doch nur um „Schutzwaffen“." Auch ist fraglich, inwiefern so ein kleiner Plastikhelm überhaupt als Schutzgegenstand ernstgenommen werden kann und ob es sich nicht um eine theatralische Aktion handelte. Ungewiss ist auch, ob überhaupt eine Maßnahme der Polizei gegen den Aktivisten erfolgt wäre, beobachteten ihn doch mehrere Beamte des Staatsschutzes.

 

Während der Demo vom 11. Juli, bei der sich die Polizei größtenteils zurückhielt, gab es bis auf ein ewiges Stop-and-Go kaum Probleme. Nach der Route durch Innenstadt und Wiehre löste sich die Demo im Sedanviertel auf. Eine Spontandemo zog daraufhin in Richtung Innenstadt und richtete einige Schäden an.

 

In den Monaten zuvor hatte sich die Repression gegen linke Demonstrationen verschärft. So griff die Bereitschaftspolizei unter anderem eine Demo gegen die Räumung der freien Antonia im Mai und eine Jubel-Party der Schattenparker im Juli 2009 an. Dabei gab es immer Verletzte seitens der Demonstrantinnen und Demonstranten. Ingewahrsamnahmen gehören zum Alltag derer, die Protest üben. Sogar Nazis griffen Menschen am Rande der Anti-Räumungs-Demo im Mai an, während die Polizei ganz auf das Schikanieren der linken Demonstration fixiert war.

 

Ein zunehmender Selbstschutz erscheint angesichts der aktuellen Entwicklungen besonders bei Protestveranstaltungen angebracht. So beschlossen einige Menschen in der Demo vom 11. Juli 2009 aus Protest gegen einen Paragraphen, der verbietet, „(Vollstreckungs-) Maßnahmen der Polizeibehörden zu behindern“, mit Helmen aufzutreten.  Auf gut Deutsch muss bei Demonstrationen hierzulande mit Gesicht und Schädeldecke für Meinungsfreiheit hergehalten werden.

 

„Zurzeit werden in Baden-Württemberg Teleskopschlagstöcke eingeführt, um Demonstrationen „schneller in den Griff“ zu bekommen. Diese stetige Aufrüstung der Ordnungskräfte, welche sich in einen internationalen Trend einreiht, geht mit weiteren Einschränkungen der Demonstrations- und Versammlungsfreiheit einher. Das grundsätzliche Verbot gegen jeglichen Schutz muss dringend überdacht werden“, meint ein weiterer Unterstützer zum Fall.

 

Vermutlich wäre mit einem politischen Prozess gegen den Angeklagten zu rechnen gewesen, bei dem das Gericht zu guter Letzt ein vielleicht schärferes Urteil ausgesprochen hätte. Möglicherweise hätten sich die Zeugen und Zeuginnen aber auch in Widersprüche verwickelt. Doch um den Prozess offensiv zu führen, hätte der Angeklagte mehr Zeit gebraucht.

 

„Mindestens vier Polizeibeamte würden gegen mich aussagen, da genügt mein Vertrauen gegenüber der Exekutive nicht wirklich“, so der Beschuldigte. „Das Verfahren lief in Windeseile, eine derartige Effizienz Seitens der Ermittlungsbehörden erachte ich als furchterregend“.

 

Für selbstbestimmte Demonstrationen! Gegen die Kriminalisierung der linken Szene!