Flüchtlinge sicher in Straubing angekommen - Dorfnazis abgeschirmt

refugees welcome

Am 24.10.2014 wurde die Information verbreitet, dass am Sonnabend Flüchtlinge in der Straubinger Messehalle untergebracht werden sollen, welche vorübergehend in eine Notunterkunft umfunktioniert wurde. Das verbreiteten auch Nazis, was Antifaschist_innen alarmierte. Als eine der ersten Medien berichtete das Straubinger Wochenblatt über die Ankunft von Flüchtlingen in der Straubinger Messehalle. Dieser Artikel wurde am 24. Oktober auf Facebook veröffentlicht.


In der Kommentarspalte wurde darauf prompt „Stammtischwissen“, unterstrichen mit Ausrufezeichen und gespickt mit Rechtschreibfehlern, ausgepackt. Andere Kommentator_innen beließen es gleich bei eindeutiger rassistischer Hetze. Holger, Volker und Maria versuchten sich gegenseitig zu überbieten und schon bald fielen Sätze wie „Ja nehmt doch das ganze Land auf“ (Tobias Kreil), „gehst mal Schanzelweg oder singst Deutsche Lieder griagst eine aufs Maul vo am Sin ti, roma, afroamerikaner etc“ (Daniel Ha) oder „Schickt sie dahin wo sie herkommen“ (Stefan Steindl). Das Straubinger Wochenblatt drückte seinen Heimatbezug damit aus, dass rassistische Kommentare nicht gelöscht wurden. Eine Stellungnahme von Seiten der Redaktion blieb aus.

Der Artikel vom Wochenblatt wurde insgesamt 66 Mal geteilt. Er tauchte auch auf der Facebook-Seite „Asylflut stoppen - auch in Niederbayern“ auf – eine Seite, welche unverblümt Werbung für die Partei Der Dritte Weg macht. Bei jener handelt es sich um die Nachfolgeorganisation des verbotenen Freien Netz Süd (FNS). Ein Verbot, welches vom Innenministerium als Schlag gegen Rechts inszeniert und gefeiert wurde, ließ jedoch lange auf sich warten und gab somit den Nazis genügend Zeit, sich umzustrukturieren.

Eine Nachfolgeorganisation verliert wenige Gesichter. So wundert es auch nicht, dass Walter Strohmeier, welcher früher im Freien Netz Süd organisiert war, nun für den Dritten Weg die federführende Rolle in Niederbayern übernimmt. Spätestens die Tatsache, dass der Artikel des Straubinger Wochenblattes auch auf der privaten Facebook-Seite von Walter Strohmeier auftauchte, setzte Antifaschist_innen in Alarmbereitschaft und so wurden die gesammelten Informationen am Samstag auf der Facebook-Seite von SJD - Die Falken Schüler_inneninitiative Straubing verbreitet.

Diese mobilisierten für Sonntagabend intern nach Straubing, um die Flüchtlinge Willkommen zu heißen, Schaulustige im Auge zu behalten und auf ein mögliches Erscheinen von Nazis angemessen reagieren zu können. Schon kurz nach dem Einrichten eines Info-Tickers auf der Facebook-Seite der Jugendorganisation, war die erste Meldung „10 Nazis mit Fahnen gesichtet. Noch sitzen sie in einem Auto […]". Kurz darauf waren ca. 25 Antifaschist_innen vor Ort, die im Laufe des Abends auf eine Zahl von 30 anwuchsen. Beim Eintreffen stellten diese fest, dass keine Polizei vor Ort war, lediglich ein Securitydienst, der wohl wegen der nicht erwarteten Situation etwas überfordert und gereizt auftrat.

Bereits dies erweckte den Anschein, dass die Stadt Straubing nicht wirklich eine Ahnung hatte, wie sie die erwarteten Flüchtlinge angemessen in der Messehalle schützen könne. Dass der Anschein einen wahren Kern hatte, unterstrichen widersprüchliche Aussagen und Fragen von Stadt und Polizei. So wurden die Antifaschist_innen etwa von einem ersten ankommenden Streifenwagen in einem seltsamen Gestus begrüßt: „Und ihr seid von den Straubinger Falken? Wir haben schon gewusst, dass ihr kommt. Das hat uns der Bürgermeister gesagt“. Wenig später wurden Antifaschist_innen von einem Mitarbeiter der Stadt gefragt, ob sie grundsätzlich ein Problem mit Migranten hätten, der Mitarbeiter der Stadt also, hielt die anwesenden Antifas für Nazis.

Das war bezeichnend für den Verlauf des gesamten Abends. Dorfnazis, die sich auf dem Parkplatz in unmittelbarer Nähe zum Hagen aufhielten, Alkohol tranken, Rechtsrock hörten und eine Deutschlandfahne im Kofferraum hatten, waren zwar gekommen, um sich „die Asylanten anzusehen“, wurden bereits vor Ankunft der Polizei von Antifaschist_innen fort geschickt. Bei diesen handelte es sich um die vermuteten 10 Nazis, auf welche sich die erste Meldung im eingerichteten Info-Ticker auf der Falken-Seite bezog. Und so heizte die Polizei in Streifenwagen Stunden über den großen Parkplatz, auf dem sie sich einbildete, Vermummte gesehen zu haben, die sie meinte, dem rechten Spektrum zuzuweisen hätte können (regio-aktuell24 berichtete). Bei diesen Personen handelte es sich jedoch um Antifaschist_innen.

Organisierte Nazis waren nicht gekommen. Zwar fuhren viele verdächtigte Autos bedenklich langsam an der Notunterkunft vorbei, doch militante Nazis ließen sich nicht blicken - ob wegen dem Fernsehprogramm am Sonntagabend, der Familie, der anstehenden Arbeit oder 30 Antifaschist_innen vor der Messehalle sei mal dahingestellt. Dorfpolizisten in zwei Streifenwägen hätten Nazis in jedem Fall nicht daran gehindert, eine wie auch immer geartete Aktion zu starten.

Dass es auch die nächsten Tage um die Messehalle so ruhig bleiben wird, ist zu bezweifeln. Zumindest der pöbelnde Mob, welcher sich schon in der Kommentarspalte des Wochenblattes übte, wird wohl das ein oder andere Mal einen Abstecher zur Notunterkunft machen. Ob sich organisierte Nazis in Straubing austoben oder in einem anderen Dorf, bleibt abzuwarten. Fakt ist, es braucht eine starke antifaschistische und radikale Linke, um die 36 Flüchtlinge in Straubing zu schützen, denn die Stadt hat allen Anschein weder ein Interesse daran, noch das nötige Wissen.