800 Leipziger erinnern an Ermordung von Kamal K. vor vier Jahren in der Messestadt

Erstveröffentlicht: 
25.10.2014

Leipzig. Etwa 800 Leipziger erinnerten am Samstagnachmittag in der Messestadt an die Ermordung eines irakischen Jugendlichen vor vier Jahren. Der damals 19-jährige Kamal K. war im Oktober 2010 vor dem Leipziger Hauptbahnhof aufgrund seines ausländisch wirkenden Aussehens von zwei Neonazis mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt worden. Wenig später starb Kamal K. an den Folgen der Attacke.

 

Der Gedenkmarsch am Samstag führte vom Leipziger Marktplatz zum Tatort und anschließend in Richtung östliche Stadtteile. Wie die Polizei am späten Nachmittag mitteilte, blieb es am Rande der Demonstration friedlich. Mitinitiatorin Juliane Nagel (Die Linke) freute sich über die rege Beteiligung: „Es ist schön, dass auch im vierten Jahr nach dem Mord noch so viele Menschen beim Gedenkmarsch dabei sind. Es zeigt, dass es eine Sensibilität für das Thema in Leipzig gibt“, so die Landtagsabgeordnete und Stadträtin gegenüber LVZ-Online.

 

Neben der gemeinsamen Erinnerung wurde auf der Demonstration in verschiedenen Redebeiträgen auch die Bagatellisierung rassistischer Gesinnungen und Straftaten angemahnt. „Die Gruppe Medinetz zeigte die Situation im Gesundheitswesen auf. Rassismus wirkt auch hier tödlich. So sind illegalisierte Menschen komplett von medizinischer Versorgung ausgeschlossen“, erklärte Maximilian Schmidt vom Orga-Team. Die Illegalisierung bringe die Menschen in eine Lebenssituation, in der ihnen jegliche Rechte verwehrt.

 

Nach Angaben der Organisatoren des Marsches ist der Mord an Kamal K. einer von acht, die seit der Wende mit rechtsmotivierter Gesinnung in Leipzig verübt worden. Die Messestadt rangiere bei ausländerfeindlicher Gewalt bundesweit sogar auf Platz zwei, hieß es im Vorfeld.

 

Die Statistik der Amadeu-Antonio-Stiftung zählt seit 1990 insgesamt 184 rechtsmotivierte Morde in der Bundesrepublik. In Leipzig gehören neben Kamal K. auch der von Skinheads zu Tode geprügelte Klaus R. (1994), der von Rechtsextremen erstochene Bernd G. und der von zwei Skinheads ermordete Achmed B. (beide 1996), der von Neonazis misshandelte Zimmermann Nuno L. (1998) sowie der von einem betrunkenen Neonazi zu Tode geprügelte Obdachlose Karl-Heinz T (2008) zu den Opfern. Darüber hinaus starb 2011 auch der Obdachlose André K. in einem Leipziger Krankenhaus, nachdem er in Oschatz von Rechtsextremen misshandelt worden war. Nicht zuletzt sind in der Statistik zwei weitere Verdachtsfälle gelistet: 1995 wurde der obdachlose Horst K. in einer Leipziger Straßenbahn von Jugendlichen angezündet und erlag später den Verletzungen. 2003 starb der Schüler Thomas K auf dem Weg ins Krankenhaus, nachdem er zuvor von einem Neonazi mit einem Messer angegriffen worden war.

 

Lediglich drei genannten Straftaten sind vom Bundesinnenministerium als rassistische anerkannt. Bundesweit listet die Bundesregierung 63 rechts-motivierte Morde auf.