>>...and rob their houses.<< - Zur Hausdurchsuchung bei black-mosquito

follow the cops

Am 12.​03.​2014 fand in Flens­burg eine Haus­durch­su­chung statt. Um 10:30 stan­den je ca. 5 Be­am­te des LKA / K5 (Staats­schutz) vor den Türen des Wohn­pro­jek­tes Sen­f­fa­brik und den Bü­ro­räu­men des an­ar­chis­ti­schen Ver­san­des black-​mos­qui­to. Durch­sucht wur­den nur die Bü­ro­räu­me. Im Be­schluss wird gegen den an­geb­lich ver­ant­wort­li­chen N. er­mit­telt. Vor­wurf: „öf­fent­li­che Auf­for­de­rung zu Straf­ta­ten“. Kon­kret wurde nach einem Auf­kle­ber mit dem Auf­druck „Fol­low the Cops back Home“ ge­sucht.

 

Wäh­rend der Durch­su­chung wurde al­ler­dings schein­bar will­kür­lich alles ein­ge­sam­melt, was den Be­am­ten als kri­mi­na­li­sie­rungs­wür­dig er­schien. Be­schlag­nahmt wur­den Auf­kle­ber mit den Mo­ti­ven: „Das Vier­tel bleibt dre­ckig“, „A.C.A.B. love an­ti­fa – hate cops“, „Heute zahl ich nichts…“, „Leben für Lau“, „Nazis klat­schen“ und „Heute fahr ich schwarz…“. Au­ßer­dem Pla­ka­te mit dem Spruch „Stop Nazis Now“.


Au­ßer­dem nah­men sie 2 Com­pu­ter und einen WLAN Ad­ap­ter mit. Es wur­den keine Kun­d_in­nen­da­ten oder sons­ti­gen Ge­schäfts­un­ter­la­gen mit­ge­nom­men!
Am Nach­mit­tag de­mons­trier­ten spon­tan und wü­tend 60 Leute in Flens­burg gegen die Haus­durch­su­chung.

 

Was bis­her ge­schah…


Ein Auf­kle­ber er­regt die Ge­mü­ter des Flens­bur­ger Staats­schut­zes. Dar­auf ab­ge­bil­det ist eine ka­put­te Schei­be sowie der Spruch „Fol­low the cops back home“. Die In­ter­net­re­cher­che des eif­ri­gen Po­li­zei­be­am­ten Stel­ling er­gibt, dass es sich dabei um ein Zitat der Band Pla­ce­bo han­delt und diese mit­nich­ten dem links­ra­di­ka­len Spek­trum zu­zu­ord­nen sei. Folg­lich sei das Zitat als sol­ches auch kein Auf­ruf zu Straf­ta­ten, der Ver­sand die­ses Spru­ches als Auf­kle­ber durch einen an­ar­chis­ti­schen Mail­or­der hin­ge­gen schon. Also ab mit den Er­mitt­lungs­er­geb­nis­sen zur Staats­an­walt­schaft, die be­an­tragt auch di­rekt einen Durch­su­chungs­be­schluss für die Pri­vat­räu­me, des auf der Web­site an­ge­ge­be­nen Ver­ant­wort­li­chen und das Amts­ge­richt folgt die­sem An­trag. So lan­det also der Durch­su­chungs­be­schluss zur Aus­füh­rung wie­der beim uns be­reits be­kann­ten Herrn Stel­ling von der Po­li­zei. Er nimmt die­sen zum An­lass noch­mal etwas ge­nau­er zu re­cher­chie­ren und stö­bert auf der In­ter­net­sei­te von black-​mos­qui­to. Be­son­de­res Au­gen­merk liegt dabei auf wei­te­ren Auf­kle­ber­mo­ti­ven, denn, so die Ar­gu­men­ta­ti­on von Po­li­zei und Jus­tiz, wer Auf­kle­ber ver­trie­be, täte dies ge­ra­de damit diese öf­fent­lich ver­klebt und wahr­ge­nom­men wür­den.

Halt die Fres­se, Deutsch­land!


„Heute fahre ich schwarz“ bei­spiels­wei­se wer­tet Herr Stel­ling als einen Auf­ruf zu Straf­ta­ten und „Halt die Fres­se Deutsch­land“ ist in sei­nen Augen eine straf­ba­re Auf­for­de­rung zur Ein­schrän­kung der Mei­nungs­frei­heit. (Wer die­ser omi­nö­se „Deutsch­land“ sein soll und ob er eine Mei­nung hat, wo er doch eine Mei­nungs­frei­heit zu haben scheint, er­klärt Herr Stel­ling lei­der nicht.). Einen um­fang­rei­chen Ab­schluss­be­richt, wel­che Auf­kle­ber aus Staats­schutz­sicht noch alle zu kri­mi­na­li­sie­ren seien und dass neben der Pri­vat­räu­me doch viel­leicht auch die Ge­schäfts­räu­me in die Durch­su­chung ein­be­zo­gen wer­den soll­ten, schickt Herr Stel­ling so­dann an die Staats­an­walt­schaft. Diese be­an­tragt die Er­wei­te­rung des Durch­su­chungs­be­schlus­ses und das Amts­ge­richt ver­fügt so­dann, dass auch die Ge­schäfts­räu­me durch­sucht wer­den dür­fen. Von wei­te­ren Auf­kle­bern ist im er­neu­er­ten Be­schluss keine Rede. Das hält den Staats­schutz aber nicht davon ab, bei der Durch­su­chung neben Com­pu­tern ein­fach auch sämt­li­che von ihm selbst zuvor als po­ten­ti­ell ver­biet­bar ein­ge­stuf­ten Auf­kle­ber mit­zu­neh­men. Von den im Be­schluss er­wähn­ten Auf­kle­bern „fol­low the cops back home“ wer­den keine ge­fun­den. Wie nicht an­ders zu er­war­ten war, seg­nen Staats­an­walt­schaft und Ge­richt die Be­schlag­nah­me aller an­de­ren Auf­kle­ber und der Com­pu­ter im Nach­hin­ein den­noch ab und er­klä­ren la­pi­dar, was für das Motiv „fol­low the cops back home“ gelte, sei im Grun­de über­trag­bar, wes­halb sie sich eine Er­klä­rung, worin hier nun ei­gent­lich Auf­ru­fe zu wel­chen Straf­ta­ten lie­gen sol­len, gänz­lich spa­ren. Er­klärt wird nur, es werde zu Ei­gen­tums-​ und an­de­ren De­lik­ten auf­ge­ru­fen.

 

Ein Déja-vu?


Wer sich nun fragt, ob er_­sie ein Déjà-vu hat, den_­die kön­nen wir be­ru­hi­gen: Nein, nein, dies ist nicht der erste Ver­such, black-​mos­qui­to und damit einen an­ar­chis­ti­schen und un­be­que­men Ver­sand zu kri­mi­na­li­sie­ren. Der Staats­schutz hatte be­reits vor ein paar Jah­ren ge­stei­ger­tes In­ter­es­se an Auf­kle­bern ge­zeigt. Da­mals ging es um einen Auf­kle­ber mit einem bren­nen­den Po­li­zei­au­to, von dem ganze 18 Ex­em­pla­re beim Be­schul­dig­ten ge­fun­den wur­den. Das dies­be­züg­lich ein­ge­lei­tet Ver­fah­ren en­de­te mit einer Ein­stel­lung.

Warum das alles?


Un­se­rer Ein­schät­zung nach geht es nicht um Auf­kle­ber. Wer glaubt schon wirk­lich, dass zwei Worte auf einem A7 gro­ßem Zet­tel ei­ne_n zu einer „Straf­tat“ ani­mie­ren wür­den?


Sich vor Ge­richt über ein­zel­ne Mo­ti­ve, Sätze und For­mu­lie­run­gen strei­ten zu müs­sen, ist eine Ver­schleie­rung des ei­gent­li­chen Ziels der Re­pres­si­on. An­ge­grif­fen wird hier eine seit mitt­ler­wei­le über 10 Jah­ren be­ste­hen­de links­ra­di­kal-​an­ar­chis­ti­sche Struk­tur, die trotz Re­pres­si­on sta­bil stand­hält. Die Auf­kle­ber waren nichts als ein ge­fun­de­nes Fres­sen, um mal wie­der her­um­zu­sto­chern in der an­ar­chis­ti­schen Szene (Flens­burgs).


Die be­schlag­nahm­ten Auf­kle­ber the­ma­ti­sie­ren neben ak­ti­vem An­ti­fa­schis­mus und dem Um­gang mit der Po­li­zei auch all­täg­li­che Über­le­bens­pra­xen im ka­pi­ta­lis­ti­schen All­tag wie La­den­dieb­stahl und Schwarz­fah­ren. Doch ge­ra­de eine Dis­kus­si­on über Ak­tio­nen, die uns kol­lek­tiv gegen Nazis ver­tei­di­gen kön­nen, die uns ein Stück weit vom Ar­beits­zwang be­frei­en und dabei die Ei­gen­tums­ver­hält­nis­se kri­ti­sie­ren, ma­chen eine le­ben­di­ge De­bat­te aus.

Be­trof­fen sind alle…


…ge­meint ist: funk­tio­nie­ren, Fres­se hal­ten, nicht-​re­bel­lie­ren.


Egal ob durch Haus­durch­su­chun­gen bei An­ar­chis­t_in­nen, ak­ti­ven An­ti­fa­schis­t_in­nen, Ul­tras, Um­welt­schüt­zer_in­nen oder bei Tier­be­frei­er_in­nen, oder im All­tag: beim Klau­en er­wischt wer­den, Ge­fah­ren­ge­bie­te, ohne Ti­cket kon­trol­liert wer­den: jedes mal, wenn wir selbst­be­stimmt für un­se­re Leben ein­tre­ten, sto­ßen wir ir­gend­wann an eine Gren­ze, und diese ist die Po­li­zei. Sie stellt al­ler­dings nur die of­fen­sicht­lichs­te Re­pres­si­on da: Wir alle ken­nen die gan­zen an­de­ren of­fi­zi­el­len re­pres­si­ven Maß­nah­men, vom Ar­beits­zwang im Job­cen­ter bis zur so­ge­nann­ten Re­si­denz­pflicht.

 

Und nun..?


Das gegen N. ein­ge­lei­te­te Straf­ver­fah­ren kann sich lange hin­zie­hen und neben Zeit und Geld auch Ner­ven kos­ten-​ es hängt an uns, auch die Ner­ven von Jus­tiz und Po­li­zei zu stra­pa­zie­ren.


Wie wir black-​mos­qui­to ken­nen, wer­den sie si­cher­lich nicht damit auf­hö­ren, sich offen gegen Herr­schaft zu wen­den. Das glei­che er­hof­fen wir uns von allen an­de­ren Be­trof­fe­nen staat­li­cher Re­pres­si­on.

 

Der Staat zeigt seine Zähne, sor­gen wir für Zahn­aus­fall.
So­li­da­ri­tät muss prak­tisch wer­den!

 

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