Oranienplatz Lagerräumung: Jetzt streiten die Flüchtlinge untereinander

Erstveröffentlicht: 
08.04.2014

Es begann friedlich, doch jetzt gibt es Rangeleien - seit heute Morgen bauen Flüchtlinge ihr Camp auf dem Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg ab. Linke Aktivisten protestieren.von Ruth CiesingerJörn HasselmannSigrid KneistCarmen Schucker, Angela Koslowski.

 

Jetzt gibt es doch noch Ärger. Als linke Aktivisten mitbekamen, dass die Flüchtlinge ihr Camp auf dem Oranienplatz räumen, versammelten sie sich am Dienstagvormittag zum Protest. Begleitet wurde das von heftigen Wortgefechten und sogar Prügeleien zwischen den Flüchtlingen, die freiwillig abziehen wollten und denen, die sich immer gegen Umzug gewandt hatten. Friedrichshain-Kreuzbergs Bürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) und Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD), die die Räumung sei dem Morgen begleiteten, wurden von Aktivisten beschimpft. Diese kündigten für den Abend sogar eine "Neubesetzung" des Oranienplatzes an. Dies werde man aber nicht dulden, sagte Herrmann. Zur Not werde die Polizei geholt.

 

Dabei hatte es am Morgen friedlich begonnen. Gegen 6 Uhr rissen Flüchtlinge eigenhändig Zelte und Buden auf dem Platz ab und setzten damit die Lösung um, die zuvor mit Senatorin Dilek Kolat (SPD) ausgehandelt worden. Insgesamt 55 Menschen, die zuvor registriert worden waren, sollten mit dem Bus in ein Hostel nach Friedrichshain gebracht werden. Die ersten 30 Flüchtlinge trafen dort gegen 9.30 Uhr, wo sie von Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) empfangen wurden. Er sagte, dass die Nutzung der neuen Unterkunft nicht befristet sei. Die aufenthaltsrechtlichen Fragen sollten noch Dienstag im Senat besprochen werden. Der Träger des Hauses sei gut auf die Situation vorbereitet.

Die Flüchtlinge warten zur Registrierung vor dem Hintereingang. Moussa aus Mali ist zufrieden: "Ich freue mich darauf, ins Haus zu kommen", sagt er auf französisch. Ein weiterer ehemaliger Bewohner des Protestcamps, der 27-jährige Ali aus Niger, ist schon drin. Er sei zusammen mit einem weiteren Flüchtling in ein Zweibett-Zimmer gezogen und habe zudem 100 Euro bekommen.

 

Am Morgen hatten sich auch Barbara John und Polizeipräsident Klaus Kandt von der Aktion überzeugt, die ohne große vorherige Ankündigung begonnen wurde. Senatorin Kolat lobte das Ganze: "Wir haben den gesamten Abbauprozess gut vorbereitet", sagte sie. Die Flüchtlinge hätten verabredungsgemäß um sechs Uhr mit dem Abbau begonnen. Für die Flüchtlinge sei der Zustand  nicht mehr menschenwürdig gewesen; und auch die Anwohner bekämen ihre Grünanlage zurück. In einer ersten Stellungnahme hatte es auch Innensenator Frank Henkel (CDU) am früheren Morgen als ein positives Zeichen gewertet, "dass ein Großteil der Besetzer ganz offensichtlich bereit ist, die Bedingungen zu erfüllen und Taten folgen zu lassen. Wenn sich die Entwicklung so fortsetzt, wäre das erfreulich." Man wolle die Entwicklung an diesem Tag weiter beobachten. "Ich setze darauf, dass die Bezirksbürgermeisterin Wort hält und jede Neubesetzung verhindern wird", sagte Henkel.

 

Polizei hält sich "bewusst zurück"

 

Mehrere Lastwagen der BSR sind da, die von den Flüchtlingen mit Brettern und Planen beladen werden, Mitarbeiter der Stadtreinigung helfen dabei. Im Hintergrund steht ein Auto des Kreuzberger Gartenbauamtes - offenbar möchte man noch heute mit der Neubepflanzung des Oranienplatzes beginnen. Kurz vor 9 Uhr werden dann auch Bauzäune abgeladen, um das Areal für die Arbeiten abzusperren.

 

Die Polizei selbst musste bisher überhaupt nicht in Erscheinung treten und "hält sich bewusst sehr zurück", so die Sprecherin. Für den Fall des Falles ist man aber einsatzbereit. Am Moritzplatz und an der Alten Jakobstraße stehen mehrere Mannschaftswagen, auch an weiter entfernten der Jannowitzbrücke ist Bereitschaftspolizei aufgefahren. Dass der Oranienplatz am Dienstag nun friedlich geräumt wird, hat aber offenbar erst einmal keine Auswirkung auf die Flüchtlinge in der Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg. Für diese Menschen werde aber nach einer Lösung gesucht, sagte die Integrationssenatorin. Bislang fehlten aber Heimplätze.