[Köln] Kommentar zur Interimslösung für das AZ

Erstveröffentlicht: 
19.08.2013

Wer eine Politik kritisiert, sollte immer über die Konsequenzen nachdenken, die die mögliche Alternative nach sicht zieht. Die Argumentenbilanz für die Causa AZ fällt relativ leicht aus. Hätten sich AZ und Stadt nicht zusammengerauft und gemeinsam nach einer Lösung gesucht, wäre die Situation eskaliert. Die Autonomen hätten sich gesammelt und verbarrikadiert, ein Großaufgebot der Polizei die Liegenschaft geräumt. Und das mit jeder Menge hässlicher Bilder und Szenen, die Köln erneut und nicht zum ersten Mal negativ in die überregionale, vielleicht sogar internationale Berichterstattung gerückt hätte.

 

Dieser Schuh ist ausgezogen, die Verhandlungen in Windeseile von der Verwaltung vorangebtrieben, ein Kompromiss, der für die kommenden fünf Jahre eine Perspektive eröffnet. Auch der Zeitplan scheint, zumindest auf dem Papier stimmig. Der Neubau verzögert, also bleibt Immobilie Nummer 1 (Eifelwall 7) länger leer. Beginnen die Bauarbeiten für den Archivbau, zieht das AZ in Immobilie Nummer 2 (Luxemburger Straße 93) und bleibt dort bis Ende 2018. So weit, so gut.

 

Die Bedenken hinsichtlich der Vertragstreue der zukünftigen Nutzer sind jedoch nicht gänzlich unbegründet. Und da steckt der Hase im Pfeffer. In einer bis 2030 wachsenden Stadt (glaubt man den Prognosen der Statistiker) werden die innerstädtischen Freiräume zunehmend enger. Langfristig droht damit dieses Stück gelebter Autonomie weiter an die Ränder der Stadt gedrängt zu werden. Ob die AZ-Verantwortlichen sich mit dem Argument eines Masterplans und eines entstehenden Grünstreifens gehen wollen, steht ebenfalls aus. Das Konzept der „flexiblen Zwischennutzung“ bedarf einer jeweils aktuellen Marktbetrachtung ist mehr als ambitioniert, wie die „Last-Minute-Aktion“ im August 2013 zeigt.

 

Ob sich die Nachbarschaft, größtenteils Mietwohnungen entlang des Eifelwalls, ebenfalls als Gewinner fühlen, darf indes bezweifelt werden. Die Betroffenen dürften sich nicht ganz zu Unrecht überfahren fühlen, kämpften sie doch bis vor kurzem noch gegen einen Archivbau. Nun bekommen sie – noch näher an der Straße – noch ein Konzert- und Veranstaltungszentrum vor die Nase gesetzt. In den vergangenen drei Jahren erhielt die Redaktion wiederholt Beschwerden über nächtliche Ruhestörungen infolge des kulturellen Geschehens. Andererseits könnte das AZ das bisher eher abseits gelegene Wohnquartier bereichern. Das setzt voraus, dass die AZ-Verantwortlichen ihren Dialog mit dem Umfeld fortsetzen. Denn das Gespräche besser sind als Drohgebärden, hat die nun erfolgte Entscheidung hinlänglich gezeigt. Es wäre ein echter Lerneffekt, wenn sich dieser Dialog auch hier fortsetzt.