Was ist passiert? Mehrmals wurden in den letzten Wochen alternative Jugendliche und Punks von Neonazis bedroht und angegriffen. Die Angriffe passierten unter anderem in den Rheinanlagen und in der Altstadt. Die Neonazis haben versucht, für einzelne ein „Koblenz-Verbot“ durchzusetzen.
Wer steckt dahinter?
Hinter den Angriffen stecken verschiedene Neonazis.
Einige der Angriffe gehen auf das Konto von einer Gruppe jüngerer 
Neonazis um den Intensiv-Straftäter Benjamin Berger Er wurde erst vor 
einigen Monaten aus dem Gefängnis entlassen, wo er eine Haftstrafe wegen
 schwerer Körperverletzung abgesessen hat – er hatte am hellichten Tag 
im Koblenzer Löhr-Center einen Jugendlichen zusammengeschlagen.
Im Gefängnis hatte Benjamin Berger Kontakt zu Neonazis vom Aktionsbüro 
Mittelrhein und liess sich auf eine einschlägige Kontaktliste für 
„nationale Gefangene“ setzen.
Kaum aus dem Gefängnis entlassen sammelte er die Gruppe von jüngeren Neonazis um sich, von denen jetzt die Angriffe ausgehen. Mittlerweile sitzt Benjamin Berger wieder im Gefängnis und es bleibt abzuwarten, ob diese Gruppe auch weiterhin aktiv bleibt.
Am letzten Wochenende kam es am Freitag und am Samstag zu weiteren Übergriffen.
Die Neonazis treten völlig offen auf, mehrere aus der Gruppe haben Tätowierungen mit Hakenkreuzen, darunter auch eine Minderjährige. Das Tragen von Hakenkreuzen in der Öffentlichkeit stellt eine Straftat dar.
Was machen die Behörden?
Die Polizei verschweigt die Vorfälle der Öffentlichkeit.
Wenn dann doch mal darüber berichtet wird, dann als „Konflikt mit Vorgeschichte zwischen Jugendlichen“.
Die Öffentlichkeit wird nicht darüber informiert, dass Neonazis in den letzten Wochen versucht haben, Koblenz von denen zu „säubern“, die in ihrem Weltbild keinen Platz haben.
Offenbar will die Polizei auch weiterhin das Bild bewahren, dass es in Koblenz angeblich kein Problem mit Neonazis gebe …
Während einzelne Beamte den Ernst der Lage erkannt haben und durchaus engagiert sind, wird der Öffentlichkeit gegenüber ein ganz andere Bild vermittelt – alles kein Problem, sind doch nur Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen …
Hakenkreuze – kein Problem im Koblenzer Gefängnis?
Bereits vor seinem Gefängnisaufenthalt zeigte Benjamin B. öffentlich 
seine Hakenkreuztätowierungen. Aktuell hat er diese immer noch und 
präsentiert sie im Internet.
Offenbar ist es im Koblenzer Gefängnis kein Problem, mit Hakenkreuz-Tätowierungen am Unterarm herumzulaufen.
Wir sind sehr gespannt, ob Benjamin B. seine Hakenkreuz-Tätowierungen 
immer noch hat, wenn er das nächste mal aus dem Gefängnis entlassen wird
 …
Was tun?
Wir können und wollen uns nicht auf die Behörden verlassen – diese enthalten der Öffentlichkeit Informationen vor.
Deswegen:
Werdet selber aktiv!
Macht Neonazi-Angriffe öffentlich!
Spielt nicht den Helden oder die Heldin, es nützt niemanden wenn ihr von Neonazis verletzt werdet!
Überlegt euch, ob eine Anzeige sinnvoll sein kann, wendet euch an die Antifa Koblenz oder eine Beratungsstelle.
Da die Behörden die Öffentlichkeit nicht informieren ob Neonazis aktiv sind und ob von diesen eine Gefahr ausgeht, veröffentlichen wir hiermit eine Dokumentation ausgewählter schwerer Gewalttaten und Waffenfunde in Koblenz und Umgebung.
Wir wollen eine ehrliche Diskussion darüber, ob Neonazis aktiv sind und ob von ihnen eine Gefahr ausgeht.
Eine Handreichung der Antifa Koblenz
Neonazis, Waffen und Gewalt
Chronologie ausgewählter Vorfälle im nördlichen Rheinland-Pfalz seit 1990
Vorbemerkung
Schlagzeile vom 8. Oktober 2012: „Verbotene Neonazi-Vereine horteten 147
 Waffen in NRW“. Kaum eine Hausdurchsuchung bei Neonazis ohne 
Waffenfund: Messer, Baseballschläger, Schusswaffen. Erstaunt wird 
reagiert, wenn es ein gewalttätiger Vorfall in die Medien schafft. Für
 gewöhnlich wird dies dann als „Einzelfall“ dargestellt. Ebenso 
erstaunt reagierte die Öffentlichkeit nach dem Auffliegen der Zwickauer
 Terrorzelle „NSU“. Verdrängt wird, dass es in diesem Land seit 
Jahrzehnten rechtsterroristische Aktivitäten gibt und dass Neonazis 
immer wieder schwere Gewalttaten begehen – bis zum Mord. Dabei handelt 
es sich nicht um Einzelfälle, denn „Einzelfälle“ lassen sich überall 
finden. So wurden seit 1990 über 180 Menschen zu Todesopfern rechter 
Gewalt.
Vorbereitungen für den „Tag X“
Das Sammeln von und das Üben mit Waffen kann bei Neonazis als Regel 
bewertet werden. Ihr mörderisches Weltbild ist auf Gewalt ausgelegt. 
Uneinig sind sich Neonazis aber darüber, wann losgeschlagen werden 
soll. Für den Neonazi, der in Koblenz Frank Bönisch erschoss, war der 
richtige Zeitpunkt gekommen, als sich in Rostock tausende Menschen an 
rassistischen Ausschreitungen beteiligten. Auch für die Terrorzelle 
„NSU“ war der richtige Zeitpunkt zum losschlagen schon gekommen. Andere 
werden bei ihren Planungen von der Polizei überrascht. So etwa die 
„Kameradschaft Westerwald“, die immer vom „Tag X“ redete. Mit „Tag X“ 
meinten sie den Tag, wenn sie mit der Hakenkreuzfahne in der Hand in 
Berlin einmarschieren würden. Einen anderen „Tag X“ setzten einige 
dieser Neonazis im Januar 2005 um: Angehörige der „Kameradschaft 
Westerwald“ wollten ein Konzert von Jugendlichen aus der Punk-Szene 
überfallen – als Parole zum losschlagen wurde ausgegeben: „Smash the 
Reds“ („Zerschlagt die Roten“). Auch die Neonazis vom „Aktionsbüro 
Mittelrhein“ planten für die Zukunft: Einige reisten nach Bulgarien, um
 an einem Schießtraining mit automatischen Schusswaffen teilzunehmen. Es
 stellt sich die Frage: Was geht in den Köpfen dieser Neonazis vor? 
Warum bereiten sie sich mit Waffentraining vor?
Und auf was bereiten sie sich eigentlich vor?
Für eine ehrliche Diskussion!
Das Herunterspielen von neonazistischen Taten und Strukturen muss 
aufhören. Es kann nicht erst gehandelt werden, wenn es zu Waffenfunden 
und schwersten Gewalttaten kommt. Wir fordern eine ehrliche und offene 
Diskussion über die Gefahren, die von Neonazis ausgehen, und den Umgang
 damit. Die aufgelisteten Vorfälle zeigen, dass es ein Problem mit 
Neonazis gibt und von ihnen Gefahren ausgehen.
Im nördlichen Rheinland-Pfalz versuchen Staatsanwaltschaft und 
Polizei, das Problem mit dem Strafrecht in den Griff zu bekommen. 
Neonazis stellen jedoch ein gesamt-gesellschaftliches Problem dar. 
Alltagsrassismus und die Ausgrenzung von sozial Randständigen werden 
sowohl von Neonazis, als auch aus der Mitte der Gesellschaft 
praktiziert.
Das Problem wird nicht dadurch gelöst, wenn alle paar Jahre eine 
Kameradschaft von Behörden zerschlagen wird. Es muss eine ehrliche 
Diskussion darüber stattfinden, wo von Neonazis eine Gefahr ausgeht.
Dazu muss die Öffentlichkeit informiert werden. Das machen die Behörden aber nicht.
Beispiel Aktionsbüro Mittelrhein:
Jahrelang haben Behörden das Problem mit den Neonazis heruntergespielt 
und sich geradezu über diejenigen belustigt, die vor den Neonazis 
gewarnt haben. So sagte der SPD-Vorsitzende von Bad Neuenahr- Ahrweiler 
im Deutschlandradio am 8.April 2013 selbstkritisch:
„Man kann … den kleinen Vorwurf machen, dass … bis zum Februar 2012 das Thema nicht so richtig ernst genommen wurde.“
Die Neonazis vom Aktionsbüro waren da schon seit fast 10 Jahren in der Region aktiv…
Von antifaschistischer Seite wurde schon länger über das „Aktionsbüro
 Mittelrhein“ informiert, wie auch der hochrangige Polizeibeamte 
Wolfgang Bula, der die Razzia gegen das „Aktionsbüro Mittelrhein“ 
leitete, öffentlich bei einer Veranstaltung der Landeszentrale für 
politische Bildung zugab:
„Unsere Informationen über das Aktionsbüro Mittelrhein, das sich 
zunächst kämpferisch „Aktionsfront“ nennt und sich 2004/2005 
gegründet hatte, war äußerst bescheiden, um das gelinde auszudrücken.
 Deutlich besser war hier die Antifa; deren Mitglieder haben sehr, sehr 
intensiv Aufklärung betrieben und das im Unterschied zu uns, auch 
dokumentiert.“
Quelle: Gedenkarbeit in Rheinland-Pfalz Nr. 9, herausgegeben von der Landeszentrale für politische Bildung RLP
Das „Aktionsbüro Mittelrhein“
Die Neonazis vom „Aktionsbüro Mittelrhein“ waren seit 2003 aktiv und 
hatten versucht, im Hinterland zwischen Bonn und Koblenz eine „national 
befreite Zone“ zu schaffen. Ein Schwerpunkt der Neonazis waren 
Übergriffe auf Menschen, die nicht in ihr Weltbild passten – vor allem 
Migranten und Linke. Dabei hatten die Neonazis ihre mörderische 
Gesinnung nicht versteckt: Auf einem Flyer für eine Sylvesterparty 
waren die Buchstaben NSU farblich hervorgehoben. Ein Auto, das die 
Neonazis bei Aufmärschen und im Wahlkampf für die NPD verwendeten, 
trug das Nummernschild AW-X-3107 – ein positiver Bezug auf das 
Todesdatum von Dieter Klaus Klein. Seit August 2012 stehen 26 Neonazis 
vor Gericht, zur Zeit sitzen noch mehrere von ihnen in Haft. Damit ist 
der Prozess gegen die Neonazis in Koblenz einer der größten Prozesse 
gegen Neonazis in der Bundesrepublik.
Chronologie ausgewählter Vorfälle aus dem nördlichen RLP:
1990
Der 17-jährige Flüchtling Nihad Yusufoglu und seine beiden Brüder 
werden am 28. Dezember in Hachenburg (Westerwald) vor ihrem Elternhaus 
von einer Gruppe Neonazis angegriffen. Nihad wird durch einen gezielten 
Messerstich ins Herz getötet.
Ein Wohnhaus in der Nähe von Montabaur, das von Menschen aus der 
Punkszene bewohnt ist, wird mehrfach von Neonazis angegriffen, Scheiben 
werden durchschossen.
1992
Im Stadtpark von Bad Breisig schläft in der Nacht vom 31. Juli zum 
1. August der Wohnungslose Dieter Klaus Klein. Er wird durch das „Sieg 
Heil“-Gebrüll einer Gruppe Neonazis wach und verbittet sich den Krach. 
Zwei der Neonazis treten daraufhin auf ihn ein und stechen ihn mit einem
 Kampfmesser nieder.
Am 24. August wird der Wohnungslose Frank Bönisch am Koblenzer 
Zentralplatz von einem 23-jährigen Neonazi erschossen, weitere Menschen
 werden angeschossen. Der Zeitpunkt der Tat ist kein Zufall: Der Neonazi
 nimmt Bezug auf die rassistischen Ausschreitungen in Rostock, die 
zeitgleich stattfinden und an denen sich auch Neonazis aus der Region 
beteiligten.
2001
In der Nacht auf den 6. Mai wird an einer Grillhütte bei Mühlheim-Kährlich ein 28- jähriger Punk von einem Neonazi niedergeschossen. Die Kugel bleibt kurz vor dem Herz stecken, der 28-jährige überlebt schwer verletzt. Vorrausgegangen waren antisemitische Sprüche des Neonazis und eine verbale Auseinandersetzung.
2003
In Koblenz findet die Polizei am 22. Februar bei dem damaligen 
Berufssoldaten Sven Lobeck mehrere scharfe großkalibrige 
Handfeuerwaffen. Lobeck fliegt daraufhin aus der Bundeswehr. 2005 tritt 
er in die NPD ein, tritt als Bundestagskandidat an und wird 
Kreisvorsitzender der NPD Koblenz. Beim
„Aktionsbüro Mittelrhein“ ist er eine der führenden Figuren. Aktuell 
sitzt Lobeck in Untersuchungshaft, er ist Angeklagter im Prozess gegen 
das Aktionsbüro.
2005
Neonazis der „Kameradschaft Westerwald“ versuchen, am 29. Januar ein 
Konzert an einer Grillhütte bei Daaden (Westerwald) anzugreifen. Mit 
Baseballschlägern bewaffnet werden mehrere anreisende Besucher_innen in
 ihren Autos angegriffen und teilweise mit dem Tode bedroht.
Bei einer Razzia gegen die „Kameradschaft Westerwald“ im Mai werden bei 
Christian Steup Übungshandgranaten gefunden. Wegen diesen musste er 
sich vor Gericht verantworten. Steup war Mitglied der „Kameradschaft 
Westerwald“ und der NPD, deren Kreisvorsitzender er im Westerwald ist. 
Auch ist Steup heute im Landesvorstnd der rheinland-pfälzischen NPD.
2010
Neonazis locken einen „Verräter“ zu einer Grillhütte bei Höhr-Grenzhausen (Westerwald), dort findet am 23. Oktober eine größere Party statt. Der „Verräter“ wird brutal zu Boden geschlagen und zusammengetreten bis er sich nicht mehr bewegt. Die Neonazis lassen erst von ihm ab, als er sich schwer verletzt ohnmächtig stellt.
2011
Im Frühjahr reisen Neonazis vom Aktionsbüro Mittelrhein nach 
Bulgarien, um dort an einem Schießtraining teilzunehmen. Die Neonazis 
aus Bad Neuenahr trainieren dort auch mit vollautomatischen 
Schusswaffen.
Am 13. März findet eine große Razzia in mehreren Bundesländern gegen 
die Neonazis vom Aktionsbüro Mittelrhein und ihre Unterstützer statt. 
26 Neonazis werden verhaftet. Bei den Hausdurchsuchungen werden 
Schusswaffen, Messer und Baseballschläger gefunden.
2012
Am 19. Januar greift der 26-jährige Neonazi Benjamin Berger im Koblenzer 
Löhr-Center einen 16-jährigen Jugendlichen an, schlägt ihm die Nase 
blutig. Als der Jugendliche am Boden liegt, tritt der Neonazi mit seinen
 Springerstiefeln auf ihn ein.
Der Neonazi ist stadtbekannt und vorbestraft, im Internet präsentiert 
er sich vor dem Übergriff mit seinen Hakenkreuztätowierungen und einer
 Axt, in die mehrere Hakenkreuze eingraviert wurden. Dazu schreib er:
„Antwort für meine Feinde … und ja ich will spielen“.
Am 5. September werden bei der Razzia gegen die Westerwälder Neonazi- Untergrundband „Kaltes Judenleder“ Schusswaffen und Munition gefunden. Einer der Neonazis war bereits Mitglied der „Kameradschaft Westerwald“.
http://antifakoblenz.noblogs.org





