Fünf AktivistInnen noch immer mit Verurteilung bedroht
Nachdem im Mai 2011 in Wiener Neustadt im sogenannten „Tierschutzprozess“ alle angeklagten AktivistInnen in allen Punkten freigesprochen worden waren, hatte der damals zuständige Staatsanwalt Handler gegen fünf der ursprünglich dreizehn beschuldigten AktivistInnen Berufung wegen Nichtigkeit und Schuld eingelegt.
Obwohl der ominöse Hauptvorwurf, die TierrechtsaktivistInnen hätten durch ihre Demonstrationen und Aktionen eine „Kriminelle Organisation“ nach § 278a StGB gebildet, endgültig vom Tisch ist, greift die Staatsanwaltsanwaltschaft auf die gleiche, vielfach kritisierte Argumentation zurück, um Kampagnen und Proteste zu kriminalisieren.
Weiterhin zentraler Vorwurf: Bereits die Ankündigung legaler Demonstrationen – z.B. gegen Pelz verkaufende Bekleidungsunternehmen -, könnte den Umsatz gefährden und würde deshalb eine gefährliche Drohung und somit eine versuchte schwere Nötigung darstellen. Drohender Strafrahmen: sechs Monate bis fünf Jahre Haft.
Erst letzte Woche war bekannt geworden, dass auch die mit dem Berufungsverfahren befasste Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien nicht von dem Ziel abweicht, verfassungsmäßig geschützte Demonstrationen und Meinungsäußerungen mit allen Mitteln gerichtlich bestrafen zu lassen. Bereits im November 2012 hatte die OStA beim OLG einen Antrag auf Beweiswiederholung in zweiter Instanz gestellt, um damit die Berufung Handlers in vollem Maße zu unterstützen.
Damit will die OStA erreichen, dass alle Beweise bezüglich der weiter aufrecht erhaltenen Vorwürfe vom OLG neu aufgenommen und gewürdigt werden müssen – ganz so, als hätte der Prozess in erster Instanz – immerhin vierzehn Monate und fast hundert Prozesstage dauernd! – in großen Teilen nie stattgefunden.
Inhaltlich schließt sich die OStA der demokratiepolitisch fatalen Argumentation von Staatsanwalt Handler voll an. Bedenklich an dieser Vorgehensweise: Nach einer möglichen Verurteilung gäbe es keine weitere Berufungsinstanz für die fünf AktivistInnen.
Diesen Antrag der OStA war fünf Monate lang beim OLG gelegen – erst am 15. April 2013 wurde das Schreiben der Verteidigung der AktivistInnen übermittelt.
„Nach fast hundert Verhandlungstagen in erster Instanz und nachdem sich die Haltlosigkeit der Vorwürfe gegen die TierrechtsaktivistInnen vor Gericht erwiesen hat, nimmt die OStA nun einen zweiten Anlauf, um verfassungsmäßig geschützte Proteste zu kriminalisieren“, kommentiert das eine Sprecherin von Antirep2008. „Anscheinend frei nach dem Motto: Tun wir so, als wäre nichts gewesen! Dass die Verteidigung erst mit fünfmonatiger Verspätung von diesem Schachzug der OStA unterrichtet wird, kann leider kaum als Versehen betrachtet werden.“
Gerüchteweise kann noch vor dem Sommer mit einer Verhandlung beim OLG gerechnet werden. Eine konkrete Auskunft wird trotz mehrmaligen Nachfragens vom OLG verweigert.