"¡Deserta! Desertiere!" flüstert es in den Straßen, schallt es aus den Fluren der Büros und Behörden, scheppert es aus den Lautsprechern der Fabriken und Denkmaschinen. Verweigere dich, bleibe fern, bleib zuhause, bleib stehen. Der BUKO 35, der vom 9.-12. Mai in München stattfindet, lädt ein zum kollektiven Entfernen, Entgleisen und Haltmachen.
Im "Zentrum des rasenden Stillstands" (Goldene Zitronen) halten wir inne
 und fragen: Wo geht's lang und vor allem, wo geht's raus? ¡Deserta! Im 
engeren Sinne bedeutet "Desertion" das Fernbleiben eines oder einer 
Soldat_in von den jeweiligen militärischen Pflichten, das überall auf 
der Welt mit einer Freiheitsstrafe und oft sogar mit dem Tod geahndet 
wird. Auch wenn die Abhängigkeitsverhältnisse, in denen die meisten von 
uns sich befinden, nicht mit dem klassischen militärischen Konzept von 
Gehorsamkeit und Dienen übereinstimmen, rufen wir dennoch im 
übertragenen Sinne zum kollektiven Desertieren auf. Wie sehen die 
Machtstrukturen und -systeme aus, die diese gewaltvollen Verhältnisse 
und Beziehungen täglich produzieren? Wo finden wir Gehorsam und Zwänge 
im eigenen Denken und Handeln: Wo setze ich mich in Konkurrenz, wie 
sichere ich Privilegien, wo profitiere ich von bestimmten Verhältnissen 
und wo gibt es Möglichkeiten, mich zu verweigern?
Nicht-mehr-Mitmachen-Wollen
 heißt für uns auch: Etwas-anderes-wollen. Wie aber konkrete 
Alternativen entwickeln angesichts multipler Krisen, globalisierter 
Ausbeutungsverhältnisse, kriegerischer Normalzustände, scheinbar 
unangreifbarer Herrschaftsgeflechte? Dabei sind Herrschaftsformen 
äußerst perfide, weil sie sich nicht nur über Zwang und Gewalt 
herstellen, sondern auch über Konsens und Verinnerlichung. "Geschlecht 
wird gemacht!", rufen Feminist_innen, queere Aktivist_innen, 
Transgender* und zeigen, welche brutalen Auswirkungen das Genderregime 
täglich hat. "Rassismus wird gelebt!", rufen antirassistische 
Aktivist_innen und zeigen, wie allgegenwärtig Diskriminierungen aufgrund
 von Hautfarbe, nationaler und sozialer Zugehörigkeit sind. Wir fragen: 
Wie kann Subjektivität jenseits dieser hierarchischen Kategorien von 
race/class/gender gelebt werden?
Kommen wir zum nicht weniger 
problematischen "Großen Ganzen": Es gibt neue Kriege, wie die in Mali 
oder Syrien. Vor allem in den Ländern des globalen Südens sind 
Landgrabbing und Ressourcenraub weiter an der Tagesordnung, während quer
 durch alle Länder und Kontinente die Schere zwischen Arm und Reich 
immer weiter aufgeht. Gleichzeitig nehmen als Reaktion auf die Krise 
Abschottungs- und Nationalisierungstendenzen zu, wie das Erstarken 
neofaschistischer Gruppierungen in Polen oder im krisengeschüttelten 
Griechenland zeigen. Zugleich treibt die EU-Troika mit ihrem Diktat aus 
Sparen & Strafen immer mehr Menschen in Arbeitslosigkeit und Armut. 
Es bleibt festzuhalten, dass trotz vielfältiger Proteste und Widerstände
 keine grundsätzliche Verschiebung der neoliberalen Hegemonie in Sicht 
ist.
Nicht-mehr-Mitmachen und gleichzeitig auf ein besseres Leben
 verweisen - das tun weltweit Menschen und Bewegungen unter den 
schwierigsten Bedingungen: "J'en ai marre!" (Mir reicht's), lautete der 
Slogan der Basisbewegungen im Senegal. "Nem tetszik a rendszer" (Das 
System gefällt mir nicht), singt die Ungarin Dorottya Karsay und 
lieferte damit 2011 den Protestsong gegen die Entdemokratisierung in 
ihrem Land unter dem Rechtspopulisten Viktor Orbán. Im Dezember 2012 
läuteten etwa 40.000 Zapatist_innen in Chiapas mit einem Schweigemarsch 
eine beeindruckende Offensive ein. "Habt ihr das gehört? Es ist der 
Klang ihrer Welt, die zusammenbricht", lautet die Losung zum 
Schweigemarsch. Es ist eine Erneuerung ihres berühmten "Ya Basta", eine 
Haltung, die sich bei den Zapatist_innen stets verbindet mit der 
Verweigerung einer Politik von reformorientierten Kompromissen.
¡Deserta!
 Wir fassen das unerlaubte Wegbleiben von der Truppe weiter und fragen, 
wo wir uns im Alltag verweigern können. Wie kann sich aus der zunächst 
individuellen Haltung des "Ohne mich" eine kollektive Protestbewegung 
entfalten? Mit uns ist kein Staat zu machen, keine Fahne zu halten, kein
 Krieg zu führen, keine Grenze zu sichern, kein Innen und Außen zu 
definieren. In dem Sinne laden wir zum BUKO 35 ein, um altes Terrain zu 
verlassen und neues Terrain zu ertasten.
¡deserta! verweigern/widersetzen/revoltieren
BUKO 35 #Antimilitarismus #Antirassismus #Ressourcenkämpfe
Internationalistischer Kongress, 9.-12. Mai 2013 in München
http://www.buko.info/buko-kongresse/buko-35/
___________________________________________________________________________________________
Programm
Zentrale Podiumsveranstaltung
Perspektive Aufstand?! - Zentrale Podiumsveranstaltung BUKO35, Fr. 10.5.13, Freiheiz (Nähe S-Bahn Donnersbergerbrücke), 20:00h
http://www.buko.info/pentabarf/BUKO_35/events/183.de.html
Donnerstag 9.5.2013:
http://www.buko.info/pentabarf/BUKO_35/index.de.html
Freitag 10.5.2013:
http://www.buko.info/pentabarf/BUKO_35/day_2013-05-10.de.html
Samstag 11.5.2013:
http://www.buko.info/pentabarf/BUKO_35/day_2013-05-11.de.html
Sonntag 12.5.2013:
http://www.buko.info/pentabarf/BUKO_35/day_2013-05-12.de.html


