Schrei nach Land
Giorgio Trucchi arbeitet als Journalist/Korrespondent für die Nahrungsmittel-Gewerkschaft RELUITA. Er zeigt seinen in der Region Bajo Aguán / Honduras gedrehten Film „Schrei nach Land“ über die Bedrohung, Unterdrückung und Kämpfe der Kleinbauern und berichtet in seinem Vortrag über die Auswirkungen von Monokulturen, agroindustrieller Massenproduktion, das Engagement der Bauernorganisationen für den Erhalt ihres Landes, für Nahrungsmittelsicherheit und gegen die Vergiftung der Anbauflächen und die Kriminalisierung des Widerstandes.
Rund um den Globus nimmt die agroindustrielle Massenproduktion zu.
Große
 Agrarunternehmen produzieren auf dem Weltmarkt gefragte Produkte auf 
riesigen Flächen in Monokulturen. Die auf wenige Produkte spezialisierte
 Massen-Exportproduktion wird von der Weltbank-Tochter IFC immer noch 
als Non-plus-Ultra der Entwicklung von Unternehmen in Ländern des 
globalen Südens betrachtet. Die entsprechend arbeitenden Konzerne werden
 mit großzügigen Krediten gefördert.
Beispiele für die globalisierte Produktion von agrarischen 
Rohstoffen sind Palmöl und Zucker. Palmöl ist als 'Allroundmaterial' in 
jedem zweiten Supermarktprodukt enthalten, vor allem in Lebensmitteln, 
Kosmetika und Reinigungsmitteln.
Der Boom der Agrotreibstoffe führte in den letzten Jahren zur 
starken Ausdehnung der Produktion von Zucker und Ölpalmen für Ethanol 
bzw. Agrodiesel. Die großen Produzenten dieser Produkte in Mittelamerika
 scheinen eine Art Goldgräberstimmung zu erleben. Sie versuchen 
rücksichtslos, alle im Weg stehenden Hindernisse mit Druck und Gewalt zu
 beseitigen.
In Honduras will sich der Palmölkonzern Dinant des Agroindustriellen
 Miguel Facusse mit allen Mitteln neue Flächen aneignen. In den letzten 
Jahren wurden 88 Kleinbauern, Gewerkschaftsvertreter und Rechtsanwälte 
ermordet, die sich für den Landbesitz der Kleinbauern am Unterlauf des 
Rio Aguán einsetzten. Bewaffnete Sicherheitskräfte des Konzerns waren 
direkt in die Gewalttaten gegen die Bauernorganisationen verwickelt. 
Zuletzt wurden im Februar 2013 zwei Bauernaktivisten gefoltert und 
ermordet. Diese Missachtung von Menschenrechten in Honduras ist eine 
Folge des Militärputsches von 2009, mit dem sich Großgrundbesitzer und 
Konzerne zu den unbeschränkten Herrschern über das Land machen wollten.
In ganz Zentralamerika leiden die Menschen - wie auch in anderen 
Teilen der Welt, u.a. auch in Europa einschließlich Deutschland - unter 
den Auswirkungen von Monokulturen, Massenproduktion, Agrosprit und 
Landvertreibungen.
Im fruchtbarsten Gebiet Guatemalas, dem 'Valle de Polochic', wurden 
Indigene Gemeinden von ihrem Land vertrieben, um die Produktion von 
Zucker und Palmöl auszudehnen. In Nicaragua leiden die Menschen rund um 
die Zuckerrohrfelder unter den schlimmen Auswirkungen von Agrogiften. 
Viele ArbeiterInnen und Anwohner erkrankten in Folge der Vergiftungen an
 chronischer Niereninsuffizienz (IRC), die in der Regel innerhalb von 
wenigen Jahren zum Tod der Betroffenen führt.
Die extremen Menschenrechtsverletzungen und die Verbreitung von 
Monokulturen geschehen nicht einfach so, ohne politischen Einfluss von 
außen. Über Agrarsubventionen oder Kreditanträge von Agro-Konzernen 
entscheiden z.B. auch die Vertreter der Bundesregierung bei der EU und 
als wichtiger Anteilseigner der Weltbank mit.
Genauso wichtig wie die Einmischung in finanzpolitische 
Entscheidungsstrukturen, ist die öffentliche Thematisierung solcher 
Menschenrechtsverletzungen sowie agrarpolitische Forderungen, die sich 
an den Menschenrechten und einer nachhaltigen Entwicklung orientieren.

