Elmshorn geht gegen Nazis auf die Straße

Erstveröffentlicht: 
17.04.2013

In Uetersen fliegen Farbbeutel gegen das Haus von NPD-Landeschef Ingo Stawitz. Auseinandersetzung zwischen Linken und Rechten verschärft sich. Beamten müssen sich für 1. Mai auf einen Großeinsatz einstellen.

 

Die Auseinandersetzung zwischen linksgerichteten und rechtsradikalen Kräften in Kreis Pinneberg nimmt an Heftigkeit zu. Nachdem vorigen Donnerstag 150 Antifaschisten gegen einen NPD-Treffpunkt in Pinneberg demonstriert hatten, ereignete sich am Wochenende ein Farbanschlag auf das Haus des NPD-Landesvorsitzenden Ingo Stawitz in Uetersen. Zu der Attacke bekannte sich im Internet eine linke Gruppierung. Am 1. Mai wird ein rechter Aufmarsch in Elmshorn befürchtet. Um ihn zu verhindern, haben Vertreter mehrere Organisationen Gegendemonstrationen angemeldet.

"Farbenfrohe Nacht für Ingo Stawitz" ist der Internet-Eintrag überschrieben, der unter de.indymedia.org zu finden ist. Die Berichterstatter namens DIY beschreiben detailliert, wie sie in der Nacht zu Sonntag das Wohnhaus des Rechtsradikalen, sein Auto sowie die Auffahrt mit lila Farbe beschmiert haben. Die Spuren sind auch vier Tage danach deutlich sichtbar.

"Die Ermittlungen in der Sache laufen", bestätigt Uwe Dreeßen, Sprecher der Staatsanwaltschaft Itzehoe. Zuständig sei die Staatsschutz-Abteilung der Bezirkskriminalinspektion Itzehoe. Die Beamten hätten bereits Spuren vor Ort gesichert und Anwohner befragt. "Uns liegt eine Strafanzeige wegen Sachbeschädigung vor", bestätigt Dreeßen.

Das Haus des NPD-Chefs liegt in zweiter Baureihe in einer ruhigen, gutbürgerlichen Wohnstraße. Weil die rechtsradikale Partei sowohl für das Uetersener Stadtparlament als auch den Pinneberger Kreistag antritt und Stawitz die Symbolfigur der Rechten ist, können weitere Anschläge nicht ausgeschlossen werden. Nach Abendblatt-Informationen wird das Gebäude engmaschig von der Polizei überwacht.

Die Beamten müssen sich für Mittwoch, 1. Mai, auf einen Großeinsatz in Elmshorn einstellen. Dort soll Neonazis buchstäblich der Weg verstellt werden. Vertreter verschiedener Organisationen, die sich zu einem Bündnis gegen Rechts vereint haben, sind Anmelder von Demonstrationen am "Tag der Arbeit". "Wir werden die lukrativen Routen blockieren. Wir bereiten uns so vor, als ob die Nazis kämen", sagt Kai Trulsson, 1. Bevollmächtigter und Geschäftsführer der IG-Metall-Region Unterelbe. Man habe zuvor aus "ziemlich verlässlicher Quelle" erfahren, dass Rechte für den 1. Mai eine Veranstaltung in Elmshorn geplant hätten.

Mit einem altbekannten Banner wollen die Elmshorner neuerlich Flagge gegen Rechte zeigen: Das Spruchband mit der Aufschrift "Keine Toleranz für Neonazis - Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen", hinter dem sich Gewerkschafter und Politiker von SPD, Grünen, der Linken und der DKP ebenso versammeln werden wie der Einwandererbund und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), stammt aus dem Jahr 1999. Nach einem Nazi-Aufmarsch in Langelohe formierte sich das Anti-Rechts-Bündnis. In den folgenden beiden Jahren gab es in der größten Stadt des Kreises verschiedene Großdemos. Teilweise waren dabei mehrere Tausend Menschen auf der Straße. Für den 1. Mai erwarten IG-Metaller Trulsson und seine Mitstreiter mindestens 350 Teilnehmer. "Es geht darum, ein Zeichen für die Region zu setzen", sagt Peter Ladehoff, ehrenamtlicher DGB-Kreisvorsitzender. "Uetersen wird zum Spielball der NPD. Wir müssen damit rechnen, dass sich die Nazis auch in anderen Orten engagieren. Deshalb machen wir das am 1. Mai nicht nur für Elmshorn."

Wie IG-Metall-Geschäftsführer Trulsson berichtet, gibt es eine Vereinbarung mit den Busunternehmen aus der Region, dass diese keine Gruppen von Neonazis transportieren. Seit der Zeit vor zwölf Jahren, als Antifaschisten und Neonazis in Elmshorn aufeinander geprallt waren, habe sich das Erscheinungsbild Letzterer verändert. "Die Gesellschaft muss aufpassen. Das Gesicht der Rechten ist nicht mehr der Glatzkopf in Springerstiefeln. Neonazismus hat viele Gesichter - und zu jedem müssen wir Nein sagen", so Trulsson.

Artikel erschienen am 17.04.2013
Arne Kolarczyk und Bernd-Olaf Struppek