Aus Solidarität mit einem Generalstreik in Griechenland am Mittwoch den 20.Februar, der sich gegen die Spardiktate der EU-Troika und die Einschränkungen des Streikrechts durch die griechische Regierung wendet, rufen wir im Rahmen der Kampagne „Great Crisis Riseup“ am 20.Februar um 11 Uhr zu eine Kundgebung vor dem Griechischen Konsulat am U-BHF Wittenbergplatz auf. Kommt zahlreich! Zeigt Solidarität! Mittwoch | 20.Februar | 11 Uhr | U-BHF Wittenbergplatz
Der Aufruf zur Kampagne „Great Crisis Riseup – Greek Edition“:
Rauch über Athen
Steht man auf einer der Anhöhen, die Athen umgeben, präsentiert sich die
 Stadt zur Zeit tief in graue Wolken gehüllt. Der Smog ist zurück, zum 
ersten Mal seit Jahrzehnten. Nachdem sich im Zuge der 
Austeritätsmaßnahmen der griechischen Regierung die Heizölkosten um 40 
Prozent verteuert hatten, waren immer mehr Athener gezwungen, auf 
Holzöfen zurückzugreifen. In Zehntausenden Appartementhäusern seien 
solche Öfen installiert worden, berichtete die Neue Zürcher Zeitung am 
30.12.2012. Jene, für die sogar Brennholz unerschwinglich geworden ist, 
verfeuern alles, was sie auftreiben können. „Die Krise hat ihr Symbol 
gefunden – den dichten und bitteren Rauch, der die Hauptstadt einhüllt, 
sobald es dunkel wird. Er begräbt alles unter sich, dringt überallhin 
vor. Er erinnert uns daran, dass wir in einer neuen Ära leben“, 
kommentierte Nikos Konstandaras in der Tageszeitung Kathimerini 
(10.1.2013).
Noch härter trifft der Winter diejenigen, die überhaupt keine Bleibe 
mehr haben. Etwa 15 000 Menschen sollen Schätzungen zufolge allein in 
Athen auf der Straße leben, seit Beginn der Krise ist die 
Obdachlosigkeit in Griechenland um zirka 30 Prozent angestiegen. „Ich 
würde noch nicht ganz von einer humanitären Katastrophe sprechen, aber 
die Lage ist zweifellos viel schlimmer geworden“, so der Chef der 
Athener Obdachlosenhilfe, Giorgios Apostolopoulus (Fokus, 8.1.2013).
Auch die Erwerbslosigkeit hat indes einen neuen Höchststand erreicht. 
Für Oktober 2012 vermeldeten die griechischen Behörden vergangene Woche 
einen Anstieg auf 26,8 Prozent. Damit waren 1,3 Millionen Griechen ohne 
Arbeit, etwa 370 000 mehr als ein Jahr zuvor. 
Griechenland ist zum Experimentierfeld geworden. Das Land, nach dem EU-Beitritt der Konkurrenz auf dem gemeinsamen Binnenmarkt nicht gewachsen, wurde über Jahrzehnte durch die Korruption der eigenen herrschenden Klasse und den Kapital- und Warenexport aus den stärkeren kapitalistischen Staaten des Kontinents zu Grunde gerichtet. Nun wird hier auf extreme Weise durchgespielt, was für die gesamte EU zur Krisenlösung werden soll: Der flächendeckende Angriff auf Löhne und Renten, die Privatisierung letzter Reste von staatlichem Eigentum, die Zerschlagung jedweder sozialen Absicherung. Die Folgen sind offensichtlich: Geschlossene Geschäfte, zerstörte Leben, eine ständig steigende Selbstmordrate, verzweifelte Versuche, sich durch Subsistenzökonomien einen bescheidenen Unterhalt zu sichern.
Deutschland, Halt´s Maul! 
Der Kampf, den die Bevölkerung in Griechenland gegen diese Maßnahmen 
führt, hat viel mit uns zu tun. Denn die Austeritätsprogramme sind 
maßgeblich in Berlin ausgearbeitet worden, die deutsche Regierung tat 
sich seit Beginn der Krise als Scharfmacherin hervor. Ihr geht es darum,
 die EU als Vehikel in Stellung zu bringen, mittels dessen der deutsche 
Imperialismus seine globale Handlungsfähigkeit verbessern will. »Der 
Euro verschafft Deutschland das wirtschaftliche Gewicht, um 
internationale politische Rahmenbedingungen künftig mitzugestalten. Der 
Anteil Deutschlands am globalen Bruttoinlandsprodukt ist rückläufig. (…)
 Auf unserem Kontinent ist nur die EU ein wirklicher Global Player (…). 
Jeder Einzelstaat für sich allein kann kein Global Player sein, selbst 
Deutschland nicht.« 
Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach es auf dem letzzten Bundesparteitag ihrer Christdemokraten offen aus: „Deutschland ist nicht allein auf der Welt. Es gibt über 1,3 Milliarden Chinesen, es gibt 1,2 Milliarden Inder. Sie alle ringen mit uns 80 Millionen Deutschen und mit den 500 Millionen Europäern immer darum, wer Einfluss in der Welt hat und wer in welchem Wohlstand leben kann.“ Damit „uns“ die Chinesen und Inder nicht „unseren“ Wohlstand klauen, müssen „wir“ ihnen auf dem Weltmarkt Paroli bieten können. Und um die Konkurrenzfähigkeit gegenüber den aufstrebenden BRICS-Staaten (Brasilien, Rußland, Indien, China) und den USA zu bewahren, muss eben konsolidiert werden. Und das bedeutet, die Europäische Union, vor allem aber das gemeinsame Währungsgebiet, muss nach dem Vorbild Agenda 2010 und Hartz-IV umgebaut werden.
Aber nicht nur aus Gründen der internationalen Solidarität und weil es eben der deutsche Imperialismus ist, der als ideeller Gesamtsparmeister des europäischen Kapitals den Angriff auf die Bevölkerungen in Spanien, Irland, Griechenland oder sonstwo als primus inter pares anleitet, muss die Linke in Deutschland sich besonders für Griechenland interessieren. Der zweite Grund liegt auf der Hand: Griechenland ist das albtraumhafte Bild der eigenen Zukunft. Sollte es nicht gelingen, den Angriff abzuwehren, wird auf die Verbilligung der Arbeitskraft dort, der nächste Versuch, auch hier Löhne und Renten zu senken folgen. Denn das deutsche Kapital muss um seine Vormachtstellung in der EU zu halten, die ökonomisch stärkste Macht bleiben.
State of the Golden Dawn 
Die ökonomisch krisenhafte Situation führt indes in Griechenland zu 
einer Zuspitzung der politischen Verhältnisse. Die Linke auf der einen 
Seite schafft es nicht, ihre politischen Differenzen beizulegen und 
arbeitet oft – bis zu körperlichen Auseiandersetzungen – gegeneinander. 
Auf der äußersten Rechten erwächst die Gefahr einer terroristischen, 
neonazistischen Bewegung, die ihr organisatorisches Zentrum in der 
Partei „Chrysi Avgi“ („Goldene Morgenröte“) hat. Ihre Mitglieder und 
Sympathisanten machen unter dem Label von „Bürgerwehren“ Jagd auf Linke 
und Migranten. In Gruppen von zehn bis 20 bewaffneten und vermummten 
Männern und Frauen schlagen sie mit Holzknüppeln, Eisenstangen und 
Flaschen auf Menschen pakistanischer oder afrikanischer Herkunft ein, 
verprügeln Linke und alle, die ihrem kruden faschistischen Weltbild 
nicht anhängen. Besondere Gefährlichkeit verleiht der Nazibande der 
Umstand, dass sie äußerst gute Kontakte in den Polizeiapparat unterhält.
 Vielerorts besteht eine direkte Zusammenarbeit zwischen den rechten 
Schlägern und dem Bullenapparat, überdurchschnittlich viele Beamte gaben
 der Chrysi Avgi bei den letzten Wahlen ihre Stimme. 
Dies ist letztlich konsequent. Denn in zwei Punkten ist Chrysi Avgi nur der gesteigerte Ausdruck der Politik des griechischen Staates selbst. Auch dieser sieht den Hauptfeind links stehen, und auch dieser ist bestrebt, so viele „illegale“ Migranten wie möglich so schnell wie möglich außer Landes zu befördern. Diese Politik hat in den letzten Monaten zu einer regelrechten „humanitären Krise“ (Amnesty International) geführt. Willkürlich wurden tausende Flüchtlinge und Migranten während der Operation „Xenios Zeus“ verhaftet und abgeschoben, die Landgrenze zur Türkei wurde mit einem Stahlzaun, Stacheldraht und Wärmebildkameras „gesichert“.
„So oft es eben nötig ist“ 
Auch gegen die außerparlamentarische Linke geht die Regierung unter 
Ministerpräsident Antonis Samaras immer brutaler vor. Im Dezember 2012 
wurde ein umfassender Angriff auf besetzte Häuser und Zentren der linken
 Bewegung in Athen begonnen. Bereits Ende Dezember hatten 
Antiterroreinheiten der griechischen Polizei die „Villa Amalias“, ein 
seit 22 Jahren selbstverwaltetes soziales Zentrum, geräumt. Nach der 
Wiederbesetzung des Hauses, das als Zentrum des Widerstands gegen die 
Kürzungspolitik der Regierung gilt, am vergangenen Mittwoch ließen die 
Behörden das Haus abermals stürmen, 93 Demonstranten wurden verhaftet. 
Bei einer wenige Stunden danach erfolgten Razzia im besetzten Haus 
„Skaramaga“ kam es ebenfalls zu sieben Festnahmen. Die Pläne der 
griechischen Behörden scheinen indes noch viel weiter zu gehen. Einem 
Bericht des Medienunternehmens Lambrakis Press zufolge, sollen in ganz 
Griechenland 40 besetzte Häuser geräumt werden. 
Dagegen regt sich nun Widerstand. „Wir werden es wieder tun, so oft es eben nötig ist“, ließen die 93 in der „Villa Amalias“ Festgenommenen in einer ersten Stellungnahme verlauten. „Sie werden uns nicht schlagen, weil wir nicht hundert, sondern tausende sind.“. An einer Solidaritätsdemonstration in Athen nahmen rund 7000 Menschen teil, in Thessaloniki versammelten sich etwa 1500. Weltweit gab es Solidaritätsbekundungen, die militanten Aktion in Hellas nehmen rapide zu.
Greece Edition – Berlin Campaign
Weil wir angesichts dieser Situation nicht länger auf Sparflamme kämpfen
 wollen, rufen wir alle Linken hierzulande auf, sich mit den je eigenen 
Aktionsformen an der bis zum ersten Mai dauernden Kampagne „Great Crisis
 Riseup – Greece Edition“ zu beteiligen. Ob militante Interventionen 
oder Flyer, ob Infoveranstaltung oder Demo. Es liegt an uns, 
Öffentlichkeit zu schaffen. Es liegt an uns, den griechischen Genossen –
 unabhängig von Parteistreiterein, egal ob Kommunisten oder Anarchisten –
 zu zeigen, dass wir ihren Kampf ins Herz des europäischen 
Austeritätsregimes tragen können.
 
PS: Alle Solidaritätsaktionen – ob Texte, Aktionen, Demos – könnt ihr uns auf arab[a)riseup.net zuschicken, und wir werden sie auf der gerade entstehenden Kampagnenseite veröffentlichen. Bis die „normale“ Seite fertig ist, gibt es eine facebook-Seite (ja, uns ist bewußt, was facebook ist) auf der wir News aus Griechenland und alles rund um die Kampagne posten : https://www.facebook.com/GreekEdition

