„Ich würde mir wünschen, dass es in den Metropolen Bewegungen gäbe, die diesen Krieg angreifen, unmöglich machen. Einfach den Nachschub kappen. Ich weiß, es ist angesichts des Zustands in den Metropolen utopisch (...) Auch auf längere Zeit wird es so bleiben. Schade, das wäre was. Eine militante Bewegung, die die Kriegsmaschine lahmlegt."
Diese
Sätze schrieb Andrea Wolf am 1. Mai 1997 in den Bergen Kurdistans.
Kurz vor einer großen Mobilmachung des türkischen Militärs. Ihr Wunsch
ging leider nicht mehr in Erfüllung. Sie wurde am 23. Oktober 1998
gemeinsam mit weiteren kurdischen Guerillas vom türkischen Militär in
der Nähe des Dorfes Keles in der Region Van gefangenen genommen,
verhört, misshandelt und anschließend hingerichtet.
Wenn wir die Kriegsmaschinerie wirklich lahmlegen wollen, wenn das alles
keine Floskel bleiben soll, wird es notwendig sein, antimilitaristische
Politik neu zu bestimmen, indem wir Militarisierung und globalen Krieg
gemeinsam, solidarisch und aus unterschiedlichen Kontexten heraus
angreifen. Wir denken eine emanzipatorische linksradikale Politik ist
ohne eine grundlegende antimilitaristische Ausrichtung nicht möglich!
Kampangne: War starts here
Markieren, Blockieren und Sabotieren. Kampagne gegen die kriegerische Normalität
Wir
rufen auf, aktiv einzugreifen in die kriegerische Normalität und die
zahllosen zivilmilitärischen Verflechtungen. Der Fokus unserer Kampagne
liegt auf der erweiterten Infrastruktur und der ideologischen
Legitimierung von militärischer Gewalt. Wir wollen die verschieden
Facetten dieser Herrschaftssicherung sichtbar machen, stören und
angreifen. Das Vorbereiten, Üben und Koordinieren von Krieg, das
Produzieren, Transportieren, Forschen, Werben und Rekrutieren für den
Krieg findet direkt vor unseren Augen statt.
Doch es geht uns um
mehr als direkt militärisch erkennbare Rüstungsindustrieen,
Bundeswehreinrichtungen und -geräte, Truppenübungs- und Umschlagplätze.
Patriarchale und neokoloniale Ideologien und Denkmuster müssen in den
eigenen Köpfen als Teil von Militarisierung und Kriegsführung erkennbar
gemacht werden. Wir wollen auch zivile Orte und Institutionen – Schulen,
Arbeitsagenturen, Universitäten, Berufsmessen – als Orte markieren, in
die militärische Formierung und Rekrutierung tagtäglich eindringt.
Öffentliche Auftritte der Bundeswehr, bei Stadtfesten, Konzerten der
Militärmusikkorps, Reservistenveranstaltungen inmitten der
„Zivilgesellschaft“ sowie das „hilfstätige“ Unterwandern und
Koordinieren von ziviler Infrastruktur in Krankenhäusern und beim
Katastrophenschutz, können verhindert werden.
Das militärische
Führen und Kontrollieren von Konflikten wird in immer mehr Situationen
offensiv als alternativlos propagiert. Krieg wird weiter normalisiert,
ob humanitär etikettiert, mit der Doktrin der „responsibility to
protect“ (Verantwortung zu schützen) oder offen ökonomisch begründet zur
Durchsetzung von „freien Rohstoff- und Handelsströmen“. Der
Kriegseinsatz der Nato gegen Libyen zum „Schutz der Zivilbevölkerung“
und das gleichzeitige Inkaufnehmen des Ertrinkungstodes hunderter
flüchtender Menschen im Mittelmeer durch die repressive Abschottung der
EU, macht den menschenverachtenden Zynismus dieser Politik deutlich.
Die
Sicherung von staatlicher Herrschaft und die Durchsetzung ökonomischer
Interessen machen den Kriegszustand allgegenwärtig. „Ob
völkerrechtlicher Angriff oder innerstaatliches Verbrechen, ob
Kombattant oder Krimineller, ob Krieg oder Frieden: Die überkommenen
Begriffe verlieren ihre Trennschärfe und damit ihre Relevanz“ (Schäuble,
Jan 2007). Unterschiede zwischen Innen und Außen, militärisch und
zivil, Polizei und Militär, Krieg und Frieden verlieren ihre Konturen.
Gleichzeitig
bereiten Diskurse zur Flüchtlings- und Migrantenabwehr und zur sozialen
Ausgrenzung sog. Leistungsunwilliger, den Weg für moderne patriarchale,
neokoloniale und rassistische Weltbilder. Wir sollen uns an den
permanenten Kriegszustand nach außen und den militarisierten
Normalzustand im Inneren gewöhnen. Soldaten und Soldatinnen „helfen“
beim Castor, jagen Piraten, und bilden Polizisten und Polizistinnen in
Afghanistan aus. Entwicklungshilfeminister Niebel fordert (nicht nur) im
Kontext des zehnjährigen Krieges in Afghanistan von allen „zivilen“
Hilfs- und Wiederaufbauorganisationen militärischen Gehorsam. Popstars
stärken der Bundeswehr an der Front den Rücken. Nicht erst seit der
diesjährigen Aussetzung der Wehrpflicht versucht eine immense
Rekrutierungs- und Werbeoffensive, eine militärische Durchdringung des
„Zivilen“ und den gesellschaftlichen Rückhalt der „Heimatfront“
abzusichern.
Von der „Ablehnung“ des Krieges …
In
einem von wikileaks veröffentlichten Report zum Krieg in Afghanistan
warnt die CIA davor, dass „[…] eine in Frankreich und Deutschland
vorhandene passive Ablehnung der Kriegsbeteiligung in eine aktive und
politisch bedeutsame Feindschaft umschlagen könnte“.
Die hier
vorgeschlagene Kampagne ist Teil von europaweiten antimilitaristischen
Aktivitäten. Wir wollen dazu beitragen, diese „passive Ablehnung“ eines
Großteils der Bevölkerung in sichtbar „aktives Handeln“ gegen Krieg und
Militarisierung zu verwandeln. Dazu halten wir es für nötig, das
Krieg(s)Treiben in all seinen Facetten hier vor Ort sicht- und
angreifbar zu machen. Die Kampagne ist offen für alle, die ihre
Aktivitäten in diesen Kontext stellen wollen.
… zur Sabotage der „Heimatfront“
Es
geht nicht nur darum, das Gesicht des Krieges mit all seinen
zerstörerischen und tödlichen Konsequenzen offen zu legen, sondern vor
allem darum deutlich zu machen: Krieg beginnt hier – war starts here –
und ist hier aufzuhalten.
Kriegstreiberei und Militarisierung markieren, blockieren, sabotieren!